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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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warben ein Stück von 8 Morgen Binnendeichland nebst dem zugehörigen
Außendeichland an Preußen abtrat. Preußen übernahm dafür die sofortige
Herstellung eines Kriegshafens, die Zahlung einer Entschädigung von V2
Million Thales und die Verpflichtung, auf die Bauten in den nächsten drei
Jahren je 400,000 Thaler zu verwenden, widrigenfalls die Staatshoheit an
Oldenburg zurückfallen sollte. Außerdem verpflichtete sich Preußen, eine
Chaussee von Sande nach Heppens sowie eine Eisenbahn von Minden über
Oldenburg nach Heppens zu bauen. Leider ward die Ausführung dieser
Bahn dadurch unmöglich gemacht, daß ihre Linie einen Streifen welfischen
Gebiets berühren mußte, welches ja Oldenburg ganz umschloß, und daß Han¬
nover, um nicht durch den preußischen Kriegshafen aus der Stellung eines
"deutschen Admiralstaats" (NlZ. ohne ein einziges Kriegsschiff) verdrängt
M werden, sich dem Bau dieser Bahn mit der größten Hartnäckigkeit und
unumwundener Entschiedenheit widersetzte. In Folge dessen waren die Con¬
trahenten genöthigt, am 16. Februar 18S4 einen Zusatzvertrag dahin abzu¬
schließen, daß Preußen von jener Verpflichtung einstweilen zu entbinden sei,
dafür aber die Bahn Oldenburg-Heppens zu bauen und auch innerhalb zehn
Jahren die ursprünglich projectirte Bahn auszuführen, entgegengesetztenfalls aber
ein Reugeld von 1 Million an Oldenburg zu zahlen habe -- eine Bedingung,
deren Preußen jetzt glücklicherweise durch die Annexion Hannovers auf die
einfachste Weise überhoben worden ist. Der Anschluß an die Bahnen des
Hinterlandes aber ward nun nicht mehr nach Minden, sondern nach Bremen
gelegt, durch die Bahn Oldenburg-Bremen, deren Bau mit einer festen Weser¬
drücke Oldenburg übernahm. Außerdem ward durch diesen Zusatz-Vertrag
das Terrain zur Erbauung für drei detachirte Forts auf der Landseite er¬
worben, auf die Landeshoheit für Werke und Wege von Oldenburg ver¬
achtet, die Umgebung derselben den erforderlichen Nayonbeschränkungen (den¬
selben wie bei den Bundesfestungen) unterworfen und anderweites Terrain für
die Exercier- und Schießplätze erworben; endlich mußte Art. 13 des ursprüng¬
lichen Vertrages abgeändert werden, wonach Preußen ausdrücklich daraus
verzichtete, in dem ihm abgetretenen Gebiet an der Jahde einen Handels¬
hafen oder eine Handelsstadt anzulegen, wogegen es nunmehr in Bezug auf
^n Bahnbetrieb und auf die Anlegung von Telegraphenleitungen von Olden¬
burg nach Bremen, und von Heppens unterseeisch nach Frankreich und Eng¬
land mehrfache Zugeständnisse machte. Die Aufhebung des erwähnten Art.
13, wonach an der Jahdemündung kein Handelshafen angelegt werden durfte,
gestattet also jetzt die Ansiedelung von Handwerkern und Gewerbtreibenden.

Durch den oben erwähnten Punkt des ursprünglichen Vertrages nun,
wonach Preußen schon vom ersten Jahre ab jährlich 400,000 Thlr. auf die
^riegshafenanlage verwenden mußte, ward der Bau zwar beschleunigt, aber


warben ein Stück von 8 Morgen Binnendeichland nebst dem zugehörigen
Außendeichland an Preußen abtrat. Preußen übernahm dafür die sofortige
Herstellung eines Kriegshafens, die Zahlung einer Entschädigung von V2
Million Thales und die Verpflichtung, auf die Bauten in den nächsten drei
Jahren je 400,000 Thaler zu verwenden, widrigenfalls die Staatshoheit an
Oldenburg zurückfallen sollte. Außerdem verpflichtete sich Preußen, eine
Chaussee von Sande nach Heppens sowie eine Eisenbahn von Minden über
Oldenburg nach Heppens zu bauen. Leider ward die Ausführung dieser
Bahn dadurch unmöglich gemacht, daß ihre Linie einen Streifen welfischen
Gebiets berühren mußte, welches ja Oldenburg ganz umschloß, und daß Han¬
nover, um nicht durch den preußischen Kriegshafen aus der Stellung eines
»deutschen Admiralstaats" (NlZ. ohne ein einziges Kriegsschiff) verdrängt
M werden, sich dem Bau dieser Bahn mit der größten Hartnäckigkeit und
unumwundener Entschiedenheit widersetzte. In Folge dessen waren die Con¬
trahenten genöthigt, am 16. Februar 18S4 einen Zusatzvertrag dahin abzu¬
schließen, daß Preußen von jener Verpflichtung einstweilen zu entbinden sei,
dafür aber die Bahn Oldenburg-Heppens zu bauen und auch innerhalb zehn
Jahren die ursprünglich projectirte Bahn auszuführen, entgegengesetztenfalls aber
ein Reugeld von 1 Million an Oldenburg zu zahlen habe — eine Bedingung,
deren Preußen jetzt glücklicherweise durch die Annexion Hannovers auf die
einfachste Weise überhoben worden ist. Der Anschluß an die Bahnen des
Hinterlandes aber ward nun nicht mehr nach Minden, sondern nach Bremen
gelegt, durch die Bahn Oldenburg-Bremen, deren Bau mit einer festen Weser¬
drücke Oldenburg übernahm. Außerdem ward durch diesen Zusatz-Vertrag
das Terrain zur Erbauung für drei detachirte Forts auf der Landseite er¬
worben, auf die Landeshoheit für Werke und Wege von Oldenburg ver¬
achtet, die Umgebung derselben den erforderlichen Nayonbeschränkungen (den¬
selben wie bei den Bundesfestungen) unterworfen und anderweites Terrain für
die Exercier- und Schießplätze erworben; endlich mußte Art. 13 des ursprüng¬
lichen Vertrages abgeändert werden, wonach Preußen ausdrücklich daraus
verzichtete, in dem ihm abgetretenen Gebiet an der Jahde einen Handels¬
hafen oder eine Handelsstadt anzulegen, wogegen es nunmehr in Bezug auf
^n Bahnbetrieb und auf die Anlegung von Telegraphenleitungen von Olden¬
burg nach Bremen, und von Heppens unterseeisch nach Frankreich und Eng¬
land mehrfache Zugeständnisse machte. Die Aufhebung des erwähnten Art.
13, wonach an der Jahdemündung kein Handelshafen angelegt werden durfte,
gestattet also jetzt die Ansiedelung von Handwerkern und Gewerbtreibenden.

Durch den oben erwähnten Punkt des ursprünglichen Vertrages nun,
wonach Preußen schon vom ersten Jahre ab jährlich 400,000 Thlr. auf die
^riegshafenanlage verwenden mußte, ward der Bau zwar beschleunigt, aber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/485>, abgerufen am 04.07.2024.