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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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sür den Transport des Baumaterials ebenfalls höchst unbequem war: um die
Fracht der Schiffe mit Material überhaupt löschen zu können, mußte erst ein
besonderer kleiner provisorischer Hafen außerhalb der Deiche, der sog. Liege¬
hafen, geschaffen werden, in den aber Barth von 17 Fuß Tiefgang immer
"och nicht einlaufen können -- diese müssen erst auf der Rhede einen Theil
ihrer Steine an Liechterfahrzeuge abgeben. Und alle diese Schwierigkeiten
wurden noch dadurch vermehrt, daß oft das Geld fehlte, um günstige Chancen
Fluth und Wetter voll ausnutzen zu können, während zu anderer Zeit
bie Wuth der Elemente bei Sturmfluthen den begonnenen Bau häufig wieder
einriß. Jede aber ist die Hauptarbeit glücklich überwunden, durch Vollendung
och Vorhafens und der Schleusen sind Hafencanal und Binnenbassin gegen die
gesichert, auch wenn die dazwischen befindliche Erde weggeschafft ist, und
kurzer Zeit wird die schwarz-weiß-rothe Flagge das weite Bassin beleben.

Wir gehen nun daran, die Einzelheiten der Anlage unsern Lesern an¬
schaulich zu machen, und wir wollen zu diesem Zweck dem Hafen einen Be-
^es zur Bahn abstatten. Wir vermerken dabei die verausgabten oder ver¬
anschlagten Kosten jedes einzelnen Objects, da nichts so wie diese Summen
^e gewaltige Größe des Werks erkennen läßt und da gerade dieser Hafen
sehr instructives Bild von den Anforderungen beim Kriegshafenbau
gewährt.

Die Eisenbahn, deren letzte Strecke schon seit vorigem Sommer bis zum
^riegshcifen im Betrieb ist, führt uns von der freundlichen sauberen Stadt
Oldenburg mit ihren wirklich schönen öffentlichen Neubauten zunächst nach
^arel (sprich Fahret), einer kleinen hübschen hochgelegenen Stadt mit zwei
^hen Kirchthürmen und vielen holländischen Windmühlen unfern des
Kernhäuser Siels und nahe der Südspitze des herzförmigen Busens, und dann,
Meistens hart an dem letzteren, im Bogen um die Westseite desselben herum.
. i° Physiognomie der Landschaft ist eigenthümlich genug: weithin, ohne
^gerd eine Begrenzung durch Höhenzüge, schweift der Blick über üppiges Grün
Weiden und Triften, das von prächtigem, fast immer schwarzweiß gefleck-
Rindvieh und schönen Pferden schweren Schlages belebt ist, die in voller
Freiheit dem dampfgewaltigen Concurrenten das Feld räumen. An einzelnen
Zellen kommen wir durch Laubwäldchen; streckenweise ist die grüne Ebene
^es mit locker stehenden niedrigen Büschen bedeckt oder durch das tiefe
schwarz von Torfstichen und den dunklen fetten Boden der Eisenbahnein-
Ichnirte unterbrochen, dazwischen lange Ziegelei-Gebäude, welche die "Klinker"
Lesern, denen wir nachher am Kriegshafen sehr vielfach begegnen werden --
Ziegelsteine von ganz besonderer Festigkeit, welche aus dem hier ganz vor¬
züglich geeigneten fetten Thonboden so hart gebrannt werden, daß sie eine
bauliche Farbe sowie einen glasartigen Glanz annehmen und heim An-


sür den Transport des Baumaterials ebenfalls höchst unbequem war: um die
Fracht der Schiffe mit Material überhaupt löschen zu können, mußte erst ein
besonderer kleiner provisorischer Hafen außerhalb der Deiche, der sog. Liege¬
hafen, geschaffen werden, in den aber Barth von 17 Fuß Tiefgang immer
"och nicht einlaufen können — diese müssen erst auf der Rhede einen Theil
ihrer Steine an Liechterfahrzeuge abgeben. Und alle diese Schwierigkeiten
wurden noch dadurch vermehrt, daß oft das Geld fehlte, um günstige Chancen
Fluth und Wetter voll ausnutzen zu können, während zu anderer Zeit
bie Wuth der Elemente bei Sturmfluthen den begonnenen Bau häufig wieder
einriß. Jede aber ist die Hauptarbeit glücklich überwunden, durch Vollendung
och Vorhafens und der Schleusen sind Hafencanal und Binnenbassin gegen die
gesichert, auch wenn die dazwischen befindliche Erde weggeschafft ist, und
kurzer Zeit wird die schwarz-weiß-rothe Flagge das weite Bassin beleben.

Wir gehen nun daran, die Einzelheiten der Anlage unsern Lesern an¬
schaulich zu machen, und wir wollen zu diesem Zweck dem Hafen einen Be-
^es zur Bahn abstatten. Wir vermerken dabei die verausgabten oder ver¬
anschlagten Kosten jedes einzelnen Objects, da nichts so wie diese Summen
^e gewaltige Größe des Werks erkennen läßt und da gerade dieser Hafen
sehr instructives Bild von den Anforderungen beim Kriegshafenbau
gewährt.

Die Eisenbahn, deren letzte Strecke schon seit vorigem Sommer bis zum
^riegshcifen im Betrieb ist, führt uns von der freundlichen sauberen Stadt
Oldenburg mit ihren wirklich schönen öffentlichen Neubauten zunächst nach
^arel (sprich Fahret), einer kleinen hübschen hochgelegenen Stadt mit zwei
^hen Kirchthürmen und vielen holländischen Windmühlen unfern des
Kernhäuser Siels und nahe der Südspitze des herzförmigen Busens, und dann,
Meistens hart an dem letzteren, im Bogen um die Westseite desselben herum.
. i° Physiognomie der Landschaft ist eigenthümlich genug: weithin, ohne
^gerd eine Begrenzung durch Höhenzüge, schweift der Blick über üppiges Grün
Weiden und Triften, das von prächtigem, fast immer schwarzweiß gefleck-
Rindvieh und schönen Pferden schweren Schlages belebt ist, die in voller
Freiheit dem dampfgewaltigen Concurrenten das Feld räumen. An einzelnen
Zellen kommen wir durch Laubwäldchen; streckenweise ist die grüne Ebene
^es mit locker stehenden niedrigen Büschen bedeckt oder durch das tiefe
schwarz von Torfstichen und den dunklen fetten Boden der Eisenbahnein-
Ichnirte unterbrochen, dazwischen lange Ziegelei-Gebäude, welche die „Klinker"
Lesern, denen wir nachher am Kriegshafen sehr vielfach begegnen werden —
Ziegelsteine von ganz besonderer Festigkeit, welche aus dem hier ganz vor¬
züglich geeigneten fetten Thonboden so hart gebrannt werden, daß sie eine
bauliche Farbe sowie einen glasartigen Glanz annehmen und heim An-


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[0487] sür den Transport des Baumaterials ebenfalls höchst unbequem war: um die Fracht der Schiffe mit Material überhaupt löschen zu können, mußte erst ein besonderer kleiner provisorischer Hafen außerhalb der Deiche, der sog. Liege¬ hafen, geschaffen werden, in den aber Barth von 17 Fuß Tiefgang immer "och nicht einlaufen können — diese müssen erst auf der Rhede einen Theil ihrer Steine an Liechterfahrzeuge abgeben. Und alle diese Schwierigkeiten wurden noch dadurch vermehrt, daß oft das Geld fehlte, um günstige Chancen Fluth und Wetter voll ausnutzen zu können, während zu anderer Zeit bie Wuth der Elemente bei Sturmfluthen den begonnenen Bau häufig wieder einriß. Jede aber ist die Hauptarbeit glücklich überwunden, durch Vollendung och Vorhafens und der Schleusen sind Hafencanal und Binnenbassin gegen die gesichert, auch wenn die dazwischen befindliche Erde weggeschafft ist, und kurzer Zeit wird die schwarz-weiß-rothe Flagge das weite Bassin beleben. Wir gehen nun daran, die Einzelheiten der Anlage unsern Lesern an¬ schaulich zu machen, und wir wollen zu diesem Zweck dem Hafen einen Be- ^es zur Bahn abstatten. Wir vermerken dabei die verausgabten oder ver¬ anschlagten Kosten jedes einzelnen Objects, da nichts so wie diese Summen ^e gewaltige Größe des Werks erkennen läßt und da gerade dieser Hafen sehr instructives Bild von den Anforderungen beim Kriegshafenbau gewährt. Die Eisenbahn, deren letzte Strecke schon seit vorigem Sommer bis zum ^riegshcifen im Betrieb ist, führt uns von der freundlichen sauberen Stadt Oldenburg mit ihren wirklich schönen öffentlichen Neubauten zunächst nach ^arel (sprich Fahret), einer kleinen hübschen hochgelegenen Stadt mit zwei ^hen Kirchthürmen und vielen holländischen Windmühlen unfern des Kernhäuser Siels und nahe der Südspitze des herzförmigen Busens, und dann, Meistens hart an dem letzteren, im Bogen um die Westseite desselben herum. . i° Physiognomie der Landschaft ist eigenthümlich genug: weithin, ohne ^gerd eine Begrenzung durch Höhenzüge, schweift der Blick über üppiges Grün Weiden und Triften, das von prächtigem, fast immer schwarzweiß gefleck- Rindvieh und schönen Pferden schweren Schlages belebt ist, die in voller Freiheit dem dampfgewaltigen Concurrenten das Feld räumen. An einzelnen Zellen kommen wir durch Laubwäldchen; streckenweise ist die grüne Ebene ^es mit locker stehenden niedrigen Büschen bedeckt oder durch das tiefe schwarz von Torfstichen und den dunklen fetten Boden der Eisenbahnein- Ichnirte unterbrochen, dazwischen lange Ziegelei-Gebäude, welche die „Klinker" Lesern, denen wir nachher am Kriegshafen sehr vielfach begegnen werden — Ziegelsteine von ganz besonderer Festigkeit, welche aus dem hier ganz vor¬ züglich geeigneten fetten Thonboden so hart gebrannt werden, daß sie eine bauliche Farbe sowie einen glasartigen Glanz annehmen und heim An-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/487>, abgerufen am 04.07.2024.