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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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und durch Eindeichung den spukenden Wellen entzogen und zugleich zu nutz'
barem Land gemacht werden kann. Ferner aber sucht man auch durch An¬
sammlung recht großer Wassermassen in einem Binnenbassin während der
Fluth einen kräftigen Spülstrom sür die Ebbezeit hervorzubringen, der
die Schlicktheile aus dem Grunde des Seegatts (Ausgangs in die See) mit
sich fortreißt. Hier, für den'Ausfluß der Jahde, bildet natürlich der Jahde-
busen selbst das Spülbassin, während dasselbe z. B. bei Ostende erst künstlich
ausgegraben werden mußte, und zugleich ist klar, daß die vorhin erwähnten
Uferbauten die Leistungsfähigkeit des Spülbassins bedeutend heben, da dem
Spülstrom selbst Schlicktheile entzogen und andererseits durch die Vertiefung
des Bassins einer größeren Masse reinen Seewassers zur Fluthzeit der Ein¬
tritt ermöglicht wird. In dieser Beziehung sind die Verhältnisse an der
Jahde schon gegenwärtig recht günstig. Von der großen Fläche des Marsch¬
landes, durch dessen Überschwemmung sich einst der Jahdebusen bildete, ist
die obere Kleibodenschicht in der Mitte schon fast ganz weggespült: blos die
Sandunterlage, welche sich weniger leicht und ihrer Schwere wegen nicht
weit von der fluchenden und ebbenden Wassermasse verschieben läßt und
somit die Tiefe der Ausfahrt nicht gefährdet, ist theilweise als Untiefe ge¬
blieben und bildet die Sandbänke im Inneren des Jahdebusens (welche als
Bordumer, Arngaster, Robben- und Jappen-Sand bezeichnet 'werden), und
die sogar durch Spülung nach den sehr tiefen Stellen in nächster Nähe, wo der
Sand liegen bleibt, allmählich immer niedriger werden. So kommt es, daß
schon seit einem Jahrhundert die Tiefe des Jahdeausstroms sich nirgends
wesentlich verändert hat und auch durch die Schlickmassen an den Rändern
des Busens in den nächsten 3--4 oder 5 Jahrhunderten sich nicht sehr ver¬
ändern würde, selbst wenn man dieselben nicht durch Eindeichung den Ein¬
wirkungen der Fluth immer mehr entzöge und somit das Material für die
Verschickungen stetig verminderte (seit dem 17. Jahrhundert sind schon
3/4 Quadratmeilen eingedeicht worden). Die Verschickung an der Jahde-
mündung kann nach den angestellten Messungen jährlich höchstens 5"/" Zoll
betragen, was sich durch Baggern unschwer beseitigen läßt und überhaupt
nicht bedeutend ist. (In Bremerhaven und Geestemünde beträgt die Ver¬
schickung das Fünffache bis Sechsfache.) -- Auch die Fluthwelle gestaltet
sich sehr regelmäßig und günstig, und das scharfe Herantreten des Ausstroms
mit 10 Faden (60 Fuß) Tiefe bis dicht an das Rustringer Land, namentlich
an den Dauensfelder Groden*), in dessen Spitze- die Mündung sür den
Kriegshafen angelegt ist, kann nur als außerordentlich vortheilhaft bezeichnet
werden.



') Der noch außerhalb der Deiche liegende Landstreifcn, den bei Fluthzeit die See über¬
spült.

und durch Eindeichung den spukenden Wellen entzogen und zugleich zu nutz'
barem Land gemacht werden kann. Ferner aber sucht man auch durch An¬
sammlung recht großer Wassermassen in einem Binnenbassin während der
Fluth einen kräftigen Spülstrom sür die Ebbezeit hervorzubringen, der
die Schlicktheile aus dem Grunde des Seegatts (Ausgangs in die See) mit
sich fortreißt. Hier, für den'Ausfluß der Jahde, bildet natürlich der Jahde-
busen selbst das Spülbassin, während dasselbe z. B. bei Ostende erst künstlich
ausgegraben werden mußte, und zugleich ist klar, daß die vorhin erwähnten
Uferbauten die Leistungsfähigkeit des Spülbassins bedeutend heben, da dem
Spülstrom selbst Schlicktheile entzogen und andererseits durch die Vertiefung
des Bassins einer größeren Masse reinen Seewassers zur Fluthzeit der Ein¬
tritt ermöglicht wird. In dieser Beziehung sind die Verhältnisse an der
Jahde schon gegenwärtig recht günstig. Von der großen Fläche des Marsch¬
landes, durch dessen Überschwemmung sich einst der Jahdebusen bildete, ist
die obere Kleibodenschicht in der Mitte schon fast ganz weggespült: blos die
Sandunterlage, welche sich weniger leicht und ihrer Schwere wegen nicht
weit von der fluchenden und ebbenden Wassermasse verschieben läßt und
somit die Tiefe der Ausfahrt nicht gefährdet, ist theilweise als Untiefe ge¬
blieben und bildet die Sandbänke im Inneren des Jahdebusens (welche als
Bordumer, Arngaster, Robben- und Jappen-Sand bezeichnet 'werden), und
die sogar durch Spülung nach den sehr tiefen Stellen in nächster Nähe, wo der
Sand liegen bleibt, allmählich immer niedriger werden. So kommt es, daß
schon seit einem Jahrhundert die Tiefe des Jahdeausstroms sich nirgends
wesentlich verändert hat und auch durch die Schlickmassen an den Rändern
des Busens in den nächsten 3—4 oder 5 Jahrhunderten sich nicht sehr ver¬
ändern würde, selbst wenn man dieselben nicht durch Eindeichung den Ein¬
wirkungen der Fluth immer mehr entzöge und somit das Material für die
Verschickungen stetig verminderte (seit dem 17. Jahrhundert sind schon
3/4 Quadratmeilen eingedeicht worden). Die Verschickung an der Jahde-
mündung kann nach den angestellten Messungen jährlich höchstens 5"/« Zoll
betragen, was sich durch Baggern unschwer beseitigen läßt und überhaupt
nicht bedeutend ist. (In Bremerhaven und Geestemünde beträgt die Ver¬
schickung das Fünffache bis Sechsfache.) — Auch die Fluthwelle gestaltet
sich sehr regelmäßig und günstig, und das scharfe Herantreten des Ausstroms
mit 10 Faden (60 Fuß) Tiefe bis dicht an das Rustringer Land, namentlich
an den Dauensfelder Groden*), in dessen Spitze- die Mündung sür den
Kriegshafen angelegt ist, kann nur als außerordentlich vortheilhaft bezeichnet
werden.



') Der noch außerhalb der Deiche liegende Landstreifcn, den bei Fluthzeit die See über¬
spült.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/482>, abgerufen am 02.10.2024.