Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.leicht befunden zu werden, nicht anders als mit banger Sorge entgegensehen. leicht befunden zu werden, nicht anders als mit banger Sorge entgegensehen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0383" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287095"/> <p xml:id="ID_972" prev="#ID_971" next="#ID_973"> leicht befunden zu werden, nicht anders als mit banger Sorge entgegensehen.<lb/> Die Gegensätze haben sich in einer Weise zusammengespitzt, daß eine Krisis,<lb/> wenn diese auch zunächst nur das ehemalige Litthauen betrifft, auf die Dauer<lb/> nicht ausbleiben kann: schon seit lange hat sich die Ueberzeugung Bahn ge¬<lb/> brochen, daß am Riemen das Loos darüber geworfen werden werde, ob die<lb/> Moskaner national-demokratische Partei unumschränkte Herrscherin der<lb/> Situation zu werden bestimmt sei oder nicht, und aus diesem Grunde haben<lb/> die Organe der russischen constitutionellen Adelspartei sich seit lange mit<lb/> der gemäßigten, eonspirationsfeindlichen Fraction der polnischen Moderados<lb/> (der sg. Weißen) verbündet. — Entscheidungen politischer Art sind auch<lb/> w Rußland, der dauernden Abwesenheit des Kaisers wegen, in letzter<lb/> Zeit nicht gefällt worden. Erst nach der Rückkehr des Staatsoberhauptes und<lb/> des gleichfalls in Deutschland weilenden Kanzlers Fürsten Gortschakow werden<lb/> die von der Presse bereits seit längerer Zeit angekündigten Ukase über Ein¬<lb/> führung der russischen Sprache in den katholischen Gottesdienst und Veränderung<lb/> der bisher gebräuchlichen Liturgie desselben in Ausführung kommen. — Nach¬<lb/> dem der Reichsrath die ihm übertragene Revision der zur Reform des Zolltarifs<lb/> vorgenommenen Commissionsarbeiten beendet hat, ist diese Einführung des<lb/> neuen Tarifs durch einen kaiserlichen Befehl schon für den 1. Januar des<lb/> nächsten Jahres angeordnet worden. Die russischen Erntenachrichten lauten<lb/> wesentlich ungünstig und schon gegenwärtig ist von Maßregeln zur Linderung<lb/> des zu erwartenden Nothstandes die Rede. Der Minister des Innern<lb/> Timaschow und der Großfürst-Thronfolger sollen wegen verschiedener Mei¬<lb/> nungen über die zu diesem Zweck anzuwendenden Mittel in eine bis jetzt<lb/> unausgeglichene Differenz gerathen sein und ist von dem bevorstehenden Rück-<lb/> tritt des Letzteren, der wegen seines Übeln Gesundheitszustandes den An,<lb/> strengungen seines mit Arbeiten überladenen Amtes ohnehin auf die Dauer<lb/> nicht gewachsen ist, schon seit einiger Zeit die Rede. Außer Verschiedenen<lb/> neuen Eisenbahnconcessionen, welche in Rußland fast wöchentlich ertheilt<lb/> werden, sind noch der Abschluß des Friedens mit dem Bucharenkhan<lb/> und die für den Herbst bevorstehende Ausdehnung der neuen Justizeinrichtungen<lb/> auf eine Reihe südlicher Provinzen zu erwähnen. Borden Gliedern der kaiser¬<lb/> lichen Familie ist gegenwärtig nur der Thronfolger in der Residenz anwesend,<lb/> d« er seine Schwiegereltern, den König und die Königin von Dänemark,<lb/> als Gäste bei sich hat. Peinliches Aussehen hat in Rußland der von dem<lb/> schwedischen Journalistentage gefaßte Beschluß, die Nachrichten aus Finn¬<lb/> land künftig unter die Rubrik „Inland" (nach einer anderen Version unter<lb/> die Rubrik „scandinavische Nebenländer") zu bringen, hervorgerufen, vocem<lb/> Schweden ist noch zu bemerken, daß Graf Mörner, der Staatsmann, dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0383]
leicht befunden zu werden, nicht anders als mit banger Sorge entgegensehen.
Die Gegensätze haben sich in einer Weise zusammengespitzt, daß eine Krisis,
wenn diese auch zunächst nur das ehemalige Litthauen betrifft, auf die Dauer
nicht ausbleiben kann: schon seit lange hat sich die Ueberzeugung Bahn ge¬
brochen, daß am Riemen das Loos darüber geworfen werden werde, ob die
Moskaner national-demokratische Partei unumschränkte Herrscherin der
Situation zu werden bestimmt sei oder nicht, und aus diesem Grunde haben
die Organe der russischen constitutionellen Adelspartei sich seit lange mit
der gemäßigten, eonspirationsfeindlichen Fraction der polnischen Moderados
(der sg. Weißen) verbündet. — Entscheidungen politischer Art sind auch
w Rußland, der dauernden Abwesenheit des Kaisers wegen, in letzter
Zeit nicht gefällt worden. Erst nach der Rückkehr des Staatsoberhauptes und
des gleichfalls in Deutschland weilenden Kanzlers Fürsten Gortschakow werden
die von der Presse bereits seit längerer Zeit angekündigten Ukase über Ein¬
führung der russischen Sprache in den katholischen Gottesdienst und Veränderung
der bisher gebräuchlichen Liturgie desselben in Ausführung kommen. — Nach¬
dem der Reichsrath die ihm übertragene Revision der zur Reform des Zolltarifs
vorgenommenen Commissionsarbeiten beendet hat, ist diese Einführung des
neuen Tarifs durch einen kaiserlichen Befehl schon für den 1. Januar des
nächsten Jahres angeordnet worden. Die russischen Erntenachrichten lauten
wesentlich ungünstig und schon gegenwärtig ist von Maßregeln zur Linderung
des zu erwartenden Nothstandes die Rede. Der Minister des Innern
Timaschow und der Großfürst-Thronfolger sollen wegen verschiedener Mei¬
nungen über die zu diesem Zweck anzuwendenden Mittel in eine bis jetzt
unausgeglichene Differenz gerathen sein und ist von dem bevorstehenden Rück-
tritt des Letzteren, der wegen seines Übeln Gesundheitszustandes den An,
strengungen seines mit Arbeiten überladenen Amtes ohnehin auf die Dauer
nicht gewachsen ist, schon seit einiger Zeit die Rede. Außer Verschiedenen
neuen Eisenbahnconcessionen, welche in Rußland fast wöchentlich ertheilt
werden, sind noch der Abschluß des Friedens mit dem Bucharenkhan
und die für den Herbst bevorstehende Ausdehnung der neuen Justizeinrichtungen
auf eine Reihe südlicher Provinzen zu erwähnen. Borden Gliedern der kaiser¬
lichen Familie ist gegenwärtig nur der Thronfolger in der Residenz anwesend,
d« er seine Schwiegereltern, den König und die Königin von Dänemark,
als Gäste bei sich hat. Peinliches Aussehen hat in Rußland der von dem
schwedischen Journalistentage gefaßte Beschluß, die Nachrichten aus Finn¬
land künftig unter die Rubrik „Inland" (nach einer anderen Version unter
die Rubrik „scandinavische Nebenländer") zu bringen, hervorgerufen, vocem
Schweden ist noch zu bemerken, daß Graf Mörner, der Staatsmann, dem
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |