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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Dienst größere Kanonenboote (600 Tons) vorschlugen, finden wir speciell für
die Küstenvertheidigung in der "Staunch" das Modell, nach dem man fortan
die Kanonenboote für Küstenvertheidigung zu bauen hat, sobald es nicht
Panzerboote wie "Arminius" sind. Zwar ist die "Staunch "-Classe nicht see¬
fähig -- aber unsere jetzigen Kanonenboote zweiter Klasse sind es auch nicht,
und überdies ist es nicht nöthig, weil bei schlechtem Wetter auch der Feind
in den Watten keine Landungsboote aussetzen kann. Eine größere Schnellig¬
keit als die von 7V- Knoten, wie die "Staunch" sie hat, erscheint für speci¬
fische Küstenvertheidigungs-Kanonenboote, wenn sie nicht gepanzert sind, kaum
nöthig, da sie doch keine Offensivstöße in die offene See machen können. Un¬
sere bisherigen Kanonenboote 2. Classe machen nicht über 8 Knoten. Dafür
hat aber die "Staunch" zwei Eigenschaften, die gerade für das Gefecht im
flachen beschränkten Fahrwasser von allergrößten Werthe sind: geringen Tief¬
gang (vollständig beladen nur 6 Fuß) und eine staunenswerthe Beweglichkeit,
da ihre ganze Länge nur 79 Fuß beträgt und außerdem ihre 23-Pferde-
krastmaschine von 2 Zwillingsschrauben getrieben wird. Ein anderer gün¬
stiger Umstand für solche Kanonenboote besteht darin, daß, wenn eines sinkt,
die nächsten ihm leicht Beistand leisten können. Ueberdies haben gerade Ka¬
nonenboote der "Staunch"-Classe den Vorzug, daß sie sich bei Fluthzeit über
die Watten hinweg fast bis an die Mündung der siete unter Land zu¬
rückziehen, oder aber sich in die Flüsse soweit aufwärts flüchten können,
daß selbst ein Feind im Besitz der Strandbatterien sie nicht belästigt.

In Verbindung mit Kanonenbooten dieser Classe und mit schnellen Avi¬
sos, welche bei Helgoland oder an der holländischen Küste bei Helder statio¬
nirr, so zeitig die Ankunft des Feindes melden könnten, daß man durch den
Telegraphen aus den Binnenfestungen auf der Eisenbahn Truppen nach den
bedrohten Punkten zu werfen vermöchte, werden unsere Küstenbefestigungen erst
ihren vollen Werth erhalten. Zwar haben gerade in den letzten Jahren die Fort¬
schritte der Technik Aenderungen nöthig gemacht, wie z. B. eben in der Con-
struction der Kanonenboote, der Erdschanzen mit Panzerung statt der Stein¬
forts oder mit Einrichtung unterseeischer Sprengminen, die sich im
amerikanischen Kriege bewährt haben und hinsichtlich deren umfassende Ver¬
suche noch im Gange sind, da sie gegenüber den verbesserten Angriffsmitteln
fremder Flotten durchaus nothwendig erscheinen, -- aber im Großen und
Ganzen haben die Arbeiter jener Küstenvertheidigungseommissionen aus den
Jahren 1859--1862, an denen unser berühmter- General v. Moltke bedeu¬
tenden Antheil hat, unschätzbaren Werth, und wenn sie auch zur Zeit ihrer
Entstehung keine Aussicht auf Verwirklichung hatten, fo werden sie jetzt unter
der Herrschaft des Nordhundes ihre Früchte tragen.

Als sich während der Berathungen jener Commissionen zeigte, daß es


Dienst größere Kanonenboote (600 Tons) vorschlugen, finden wir speciell für
die Küstenvertheidigung in der „Staunch" das Modell, nach dem man fortan
die Kanonenboote für Küstenvertheidigung zu bauen hat, sobald es nicht
Panzerboote wie „Arminius" sind. Zwar ist die „Staunch "-Classe nicht see¬
fähig — aber unsere jetzigen Kanonenboote zweiter Klasse sind es auch nicht,
und überdies ist es nicht nöthig, weil bei schlechtem Wetter auch der Feind
in den Watten keine Landungsboote aussetzen kann. Eine größere Schnellig¬
keit als die von 7V- Knoten, wie die „Staunch" sie hat, erscheint für speci¬
fische Küstenvertheidigungs-Kanonenboote, wenn sie nicht gepanzert sind, kaum
nöthig, da sie doch keine Offensivstöße in die offene See machen können. Un¬
sere bisherigen Kanonenboote 2. Classe machen nicht über 8 Knoten. Dafür
hat aber die „Staunch" zwei Eigenschaften, die gerade für das Gefecht im
flachen beschränkten Fahrwasser von allergrößten Werthe sind: geringen Tief¬
gang (vollständig beladen nur 6 Fuß) und eine staunenswerthe Beweglichkeit,
da ihre ganze Länge nur 79 Fuß beträgt und außerdem ihre 23-Pferde-
krastmaschine von 2 Zwillingsschrauben getrieben wird. Ein anderer gün¬
stiger Umstand für solche Kanonenboote besteht darin, daß, wenn eines sinkt,
die nächsten ihm leicht Beistand leisten können. Ueberdies haben gerade Ka¬
nonenboote der „Staunch"-Classe den Vorzug, daß sie sich bei Fluthzeit über
die Watten hinweg fast bis an die Mündung der siete unter Land zu¬
rückziehen, oder aber sich in die Flüsse soweit aufwärts flüchten können,
daß selbst ein Feind im Besitz der Strandbatterien sie nicht belästigt.

In Verbindung mit Kanonenbooten dieser Classe und mit schnellen Avi¬
sos, welche bei Helgoland oder an der holländischen Küste bei Helder statio¬
nirr, so zeitig die Ankunft des Feindes melden könnten, daß man durch den
Telegraphen aus den Binnenfestungen auf der Eisenbahn Truppen nach den
bedrohten Punkten zu werfen vermöchte, werden unsere Küstenbefestigungen erst
ihren vollen Werth erhalten. Zwar haben gerade in den letzten Jahren die Fort¬
schritte der Technik Aenderungen nöthig gemacht, wie z. B. eben in der Con-
struction der Kanonenboote, der Erdschanzen mit Panzerung statt der Stein¬
forts oder mit Einrichtung unterseeischer Sprengminen, die sich im
amerikanischen Kriege bewährt haben und hinsichtlich deren umfassende Ver¬
suche noch im Gange sind, da sie gegenüber den verbesserten Angriffsmitteln
fremder Flotten durchaus nothwendig erscheinen, — aber im Großen und
Ganzen haben die Arbeiter jener Küstenvertheidigungseommissionen aus den
Jahren 1859—1862, an denen unser berühmter- General v. Moltke bedeu¬
tenden Antheil hat, unschätzbaren Werth, und wenn sie auch zur Zeit ihrer
Entstehung keine Aussicht auf Verwirklichung hatten, fo werden sie jetzt unter
der Herrschaft des Nordhundes ihre Früchte tragen.

Als sich während der Berathungen jener Commissionen zeigte, daß es


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/25>, abgerufen am 30.06.2024.