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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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stipulirt wird, daß bei den Docks der Privatgesellschaften Aufträge von Sei-
ten der Regierung stets denen der Kauffarteimarine vorgehen müssen, so
kann doch sehr leicht der Fall eintreten, daß plötzlich die Reparatur eines
Kriegsschiffes nothwendig wird, während das Dock der Privatgesellschaft be¬
reits anderweit besetzt ist. Außerdem wird es bei der schnell wachsenden
Zahl unser Kriegsschiffe nicht sehr lange dauern, bis ein Dock der tgi. Werft
das ganze Jahr hindurch von Kriegsschiffen in Beschlag genommen ist, selbst
wenn eine Anzahl derselben nebenher ausgebessert werden. Da Kiel Haupt-
constructionshafen wird, so werden sich hier natürlich auch bald überdachte
Hallinge wie in Danzig erheben. Die Werften (nao? znräs), welche diese
Hallinge und die für den Schiffbau nöthigen, zur Verwendung bereit lagern¬
den Materialmassen enthalten, die Arsenale, die Magazine und Werkstätten
für Ausrüstung, Verproviantirung, artilleristische Armirung, Schiffbau und
Maschinenbau in diesem Hauptkriegshafen von ganz Deutschland geben so¬
dann ein so imposantes Gesammtbild, wie es bis jetzt in unserm Vaterlande
auch nicht im Entferntesten zu finden ist.

Während man nun vorläufig darauf verzichtet, diese im Entstehen be¬
griffenen Anlagen durch Befestigungen von der Landseite zu decken, während
man einstweilen darauf rechnet, im Nothfalle aus den nächsten Garnisonen
immer noch Truppen genug zur Abwehr eines feindlichen Landangriffs heran¬
ziehen zu können, wird man sich späterhin doch der Befestigung nicht mehr ent¬
ziehen können. Von den drei Theilen derselben, wie sie früher zum Schutz
von Holtenau projectirt waren, ist der eine zum Schutze der Hafeneinfahrt
gegen das Eindringen einer feindlichen Flotte bereits ausgeführt und kommt
Ellerbeck wie Holtenau gleich sehr zu Gute. Dagegen ist der zweite, nämlich
die Anschließung des Marineetablissements und wohl auch der Gaardener
Privatanlagen mit einer sturmfreien einfachen Enceinte gegen überraschende
feindliche Landungen erst noch auszuführen, und zwar jetzt bei Ellerbeck in
ähnlicher Weise, wie es früher bei Holtenau geschehen sollte. Auch der Schutz
gegen ein Bombardement von der Landseite wird durch detachirte Forts auf
den umliegenden Hügeln, also einen förmlichen Kranz von Befestigungen,
zu schützen sein, der von Dirksdorf auf dem rechten Ufer liegend sich um die
ganze Föhrde herumzieht, das Etablissement von Ellerbeck, die Gaardner
Anlagen. S Dörfer und die Stadt Kiel selbst mit deckt und erst hinter Dü-
sternbrook auf dem linken Ufer endigt. Die Kosten der ganzen Befestigung
sind von der Regierung nach den Vorlagen für den Reichstag von 1867 auf
die sechs Jahre 1868--1873 vertheilt und in Ganzen auf 2,400,000 Thaler
veranschlagt, während die Anlage des Kriegshafens selbst im Ganzen
8 Millionen kosten und in den Jahren 1868 -- 1877 hergestellt wer¬
den soll.


stipulirt wird, daß bei den Docks der Privatgesellschaften Aufträge von Sei-
ten der Regierung stets denen der Kauffarteimarine vorgehen müssen, so
kann doch sehr leicht der Fall eintreten, daß plötzlich die Reparatur eines
Kriegsschiffes nothwendig wird, während das Dock der Privatgesellschaft be¬
reits anderweit besetzt ist. Außerdem wird es bei der schnell wachsenden
Zahl unser Kriegsschiffe nicht sehr lange dauern, bis ein Dock der tgi. Werft
das ganze Jahr hindurch von Kriegsschiffen in Beschlag genommen ist, selbst
wenn eine Anzahl derselben nebenher ausgebessert werden. Da Kiel Haupt-
constructionshafen wird, so werden sich hier natürlich auch bald überdachte
Hallinge wie in Danzig erheben. Die Werften (nao? znräs), welche diese
Hallinge und die für den Schiffbau nöthigen, zur Verwendung bereit lagern¬
den Materialmassen enthalten, die Arsenale, die Magazine und Werkstätten
für Ausrüstung, Verproviantirung, artilleristische Armirung, Schiffbau und
Maschinenbau in diesem Hauptkriegshafen von ganz Deutschland geben so¬
dann ein so imposantes Gesammtbild, wie es bis jetzt in unserm Vaterlande
auch nicht im Entferntesten zu finden ist.

Während man nun vorläufig darauf verzichtet, diese im Entstehen be¬
griffenen Anlagen durch Befestigungen von der Landseite zu decken, während
man einstweilen darauf rechnet, im Nothfalle aus den nächsten Garnisonen
immer noch Truppen genug zur Abwehr eines feindlichen Landangriffs heran¬
ziehen zu können, wird man sich späterhin doch der Befestigung nicht mehr ent¬
ziehen können. Von den drei Theilen derselben, wie sie früher zum Schutz
von Holtenau projectirt waren, ist der eine zum Schutze der Hafeneinfahrt
gegen das Eindringen einer feindlichen Flotte bereits ausgeführt und kommt
Ellerbeck wie Holtenau gleich sehr zu Gute. Dagegen ist der zweite, nämlich
die Anschließung des Marineetablissements und wohl auch der Gaardener
Privatanlagen mit einer sturmfreien einfachen Enceinte gegen überraschende
feindliche Landungen erst noch auszuführen, und zwar jetzt bei Ellerbeck in
ähnlicher Weise, wie es früher bei Holtenau geschehen sollte. Auch der Schutz
gegen ein Bombardement von der Landseite wird durch detachirte Forts auf
den umliegenden Hügeln, also einen förmlichen Kranz von Befestigungen,
zu schützen sein, der von Dirksdorf auf dem rechten Ufer liegend sich um die
ganze Föhrde herumzieht, das Etablissement von Ellerbeck, die Gaardner
Anlagen. S Dörfer und die Stadt Kiel selbst mit deckt und erst hinter Dü-
sternbrook auf dem linken Ufer endigt. Die Kosten der ganzen Befestigung
sind von der Regierung nach den Vorlagen für den Reichstag von 1867 auf
die sechs Jahre 1868—1873 vertheilt und in Ganzen auf 2,400,000 Thaler
veranschlagt, während die Anlage des Kriegshafens selbst im Ganzen
8 Millionen kosten und in den Jahren 1868 — 1877 hergestellt wer¬
den soll.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/233>, abgerufen am 02.07.2024.