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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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alten Athen erinnert, die auch den Schiffen beim Dupliren des Cap Sunion
als Landmarke diente. Die Warnow ist bei Rostock noch 8--10 Fuß tief
und daher durch Kanonenboote direct zu erreichen. Als während des däni¬
schen Krieges 1864 der Plan ventilirt wurde, von Dornbusch unsere Kano¬
nenboote nach Schleswig oder wenigstens zunächst nach Fehmarn zu schicken
und mit den Landarmeen cooperiren zu lassen, kam auch Warnemünde wie
weiterhin Wismar und Travemünde als einer der drei Häfen in Betracht, in
welchen die Kanonenboote während ihrer 30 Meilen langen Ueberfahrt vor
überlegenen Feinden Deckung finden konnten. Bekanntlich ist die Ausführung
dieses Plans unterblieben, weil die Entfernung zwischen Dornbusch und Warne¬
münde immer noch über 13 Meilen beträgt, die Formation der preußischen
und meklenburgischen Küsten an dieser Stelle aber so steil zur See abfällt,
daß zu wenig flaches Wasser übrig bleibt, in welches die Kanonenboote
sich weit genug vor den Schüssen größerer tiefgehender Schiffe zurückziehn
könnten. Andererseits war aber eine directe Ueberfahrt nicht zu wagen,
weil die Kanonenboote höchstens 9 Knoten Schnelligkeit erreichten und be¬
hufs Zusammenbleibens mit den schlechtesten Läufern nur 7'/- Knoten machen
durften, bei westlicher Brise und Seegang noch weniger (S--6 Knoten)
machten, während die größeren dänischen Schiffe von ihrer 10--11 Knoten
Fahrt durch den Seegang viel weniger verlieren und auch im Gebrauch
der Geschütze nicht gehindert werden wie die Kanonenboote. -- Da Wismar
vollständige Marinestation werden muß, wäre das nächste befestigte Marine¬
depot in Travemünde, dem Hafen der schönen alten Hansestadt Lübeck
anzulegen, wo sich ja im letzten dänischen Kriege (ebenso wie in Wismar
und an verschiedenen Punkten Rügens und Holsteins) ein Kohlendepot be¬
fand. Dagegen würde, falls der Nordostseecanal in der neustädter Bucht
seinen Ausgang erhält und dann durch den hämelsdorfer See als Binnen¬
bassin geführt wird, Travemünde zu einer bloßen Flankenbefestigung für die
große Marinestation werden, welche an der östlichen Canalmündung
anzulegen wäre und ihren sicheren Binnenhafen eben im hämelsdorfer See
erhielte. Vorläufig aber, vor der Vollendung des Nordostseeeanals ist
hier an der Mündung der Trave mit ihrer Erweiterung zum portnitzer
Wiek und ihrem (2 Meilen von Lübeck entfernten) Leuchtthurm auf jeden
Fall ein befestigtes Marinedepot zu etabliren, um so mehr, als Travemünde
jetzt von der Handelsmarine weniger in Anspruch genommen ist wie früher,
wo die Trave nur 14 Fuß tiefgehenden Schiffen Eingang gestattete. Seit
der Anlage umfassender Wasserbauten kommen aber große Schiffe bis zur
Stadt Lübeck, die natürlich durch die Befestigung des Depots in Trave¬
münde gegen feindliche Flottenangriffe mit gedeckt würde.

Da die kieler Föhrde selber Hauptkriegshafen ist, Eckernförde zur Ma-


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alten Athen erinnert, die auch den Schiffen beim Dupliren des Cap Sunion
als Landmarke diente. Die Warnow ist bei Rostock noch 8—10 Fuß tief
und daher durch Kanonenboote direct zu erreichen. Als während des däni¬
schen Krieges 1864 der Plan ventilirt wurde, von Dornbusch unsere Kano¬
nenboote nach Schleswig oder wenigstens zunächst nach Fehmarn zu schicken
und mit den Landarmeen cooperiren zu lassen, kam auch Warnemünde wie
weiterhin Wismar und Travemünde als einer der drei Häfen in Betracht, in
welchen die Kanonenboote während ihrer 30 Meilen langen Ueberfahrt vor
überlegenen Feinden Deckung finden konnten. Bekanntlich ist die Ausführung
dieses Plans unterblieben, weil die Entfernung zwischen Dornbusch und Warne¬
münde immer noch über 13 Meilen beträgt, die Formation der preußischen
und meklenburgischen Küsten an dieser Stelle aber so steil zur See abfällt,
daß zu wenig flaches Wasser übrig bleibt, in welches die Kanonenboote
sich weit genug vor den Schüssen größerer tiefgehender Schiffe zurückziehn
könnten. Andererseits war aber eine directe Ueberfahrt nicht zu wagen,
weil die Kanonenboote höchstens 9 Knoten Schnelligkeit erreichten und be¬
hufs Zusammenbleibens mit den schlechtesten Läufern nur 7'/- Knoten machen
durften, bei westlicher Brise und Seegang noch weniger (S—6 Knoten)
machten, während die größeren dänischen Schiffe von ihrer 10—11 Knoten
Fahrt durch den Seegang viel weniger verlieren und auch im Gebrauch
der Geschütze nicht gehindert werden wie die Kanonenboote. — Da Wismar
vollständige Marinestation werden muß, wäre das nächste befestigte Marine¬
depot in Travemünde, dem Hafen der schönen alten Hansestadt Lübeck
anzulegen, wo sich ja im letzten dänischen Kriege (ebenso wie in Wismar
und an verschiedenen Punkten Rügens und Holsteins) ein Kohlendepot be¬
fand. Dagegen würde, falls der Nordostseecanal in der neustädter Bucht
seinen Ausgang erhält und dann durch den hämelsdorfer See als Binnen¬
bassin geführt wird, Travemünde zu einer bloßen Flankenbefestigung für die
große Marinestation werden, welche an der östlichen Canalmündung
anzulegen wäre und ihren sicheren Binnenhafen eben im hämelsdorfer See
erhielte. Vorläufig aber, vor der Vollendung des Nordostseeeanals ist
hier an der Mündung der Trave mit ihrer Erweiterung zum portnitzer
Wiek und ihrem (2 Meilen von Lübeck entfernten) Leuchtthurm auf jeden
Fall ein befestigtes Marinedepot zu etabliren, um so mehr, als Travemünde
jetzt von der Handelsmarine weniger in Anspruch genommen ist wie früher,
wo die Trave nur 14 Fuß tiefgehenden Schiffen Eingang gestattete. Seit
der Anlage umfassender Wasserbauten kommen aber große Schiffe bis zur
Stadt Lübeck, die natürlich durch die Befestigung des Depots in Trave¬
münde gegen feindliche Flottenangriffe mit gedeckt würde.

Da die kieler Föhrde selber Hauptkriegshafen ist, Eckernförde zur Ma-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/21>, abgerufen am 30.06.2024.