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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Schritt Länge haben müssen, und eine Austiefung dieses schmalen Durchstichs
sowie des westlichen Theiles des Sees auf 21 Fuß würde diesen Hafen auf
gleichen Werth wie den Swinemünder bringen, falls man die Einfahrt zwi¬
schen zwei 1L00 Schritt langen Molen genau nördlich bis zur 4 Fadentiefe
hinausführte, einen Leuchtthurm erbaute und am Westufer des Sees ein
Bollwerk anlegte. Da indessen allein die Molen mit Faschinenbettung
810,000 TM, mit Betonbettung über 1 Million kosten würden, so scheint
uns das Project dieses allerdings sehr wünschenswerten Noth - und Zu¬
fluchtshafens zwischen Oder und Weichsel nicht viel Aussicht auf Verwirk¬
lichung zu haben. -- Weiter nach Westen kommen noch drei Punkte der pom-
merschen Küste, an welchen man die Anlage von Nothhafen gewünscht
hat, und wo im Fall der Ausführung solcher Anlagen natürlich Marine¬
depots errichtet werden müßten, obwohl gegenwärtig noch nicht einmal
die flachgehenden Panzerfahrzeuge mit 13V-- Fuß Tiefgang in die Mün¬
dung dieser Küstenflüsse einlaufen können. Stolp mürbe am Küstenflüßchen
Stolpe, unterhalb der gleichnamigen Stadt, Rügen walde am Küstenflüßchen
Wipper, und Colberg nahe der See an dem Küstenflüßchen Persante; je¬
denfalls verdient von diesen drei Punkten Colberg als die größte Stadt
(13,000 Einwohner) den Vorzug, da es schon Festung ist und bereits einen,
wenn auch unbedeutenden Hafen und Eisenbahnverbindung mit dem Hinter¬
kante besitzt. Die unbedeutenden Strandschanzen, deren die Mündung der
Dievenow zum Schutz von Cammin gegen leichte feindliche Fahrzeuge, be¬
darf, und die Werke, welche die Peenemünde zum Schutz von Wolgast
(dem Stammort der pommerschen Herzöge) und der Einfahrt ins kleine Haff
bereits angelegt worden sind, können wir füglich als Flankenwerke der Ma¬
rinestation von Swinemünde auffassen. Auch Greifswald und Stralsund
würden in die Vertheidigungssphäre der Marinestation Rügen fallen.

Der Saaler Bodden dagegen, ein tief eingeschnittener Meer¬
busen einige Meilen weiter westlich, den das Marineministerium früher
zur Anlage eines Kriegshafens in Rücksicht gezogen hatte, könnte möglicher,
weise als ein befestigtes Marinedepot leicht von hohem Nutzen sein, das
dann auch die Stadt Barth mit ihrer bedeutenden Rhederei decken würde.
Aehnliches gilt von Wärme mürbe am Ausfluß der Warnow, dem lebhaf¬
testen meklenburgischen Handelshafen, den jährlich über 700 meist große
Schiffe besuchen. Warnemünde ist eigentlich der Hafenort für das 2 Mei¬
len südlicher gelegene Rostock, einer Stadt von 27,000 Einwohnern, welche der
größte deutsche Nhedereiplatz der Ostsee ist und in dieser Beziehung noch über
Danzig und Stettin steht, wie es auch durch seinen 420 Fuß hohen Petri-
thurm als eine 5 Meilen in See sichtbare Landmarke für die Seefahrer
einzig dasteht und poetische Gemüther an die Statue der Athene Polias im


Schritt Länge haben müssen, und eine Austiefung dieses schmalen Durchstichs
sowie des westlichen Theiles des Sees auf 21 Fuß würde diesen Hafen auf
gleichen Werth wie den Swinemünder bringen, falls man die Einfahrt zwi¬
schen zwei 1L00 Schritt langen Molen genau nördlich bis zur 4 Fadentiefe
hinausführte, einen Leuchtthurm erbaute und am Westufer des Sees ein
Bollwerk anlegte. Da indessen allein die Molen mit Faschinenbettung
810,000 TM, mit Betonbettung über 1 Million kosten würden, so scheint
uns das Project dieses allerdings sehr wünschenswerten Noth - und Zu¬
fluchtshafens zwischen Oder und Weichsel nicht viel Aussicht auf Verwirk¬
lichung zu haben. — Weiter nach Westen kommen noch drei Punkte der pom-
merschen Küste, an welchen man die Anlage von Nothhafen gewünscht
hat, und wo im Fall der Ausführung solcher Anlagen natürlich Marine¬
depots errichtet werden müßten, obwohl gegenwärtig noch nicht einmal
die flachgehenden Panzerfahrzeuge mit 13V-- Fuß Tiefgang in die Mün¬
dung dieser Küstenflüsse einlaufen können. Stolp mürbe am Küstenflüßchen
Stolpe, unterhalb der gleichnamigen Stadt, Rügen walde am Küstenflüßchen
Wipper, und Colberg nahe der See an dem Küstenflüßchen Persante; je¬
denfalls verdient von diesen drei Punkten Colberg als die größte Stadt
(13,000 Einwohner) den Vorzug, da es schon Festung ist und bereits einen,
wenn auch unbedeutenden Hafen und Eisenbahnverbindung mit dem Hinter¬
kante besitzt. Die unbedeutenden Strandschanzen, deren die Mündung der
Dievenow zum Schutz von Cammin gegen leichte feindliche Fahrzeuge, be¬
darf, und die Werke, welche die Peenemünde zum Schutz von Wolgast
(dem Stammort der pommerschen Herzöge) und der Einfahrt ins kleine Haff
bereits angelegt worden sind, können wir füglich als Flankenwerke der Ma¬
rinestation von Swinemünde auffassen. Auch Greifswald und Stralsund
würden in die Vertheidigungssphäre der Marinestation Rügen fallen.

Der Saaler Bodden dagegen, ein tief eingeschnittener Meer¬
busen einige Meilen weiter westlich, den das Marineministerium früher
zur Anlage eines Kriegshafens in Rücksicht gezogen hatte, könnte möglicher,
weise als ein befestigtes Marinedepot leicht von hohem Nutzen sein, das
dann auch die Stadt Barth mit ihrer bedeutenden Rhederei decken würde.
Aehnliches gilt von Wärme mürbe am Ausfluß der Warnow, dem lebhaf¬
testen meklenburgischen Handelshafen, den jährlich über 700 meist große
Schiffe besuchen. Warnemünde ist eigentlich der Hafenort für das 2 Mei¬
len südlicher gelegene Rostock, einer Stadt von 27,000 Einwohnern, welche der
größte deutsche Nhedereiplatz der Ostsee ist und in dieser Beziehung noch über
Danzig und Stettin steht, wie es auch durch seinen 420 Fuß hohen Petri-
thurm als eine 5 Meilen in See sichtbare Landmarke für die Seefahrer
einzig dasteht und poetische Gemüther an die Statue der Athene Polias im


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/20>, abgerufen am 30.06.2024.