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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Eckernförde. Außer diesen Hauptmarinestationen gälte es aber noch, die
geeigneten größeren Flußmündungen an unseren Küsten zur sicherer Auf¬
nahme kleinerer Fahrzeuge einzurichten und hier befestigte Marinedepots
anzulegen, wo die Schiffe ihre Vorräthe, namentlich ihre Kohlen ergänzen,
leichte Beschädigungen der Takelage unbehelligt ausbessern und wo Kano¬
nenboote vielleicht sogar aufgeschlippt werden könnten.

Solche befestigte Marinedepots anzulegen würde sich nun an den folgen¬
den Orten empfehlen. Zunächst wäre im äußersten Osten Memel mit sei¬
nen Befestigungen, welche den Eingangins kurischeHaff vertheidigen, zu nennen;
solche Befestigungen sind hier schon von Preußen auf seine eigene Hand be¬
gonnen und während des Nothstandes im letzten Winter durch 210 Arbeiter
fortgeführt worden, sodaß es nicht allzuviel Schwierigkeiten bieten würde,
Memel zu einem derartigen befestigten Marinedepot umzugestalten. Dasselbe
gälte demnächst von Pillau, dessen Befestigung gleichfalls bereits in An-
griff genommen worden ist und den Eingang ins frische Haff deckt, also
mittelbar Elbing und Königsberg schützt. Die Befestigungsarbeiten und
die Hafenbauten in Pillau, die im letzten Winter während des Nothstandes
trotz des Frostes 73 Arbeiter dauernd beschäftigten, dauern noch immer fort:
die Vordermole, aus Feldsteinen und Cement ausgeführt, wird bei 1800
Fuß Länge und bei 22 Fuß Breite in der Sohle, 10 Fuß auf der Krone
sowie bei 10 Fuß Höhe über dem Wasserspiegel etwa 300,000 Thlr. kosten
und im Ganzen voraussichtlich 3 Jahre Bauzeit in Anspruch nehmen. Der
frühere Ausfluß des frischen Haffs, das Lochstädter Tief, ist jetzt versandet,
sodaß die Eisenbahn von Pillau nach Königsberg darüber geht; statt dessen
ist ein neuer Hafen mit Leuchtthurm angelegt. Das nächste Marinedepot
wäre Neufahrwasser-Weichselmünde in Verbindung mit D an zi g und seiner
Werft, die jedenfalls im gegenwärtigen Umfang erhalten bleiben muß und
dann durch die Nähe der schützenden Station Oxhöfr an Werth gewänne.
Besonders lebhaft hat sich für die Handelsmarine wie für die kleineren Fahr¬
zeuge der Kriegsmarine immer der Wunsch nach einem Sicherheitshafen nahe
der kassubischen Spitze von Pommern (Becher-Hoofd) geltend gemacht, und
man hat deshalb vorgeschlagen bei dem Küstenörtchen Leba am gleichnami¬
gen Küstenfluß, welcher sich westlich der Stadt zum 30,000 Morgen großen
Lebasee erweitert, einen Nothhafen anzulegen. Da indessen der Meile
lange Durchbruch vom Lebasee nach der Ostsee an der Mündung bis auf
3 Fuß versandet ist und jeder andere Durchstich einer gleichen Versandung
ausgesetzt wäre, so hat man projectirt, den östlich von Leba gelegenen
Sarbskersee hierzu zu benutzen, der 1 Meile lang, V" Meile breit ist und
sehr wenig Zuflüsse enthält, also in sehr geringem Grade der Ablagerung
von Sinkstoffen ausgesetzt ist. Ein Durchstich nach der See würde nur 1000


Grenzboten III. 1868. Z

Eckernförde. Außer diesen Hauptmarinestationen gälte es aber noch, die
geeigneten größeren Flußmündungen an unseren Küsten zur sicherer Auf¬
nahme kleinerer Fahrzeuge einzurichten und hier befestigte Marinedepots
anzulegen, wo die Schiffe ihre Vorräthe, namentlich ihre Kohlen ergänzen,
leichte Beschädigungen der Takelage unbehelligt ausbessern und wo Kano¬
nenboote vielleicht sogar aufgeschlippt werden könnten.

Solche befestigte Marinedepots anzulegen würde sich nun an den folgen¬
den Orten empfehlen. Zunächst wäre im äußersten Osten Memel mit sei¬
nen Befestigungen, welche den Eingangins kurischeHaff vertheidigen, zu nennen;
solche Befestigungen sind hier schon von Preußen auf seine eigene Hand be¬
gonnen und während des Nothstandes im letzten Winter durch 210 Arbeiter
fortgeführt worden, sodaß es nicht allzuviel Schwierigkeiten bieten würde,
Memel zu einem derartigen befestigten Marinedepot umzugestalten. Dasselbe
gälte demnächst von Pillau, dessen Befestigung gleichfalls bereits in An-
griff genommen worden ist und den Eingang ins frische Haff deckt, also
mittelbar Elbing und Königsberg schützt. Die Befestigungsarbeiten und
die Hafenbauten in Pillau, die im letzten Winter während des Nothstandes
trotz des Frostes 73 Arbeiter dauernd beschäftigten, dauern noch immer fort:
die Vordermole, aus Feldsteinen und Cement ausgeführt, wird bei 1800
Fuß Länge und bei 22 Fuß Breite in der Sohle, 10 Fuß auf der Krone
sowie bei 10 Fuß Höhe über dem Wasserspiegel etwa 300,000 Thlr. kosten
und im Ganzen voraussichtlich 3 Jahre Bauzeit in Anspruch nehmen. Der
frühere Ausfluß des frischen Haffs, das Lochstädter Tief, ist jetzt versandet,
sodaß die Eisenbahn von Pillau nach Königsberg darüber geht; statt dessen
ist ein neuer Hafen mit Leuchtthurm angelegt. Das nächste Marinedepot
wäre Neufahrwasser-Weichselmünde in Verbindung mit D an zi g und seiner
Werft, die jedenfalls im gegenwärtigen Umfang erhalten bleiben muß und
dann durch die Nähe der schützenden Station Oxhöfr an Werth gewänne.
Besonders lebhaft hat sich für die Handelsmarine wie für die kleineren Fahr¬
zeuge der Kriegsmarine immer der Wunsch nach einem Sicherheitshafen nahe
der kassubischen Spitze von Pommern (Becher-Hoofd) geltend gemacht, und
man hat deshalb vorgeschlagen bei dem Küstenörtchen Leba am gleichnami¬
gen Küstenfluß, welcher sich westlich der Stadt zum 30,000 Morgen großen
Lebasee erweitert, einen Nothhafen anzulegen. Da indessen der Meile
lange Durchbruch vom Lebasee nach der Ostsee an der Mündung bis auf
3 Fuß versandet ist und jeder andere Durchstich einer gleichen Versandung
ausgesetzt wäre, so hat man projectirt, den östlich von Leba gelegenen
Sarbskersee hierzu zu benutzen, der 1 Meile lang, V« Meile breit ist und
sehr wenig Zuflüsse enthält, also in sehr geringem Grade der Ablagerung
von Sinkstoffen ausgesetzt ist. Ein Durchstich nach der See würde nur 1000


Grenzboten III. 1868. Z
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[0019] Eckernförde. Außer diesen Hauptmarinestationen gälte es aber noch, die geeigneten größeren Flußmündungen an unseren Küsten zur sicherer Auf¬ nahme kleinerer Fahrzeuge einzurichten und hier befestigte Marinedepots anzulegen, wo die Schiffe ihre Vorräthe, namentlich ihre Kohlen ergänzen, leichte Beschädigungen der Takelage unbehelligt ausbessern und wo Kano¬ nenboote vielleicht sogar aufgeschlippt werden könnten. Solche befestigte Marinedepots anzulegen würde sich nun an den folgen¬ den Orten empfehlen. Zunächst wäre im äußersten Osten Memel mit sei¬ nen Befestigungen, welche den Eingangins kurischeHaff vertheidigen, zu nennen; solche Befestigungen sind hier schon von Preußen auf seine eigene Hand be¬ gonnen und während des Nothstandes im letzten Winter durch 210 Arbeiter fortgeführt worden, sodaß es nicht allzuviel Schwierigkeiten bieten würde, Memel zu einem derartigen befestigten Marinedepot umzugestalten. Dasselbe gälte demnächst von Pillau, dessen Befestigung gleichfalls bereits in An- griff genommen worden ist und den Eingang ins frische Haff deckt, also mittelbar Elbing und Königsberg schützt. Die Befestigungsarbeiten und die Hafenbauten in Pillau, die im letzten Winter während des Nothstandes trotz des Frostes 73 Arbeiter dauernd beschäftigten, dauern noch immer fort: die Vordermole, aus Feldsteinen und Cement ausgeführt, wird bei 1800 Fuß Länge und bei 22 Fuß Breite in der Sohle, 10 Fuß auf der Krone sowie bei 10 Fuß Höhe über dem Wasserspiegel etwa 300,000 Thlr. kosten und im Ganzen voraussichtlich 3 Jahre Bauzeit in Anspruch nehmen. Der frühere Ausfluß des frischen Haffs, das Lochstädter Tief, ist jetzt versandet, sodaß die Eisenbahn von Pillau nach Königsberg darüber geht; statt dessen ist ein neuer Hafen mit Leuchtthurm angelegt. Das nächste Marinedepot wäre Neufahrwasser-Weichselmünde in Verbindung mit D an zi g und seiner Werft, die jedenfalls im gegenwärtigen Umfang erhalten bleiben muß und dann durch die Nähe der schützenden Station Oxhöfr an Werth gewänne. Besonders lebhaft hat sich für die Handelsmarine wie für die kleineren Fahr¬ zeuge der Kriegsmarine immer der Wunsch nach einem Sicherheitshafen nahe der kassubischen Spitze von Pommern (Becher-Hoofd) geltend gemacht, und man hat deshalb vorgeschlagen bei dem Küstenörtchen Leba am gleichnami¬ gen Küstenfluß, welcher sich westlich der Stadt zum 30,000 Morgen großen Lebasee erweitert, einen Nothhafen anzulegen. Da indessen der Meile lange Durchbruch vom Lebasee nach der Ostsee an der Mündung bis auf 3 Fuß versandet ist und jeder andere Durchstich einer gleichen Versandung ausgesetzt wäre, so hat man projectirt, den östlich von Leba gelegenen Sarbskersee hierzu zu benutzen, der 1 Meile lang, V« Meile breit ist und sehr wenig Zuflüsse enthält, also in sehr geringem Grade der Ablagerung von Sinkstoffen ausgesetzt ist. Ein Durchstich nach der See würde nur 1000 Grenzboten III. 1868. Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/19>, abgerufen am 30.06.2024.