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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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als der moderne die bunten Zeuge und den Glasperlenschmuck für den
Negerhandel.

Allerdings läßt sich erwarten, daß auch in Griechenland und in
Athen selbst, in den Zweigen der Kunst, welche hauptsächlich dem Schmuck
dienen, die wechselnde Mode nicht ohne Einfluß geblieben sei. Indessen darf
man dabei das feinere Kunstgefühl nicht außer Acht lassen, welches den
Griechen unveräußerlich innewohnte und sie schwerlich der absoluten Herr¬
schaft der Laune und Willkür Preis gegeben hat. Dazu kam, daß weder so
bedeutende Reichthümer bei ihnen häufig zu finden waren, wie sie erforder¬
lich sind, um die Kunst der Mode unterzuordnen, noch die Richtung vor¬
herrschte, die Kunst dem Luxus des Privatlebens dienstbar zu machen.
Die Auffassung der bildenden Kunst als einer dem Wesen nach öffentlichen
war und blieb in Griechenland durchaus die herrschende. Dies sicherte ihr,
mochte sie in Beziehung zum Heiligen treten, oder sonst ein öffentliches In¬
teresse befriedigen, den Charakter einer monumentalen Kunst, und wiewohl
auch hierauf die Strömungen der Zeit und individuellen Verhältnisse nicht
ohne Einfluß blieben, so ist doch der von eigentlich modischen Wesen sehr
verschieden. Man darf wohl annehmen, daß während der Diadochenzeit
die Kunst nach dieser Seite manchen Schritt that. Die Mittel vermehrten
sich ins Ungeheure, der Kreis reicher Liebhaber, welche Künstler beschäftigen
konnten und mochten, mußte sich außerordentlich erweitern, die Menge der
Künstler, welche geschickt und bereit waren, alle Wünsche zu befriedigen, war sehr
groß. Indessen mangeln uns Nachrichten, welche derartige Erscheinungen klar
und bestimmt erkennen lassen. Wir erfahren, daß die Fürsten unglaubliche
Summen verwenden um ihre Städte, Tempel und Paläste mit allen Mitteln
der Kunst verschwenderisch auszustatten und ihren Festlichkeiten auch durch
die Künstler einen luxuriösen Glanz zu verleihen. Allein auch hier bewahrt
die Kunst immer noch einen vorwiegend monumentalen Charakter, und wenn
auch der Geschmack des Einzelnen, der die Kunst in seinen Sold nahm, für
die Ausführung in ganz anderer Weise maßgebend werden konnte, als dies
früher geschah, so war das noch immer kein Einfluß der Mode. Diese würde
voraussetzen, daß das Beispiel des Hofes in der bestimmten, von diesem be¬
folgten Weise und Richtung, auch in weiteren Kreisen Nachahmung gefun¬
den und auf eine Zeitlang eine allgemeine Uebereinstimmung auch in den nur
durch Willkür bestimmten Erscheinungen hervorgerufen habe. Dies aber läßt
sich nicht mit Sicherheit erweisen, wenn es auch bis zu einem gewissen Grade
wahrscheinlich ist. Zu den eigentlichen Luxuskünsten gehörte die Arbeit in
edlen Metallen (Toreutik, Cälatur). Sie war im Orient heimisch und
wir hören früh von goldenen Platanen, Rebstöcken und ähnlichen Pracht¬
stücken im Schatze des großen Königs. In Griechenland wurde sie beson-


als der moderne die bunten Zeuge und den Glasperlenschmuck für den
Negerhandel.

Allerdings läßt sich erwarten, daß auch in Griechenland und in
Athen selbst, in den Zweigen der Kunst, welche hauptsächlich dem Schmuck
dienen, die wechselnde Mode nicht ohne Einfluß geblieben sei. Indessen darf
man dabei das feinere Kunstgefühl nicht außer Acht lassen, welches den
Griechen unveräußerlich innewohnte und sie schwerlich der absoluten Herr¬
schaft der Laune und Willkür Preis gegeben hat. Dazu kam, daß weder so
bedeutende Reichthümer bei ihnen häufig zu finden waren, wie sie erforder¬
lich sind, um die Kunst der Mode unterzuordnen, noch die Richtung vor¬
herrschte, die Kunst dem Luxus des Privatlebens dienstbar zu machen.
Die Auffassung der bildenden Kunst als einer dem Wesen nach öffentlichen
war und blieb in Griechenland durchaus die herrschende. Dies sicherte ihr,
mochte sie in Beziehung zum Heiligen treten, oder sonst ein öffentliches In¬
teresse befriedigen, den Charakter einer monumentalen Kunst, und wiewohl
auch hierauf die Strömungen der Zeit und individuellen Verhältnisse nicht
ohne Einfluß blieben, so ist doch der von eigentlich modischen Wesen sehr
verschieden. Man darf wohl annehmen, daß während der Diadochenzeit
die Kunst nach dieser Seite manchen Schritt that. Die Mittel vermehrten
sich ins Ungeheure, der Kreis reicher Liebhaber, welche Künstler beschäftigen
konnten und mochten, mußte sich außerordentlich erweitern, die Menge der
Künstler, welche geschickt und bereit waren, alle Wünsche zu befriedigen, war sehr
groß. Indessen mangeln uns Nachrichten, welche derartige Erscheinungen klar
und bestimmt erkennen lassen. Wir erfahren, daß die Fürsten unglaubliche
Summen verwenden um ihre Städte, Tempel und Paläste mit allen Mitteln
der Kunst verschwenderisch auszustatten und ihren Festlichkeiten auch durch
die Künstler einen luxuriösen Glanz zu verleihen. Allein auch hier bewahrt
die Kunst immer noch einen vorwiegend monumentalen Charakter, und wenn
auch der Geschmack des Einzelnen, der die Kunst in seinen Sold nahm, für
die Ausführung in ganz anderer Weise maßgebend werden konnte, als dies
früher geschah, so war das noch immer kein Einfluß der Mode. Diese würde
voraussetzen, daß das Beispiel des Hofes in der bestimmten, von diesem be¬
folgten Weise und Richtung, auch in weiteren Kreisen Nachahmung gefun¬
den und auf eine Zeitlang eine allgemeine Uebereinstimmung auch in den nur
durch Willkür bestimmten Erscheinungen hervorgerufen habe. Dies aber läßt
sich nicht mit Sicherheit erweisen, wenn es auch bis zu einem gewissen Grade
wahrscheinlich ist. Zu den eigentlichen Luxuskünsten gehörte die Arbeit in
edlen Metallen (Toreutik, Cälatur). Sie war im Orient heimisch und
wir hören früh von goldenen Platanen, Rebstöcken und ähnlichen Pracht¬
stücken im Schatze des großen Königs. In Griechenland wurde sie beson-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/191>, abgerufen am 02.07.2024.