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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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punger in Deutschland haben gelehrt, daß Erzgeräth wie es aus den etrus-
kischen Gräbern hervorgeht, durch den Handel auch nach Norden verführt
wurde, Muster für das etruskische Fabrikat waren aus Griechenland impor-
' tiree Erzeugnisse des Kunsthandwerks; an diesen hielt man unverbrüchlich fest
und während in Griechenland die Kunst ganz andere Richtungen einschlug,
bewahrten die Werke der etruskischen Bronzearbeit den Stempel der alten
Kunst. Als daher in Rom schon seit Augustus die Ansicht geltend wurde,
daß nur die Kunst früherer Zeiten Werth und Bedeutung hätte, fehlte es
natürlich auch an Liebhabern der alten Kunst nicht, und etruskisches Bronze-
geräth, namentlich etruskische Bronzefigürchen waren besonders beliebt als
Vertreter dieser Gattung, wahrscheinlich auch deshalb, weil sie am leichtesten
zu beschaffen waren. Auch jetzt sind sie in unseren Sammlungen nicht selten,
während griechische alte Bronzen eine große Seltenheit sind; das Verhältniß
wird wahrscheinlich in Rom ganz ähnlich gewesen sein. Es ist aber schwer¬
lich anzunehmen, daß in Etrurien die Fabrikation ganz still gestanden habe,
wenn in Rom und sonst starke Nachfrage war. Im griechischen Kunst-
handwerk finden wir dieselbe Erscheinung bei den bemalten Vasen. Es
ist gar kein Zweifel, daß die Malerei mit schwarzen Figuren auf Hellem
Grunde beibehalten wurde, nachdem die rothen Figuren aus schwarzem Grunde
schon in Uebung waren, nicht etwa nur in einer Uebergangszeit schwankender
Technik, sondern neben der vollständig entwickelten neueren Weise her. Wenn
dies in Athen bei den panathenäischen Preisgefäßen geschah, hatte es
seinen Grund darin, daß es sich um 'einen angesehenen Stempel handelte,
der die Waare kenntlich machte, wie die Athener ihr alterthümliches, hä߬
liches Münzgepräge festhielten, als man anderswo wunderschöne Münzen
prägte, weil ihr Geld einmal guten Cours hatte. Uebrigens richteten sich
die Fabrikanten nach dem Geschmack ihrer Kunden, dessen Wandlungen wir
nach den einzelnen Localitäten noch verfolgen können. In Unteritalien,
in Cyrene, am Pontus, wohin der Vasenexport spät begann, als die
elegante, luxuriöse Malerei an der Tagesordnung war, hat die alterthümelnde
Technik keinen Beifall mehr gefunden; in Sicilien. wohl auch in Cam°
parler, waren Vasen mit schwarzen Figuren angesehen zu ihrer Zeit,
während ein ausgedehnter Vertrieb derselben zur Zeit der freien Kunstübung
nicht Statt gefunden zu haben scheint. In Etrurien dagegen hielt man
an der Liebhaberei für alterthümliche Vasen fest, und hier macht die Masse
wirklich alter Vasen es klar, wie man später aus mehr als eine Art, oft mit
viel Sorgfalt und Fleiß, fast immer mit Uebertreibung sich bemühte, die
alterthümliche Weise recht augenscheinlich darzustellen. Manches Product der
Art mag der attische Fabrikant kaum mit anderen Augen angesehen haben.


punger in Deutschland haben gelehrt, daß Erzgeräth wie es aus den etrus-
kischen Gräbern hervorgeht, durch den Handel auch nach Norden verführt
wurde, Muster für das etruskische Fabrikat waren aus Griechenland impor-
' tiree Erzeugnisse des Kunsthandwerks; an diesen hielt man unverbrüchlich fest
und während in Griechenland die Kunst ganz andere Richtungen einschlug,
bewahrten die Werke der etruskischen Bronzearbeit den Stempel der alten
Kunst. Als daher in Rom schon seit Augustus die Ansicht geltend wurde,
daß nur die Kunst früherer Zeiten Werth und Bedeutung hätte, fehlte es
natürlich auch an Liebhabern der alten Kunst nicht, und etruskisches Bronze-
geräth, namentlich etruskische Bronzefigürchen waren besonders beliebt als
Vertreter dieser Gattung, wahrscheinlich auch deshalb, weil sie am leichtesten
zu beschaffen waren. Auch jetzt sind sie in unseren Sammlungen nicht selten,
während griechische alte Bronzen eine große Seltenheit sind; das Verhältniß
wird wahrscheinlich in Rom ganz ähnlich gewesen sein. Es ist aber schwer¬
lich anzunehmen, daß in Etrurien die Fabrikation ganz still gestanden habe,
wenn in Rom und sonst starke Nachfrage war. Im griechischen Kunst-
handwerk finden wir dieselbe Erscheinung bei den bemalten Vasen. Es
ist gar kein Zweifel, daß die Malerei mit schwarzen Figuren auf Hellem
Grunde beibehalten wurde, nachdem die rothen Figuren aus schwarzem Grunde
schon in Uebung waren, nicht etwa nur in einer Uebergangszeit schwankender
Technik, sondern neben der vollständig entwickelten neueren Weise her. Wenn
dies in Athen bei den panathenäischen Preisgefäßen geschah, hatte es
seinen Grund darin, daß es sich um 'einen angesehenen Stempel handelte,
der die Waare kenntlich machte, wie die Athener ihr alterthümliches, hä߬
liches Münzgepräge festhielten, als man anderswo wunderschöne Münzen
prägte, weil ihr Geld einmal guten Cours hatte. Uebrigens richteten sich
die Fabrikanten nach dem Geschmack ihrer Kunden, dessen Wandlungen wir
nach den einzelnen Localitäten noch verfolgen können. In Unteritalien,
in Cyrene, am Pontus, wohin der Vasenexport spät begann, als die
elegante, luxuriöse Malerei an der Tagesordnung war, hat die alterthümelnde
Technik keinen Beifall mehr gefunden; in Sicilien. wohl auch in Cam°
parler, waren Vasen mit schwarzen Figuren angesehen zu ihrer Zeit,
während ein ausgedehnter Vertrieb derselben zur Zeit der freien Kunstübung
nicht Statt gefunden zu haben scheint. In Etrurien dagegen hielt man
an der Liebhaberei für alterthümliche Vasen fest, und hier macht die Masse
wirklich alter Vasen es klar, wie man später aus mehr als eine Art, oft mit
viel Sorgfalt und Fleiß, fast immer mit Uebertreibung sich bemühte, die
alterthümliche Weise recht augenscheinlich darzustellen. Manches Product der
Art mag der attische Fabrikant kaum mit anderen Augen angesehen haben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/190>, abgerufen am 02.07.2024.