Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Braunen Berge*) hat man auch mit richtigem Blick als denjenigen
Punkt erkannt, wo außer den erwähnten 12 schweren Geschützen, Krupps
1100 Pfänder, der auf der vorjährigen Pariser Ausstellung so viel Aufsehen
machte und nachher vom Fabrikanten dem König von Preußen geschenkt
wurde, am passendsten seinen Platz finden und am meisten wird leisten
können.

Da diese Kanone als Geschütz für Küstenvertheidigung einzig in ihrer
Art dasteht, sind unsern Lesern vielleicht einige genauere Notizen darüber er.
wünscht. Es'ist überhaupt bei Weitem das größte welches existirt. Das
eigentliche Centralrohr ist von ausgeschmiedetem Gußstahl hergestellt,
und wiegt 400 Centner: dagegen betrug das ursprüngliche Gewicht des
Gußstücks, aus welchem dieses Rohr geformt worden ist. nicht weniger als
840 Cent., sodaß über hundert Procent Metall durch die Bearbeitung ver¬
loren gegangen sind. Das Rohr ist durch drei übereinandergetriebene
Stahlringe von nach außen abnehmender Länge verstärkt, sodaß es in der
Gegend der Pulverzündung am stärksten ist. Der äußerste dieser Ringe trägt
die Schildzapfen, mittelst deren das Geschütz in der Lafette hängt, und alle drei
Ringe, aus massiven Gußstahlplatten ohne Schweißung hergestellt, haben
das Gewicht von 30 Tons, sodaß das ganze Rohr 1000 Centner wiegt;
das schwerste englische Geschütz, der schmiedeeiserne Armstrong 600Pfünder,
hat trotz der größeren Leichtigkeit des gleichstarken Gußstahls nur 22'/2 Tons.
Die einzelnen Theile des Niesengeschützes sind sämmtlich unter dem 1000
Centner schweren Dampfhammer, dem größten der Welt, gehämmert, welchen
Krupp sich mit einem Kostenaufwand von 600,000 Thlr. in Essen construirt
hat. Die Lafette ist ebenfalls von Stahl gemacht, und wiegt 300 Centner:
sie findet auf einer S00 Cent, schweren stählernen Drehscheibe die in Paris aus
Mangel an Raum nicht mit ausgestellt war. ihren Platz. Die Herstellung
dieses Geschützes hat eine bei Tag und Nacht ununterbrochene Arbeit von
16 Monaten erfordert und der Preis incl. Lafette und Drehscheibe beläuft
sich auf 145,000 Thlr.. wovon 103.000 Thlr. allein auf das Rohr kommen.
(Für den Transport nach Paris mußte ein eigener Eisenbahnwagen aus
Eisen und Stahl construirt werden, welcher auf 6 paar Rädern läuft und
leer 464 Centner wiegt: die Nothwendigkeit einer so schweren localen Sub-
struction, auf die wir schon früher gelegentlich der Thurmschiffe hinwiesen,
macht solche Geschütze auf Schiffen nicht leicht anwendbar.) Das Ge¬
schützrohr hat' bei seinen 1000 Centnern Gewicht 210V" Zoll Länge, da
wegen eines Gußfehlers der vordere Theil, der ursprünglich länger sein sollte,



") Die Lage aller bisher genannten Punkte kann sich der Leser leicht mittelst der sehr
hübschen Ueberflchtskarte über die Kieler Föhrde und des Planes von Kiel die sich in Bci-
deckcrs Reisehandbuch für Norddeutschland S. S2 befinden, veranschaulichen.

dem Braunen Berge*) hat man auch mit richtigem Blick als denjenigen
Punkt erkannt, wo außer den erwähnten 12 schweren Geschützen, Krupps
1100 Pfänder, der auf der vorjährigen Pariser Ausstellung so viel Aufsehen
machte und nachher vom Fabrikanten dem König von Preußen geschenkt
wurde, am passendsten seinen Platz finden und am meisten wird leisten
können.

Da diese Kanone als Geschütz für Küstenvertheidigung einzig in ihrer
Art dasteht, sind unsern Lesern vielleicht einige genauere Notizen darüber er.
wünscht. Es'ist überhaupt bei Weitem das größte welches existirt. Das
eigentliche Centralrohr ist von ausgeschmiedetem Gußstahl hergestellt,
und wiegt 400 Centner: dagegen betrug das ursprüngliche Gewicht des
Gußstücks, aus welchem dieses Rohr geformt worden ist. nicht weniger als
840 Cent., sodaß über hundert Procent Metall durch die Bearbeitung ver¬
loren gegangen sind. Das Rohr ist durch drei übereinandergetriebene
Stahlringe von nach außen abnehmender Länge verstärkt, sodaß es in der
Gegend der Pulverzündung am stärksten ist. Der äußerste dieser Ringe trägt
die Schildzapfen, mittelst deren das Geschütz in der Lafette hängt, und alle drei
Ringe, aus massiven Gußstahlplatten ohne Schweißung hergestellt, haben
das Gewicht von 30 Tons, sodaß das ganze Rohr 1000 Centner wiegt;
das schwerste englische Geschütz, der schmiedeeiserne Armstrong 600Pfünder,
hat trotz der größeren Leichtigkeit des gleichstarken Gußstahls nur 22'/2 Tons.
Die einzelnen Theile des Niesengeschützes sind sämmtlich unter dem 1000
Centner schweren Dampfhammer, dem größten der Welt, gehämmert, welchen
Krupp sich mit einem Kostenaufwand von 600,000 Thlr. in Essen construirt
hat. Die Lafette ist ebenfalls von Stahl gemacht, und wiegt 300 Centner:
sie findet auf einer S00 Cent, schweren stählernen Drehscheibe die in Paris aus
Mangel an Raum nicht mit ausgestellt war. ihren Platz. Die Herstellung
dieses Geschützes hat eine bei Tag und Nacht ununterbrochene Arbeit von
16 Monaten erfordert und der Preis incl. Lafette und Drehscheibe beläuft
sich auf 145,000 Thlr.. wovon 103.000 Thlr. allein auf das Rohr kommen.
(Für den Transport nach Paris mußte ein eigener Eisenbahnwagen aus
Eisen und Stahl construirt werden, welcher auf 6 paar Rädern läuft und
leer 464 Centner wiegt: die Nothwendigkeit einer so schweren localen Sub-
struction, auf die wir schon früher gelegentlich der Thurmschiffe hinwiesen,
macht solche Geschütze auf Schiffen nicht leicht anwendbar.) Das Ge¬
schützrohr hat' bei seinen 1000 Centnern Gewicht 210V» Zoll Länge, da
wegen eines Gußfehlers der vordere Theil, der ursprünglich länger sein sollte,



") Die Lage aller bisher genannten Punkte kann sich der Leser leicht mittelst der sehr
hübschen Ueberflchtskarte über die Kieler Föhrde und des Planes von Kiel die sich in Bci-
deckcrs Reisehandbuch für Norddeutschland S. S2 befinden, veranschaulichen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0154" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286866"/>
            <p xml:id="ID_392" prev="#ID_391"> dem Braunen Berge*) hat man auch mit richtigem Blick als denjenigen<lb/>
Punkt erkannt, wo außer den erwähnten 12 schweren Geschützen, Krupps<lb/>
1100 Pfänder, der auf der vorjährigen Pariser Ausstellung so viel Aufsehen<lb/>
machte und nachher vom Fabrikanten dem König von Preußen geschenkt<lb/>
wurde, am passendsten seinen Platz finden und am meisten wird leisten<lb/>
können.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_393" next="#ID_394"> Da diese Kanone als Geschütz für Küstenvertheidigung einzig in ihrer<lb/>
Art dasteht, sind unsern Lesern vielleicht einige genauere Notizen darüber er.<lb/>
wünscht. Es'ist überhaupt bei Weitem das größte welches existirt. Das<lb/>
eigentliche Centralrohr ist von ausgeschmiedetem Gußstahl hergestellt,<lb/>
und wiegt 400 Centner: dagegen betrug das ursprüngliche Gewicht des<lb/>
Gußstücks, aus welchem dieses Rohr geformt worden ist. nicht weniger als<lb/>
840 Cent., sodaß über hundert Procent Metall durch die Bearbeitung ver¬<lb/>
loren gegangen sind. Das Rohr ist durch drei übereinandergetriebene<lb/>
Stahlringe von nach außen abnehmender Länge verstärkt, sodaß es in der<lb/>
Gegend der Pulverzündung am stärksten ist. Der äußerste dieser Ringe trägt<lb/>
die Schildzapfen, mittelst deren das Geschütz in der Lafette hängt, und alle drei<lb/>
Ringe, aus massiven Gußstahlplatten ohne Schweißung hergestellt, haben<lb/>
das Gewicht von 30 Tons, sodaß das ganze Rohr 1000 Centner wiegt;<lb/>
das schwerste englische Geschütz, der schmiedeeiserne Armstrong 600Pfünder,<lb/>
hat trotz der größeren Leichtigkeit des gleichstarken Gußstahls nur 22'/2 Tons.<lb/>
Die einzelnen Theile des Niesengeschützes sind sämmtlich unter dem 1000<lb/>
Centner schweren Dampfhammer, dem größten der Welt, gehämmert, welchen<lb/>
Krupp sich mit einem Kostenaufwand von 600,000 Thlr. in Essen construirt<lb/>
hat. Die Lafette ist ebenfalls von Stahl gemacht, und wiegt 300 Centner:<lb/>
sie findet auf einer S00 Cent, schweren stählernen Drehscheibe die in Paris aus<lb/>
Mangel an Raum nicht mit ausgestellt war. ihren Platz. Die Herstellung<lb/>
dieses Geschützes hat eine bei Tag und Nacht ununterbrochene Arbeit von<lb/>
16 Monaten erfordert und der Preis incl. Lafette und Drehscheibe beläuft<lb/>
sich auf 145,000 Thlr.. wovon 103.000 Thlr. allein auf das Rohr kommen.<lb/>
(Für den Transport nach Paris mußte ein eigener Eisenbahnwagen aus<lb/>
Eisen und Stahl construirt werden, welcher auf 6 paar Rädern läuft und<lb/>
leer 464 Centner wiegt: die Nothwendigkeit einer so schweren localen Sub-<lb/>
struction, auf die wir schon früher gelegentlich der Thurmschiffe hinwiesen,<lb/>
macht solche Geschütze auf Schiffen nicht leicht anwendbar.) Das Ge¬<lb/>
schützrohr hat' bei seinen 1000 Centnern Gewicht 210V» Zoll Länge, da<lb/>
wegen eines Gußfehlers der vordere Theil, der ursprünglich länger sein sollte,</p><lb/>
            <note xml:id="FID_5" place="foot"> ") Die Lage aller bisher genannten Punkte kann sich der Leser leicht mittelst der sehr<lb/>
hübschen Ueberflchtskarte über die Kieler Föhrde und des Planes von Kiel die sich in Bci-<lb/>
deckcrs Reisehandbuch für Norddeutschland S. S2 befinden, veranschaulichen.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0154] dem Braunen Berge*) hat man auch mit richtigem Blick als denjenigen Punkt erkannt, wo außer den erwähnten 12 schweren Geschützen, Krupps 1100 Pfänder, der auf der vorjährigen Pariser Ausstellung so viel Aufsehen machte und nachher vom Fabrikanten dem König von Preußen geschenkt wurde, am passendsten seinen Platz finden und am meisten wird leisten können. Da diese Kanone als Geschütz für Küstenvertheidigung einzig in ihrer Art dasteht, sind unsern Lesern vielleicht einige genauere Notizen darüber er. wünscht. Es'ist überhaupt bei Weitem das größte welches existirt. Das eigentliche Centralrohr ist von ausgeschmiedetem Gußstahl hergestellt, und wiegt 400 Centner: dagegen betrug das ursprüngliche Gewicht des Gußstücks, aus welchem dieses Rohr geformt worden ist. nicht weniger als 840 Cent., sodaß über hundert Procent Metall durch die Bearbeitung ver¬ loren gegangen sind. Das Rohr ist durch drei übereinandergetriebene Stahlringe von nach außen abnehmender Länge verstärkt, sodaß es in der Gegend der Pulverzündung am stärksten ist. Der äußerste dieser Ringe trägt die Schildzapfen, mittelst deren das Geschütz in der Lafette hängt, und alle drei Ringe, aus massiven Gußstahlplatten ohne Schweißung hergestellt, haben das Gewicht von 30 Tons, sodaß das ganze Rohr 1000 Centner wiegt; das schwerste englische Geschütz, der schmiedeeiserne Armstrong 600Pfünder, hat trotz der größeren Leichtigkeit des gleichstarken Gußstahls nur 22'/2 Tons. Die einzelnen Theile des Niesengeschützes sind sämmtlich unter dem 1000 Centner schweren Dampfhammer, dem größten der Welt, gehämmert, welchen Krupp sich mit einem Kostenaufwand von 600,000 Thlr. in Essen construirt hat. Die Lafette ist ebenfalls von Stahl gemacht, und wiegt 300 Centner: sie findet auf einer S00 Cent, schweren stählernen Drehscheibe die in Paris aus Mangel an Raum nicht mit ausgestellt war. ihren Platz. Die Herstellung dieses Geschützes hat eine bei Tag und Nacht ununterbrochene Arbeit von 16 Monaten erfordert und der Preis incl. Lafette und Drehscheibe beläuft sich auf 145,000 Thlr.. wovon 103.000 Thlr. allein auf das Rohr kommen. (Für den Transport nach Paris mußte ein eigener Eisenbahnwagen aus Eisen und Stahl construirt werden, welcher auf 6 paar Rädern läuft und leer 464 Centner wiegt: die Nothwendigkeit einer so schweren localen Sub- struction, auf die wir schon früher gelegentlich der Thurmschiffe hinwiesen, macht solche Geschütze auf Schiffen nicht leicht anwendbar.) Das Ge¬ schützrohr hat' bei seinen 1000 Centnern Gewicht 210V» Zoll Länge, da wegen eines Gußfehlers der vordere Theil, der ursprünglich länger sein sollte, ") Die Lage aller bisher genannten Punkte kann sich der Leser leicht mittelst der sehr hübschen Ueberflchtskarte über die Kieler Föhrde und des Planes von Kiel die sich in Bci- deckcrs Reisehandbuch für Norddeutschland S. S2 befinden, veranschaulichen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/154
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/154>, abgerufen am 02.07.2024.