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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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reihen, und hoch streben aus den schönen Körpern die mächtigen stolzen
Masten mit ihrem Stengengewirr empor. Besonders reizend ist dieser Anblick
in der Pfingstzeit, wenn unsere schönen Schraubencorvetten auf den Stocken,
den Enden der Raaen, ihrer schlanken Takelage Maien aufgepflanzt haben,
junge Birkenbäume, die aus der Höhe wie riesige Sträuße von den Zwei¬
gen eines Christbaums festlich hernieder winken. Unter diesen in Dienst ge¬
stellten Schiffen, die also stets fast vollständige Aasrüstung haben, pflegt
namentlich diejenige Fregatte ins Auge zu fallen, die als Flaggschiff des
Hafenadmirals und Stationschefs die kleine weiße, von eisernen Kreuzen ge¬
theilte Commandoflagge am Kreuztop führt und vor Sonnenuntergang beim
Streichen der Flagge den donnernden Abendschuß abgibt. Die anderen ab-
gerüsteteten d. h. außer Dienst gestellten Schiffe dagegen, welche wir zuerst
erwähnten, haben weder Geschütz noch Bemannung, noch Vorräthe an
Bord, und ebenso ist ihre Takelage abgenommen, sodaß blos noch die kahlen
Untermasten, die blosen Stumpfen mit den Marsen stehen geblieben sind,
von Stengen, Raaen, Segeln oder Tauen aber nichts mehr zu sehen ist.

Noch ein ganzes Stück hinter der Reihe der Kriegsschiffe führt unsere
Allee im Laubgewölbe zwischen Berg und Meer mit steten Durchblicken auf
das letztere dahin: dann öffnet sich eine freiere Lichtung und zeigt uns die
reizenden Anlagen und die niedlichen Häuschen von Düsternbrook.

Das linke Ufer hebt sich mächtig und fällt trotz reicher Laubholzbeklei¬
dung steil zur Föhrde hinab. Da, wo es bei einer bedeutenden Erweiterung
der Föhrde nach links hin plötzlich zurücktritt, liegt auf dem Vorsprung und
zugleich auf einer der höchsten Höhen Bellevue, der berühmte Aus¬
sichtspunkt, dessen Giebel aus dichtem Laubwald aufsteigend einige hundert
Fuß hoch über den Gewässern der Föhrde hängt, und letzthin den Abgeord¬
neten des Zollparlaments so gastliche Aufnahme gewährte. Von hier aus
tritt, wie erwähnt, das Land immer weiter zurück wie eine gewaltige Bucht
in weitem Halbkreis, sodaß die Breite der Föhrde außerordentlich zunimmt,
und im fernsten Hintergrunde, in der Nähe von Hollen an, von welchem
unten eingehender die Rede sein wird, nimmt dann die Föhrde die Mündung
des (1777--1784 gegrabenen) Eidercan als auf, der, allerdings nur für
kleine Fahrzeuge von 8--9 Fuß Tiefgang schiffbar und 4'/- Meilen lang, von
hier nach Rendsburg führt, um dann durch die Eider, die Ostsee mit der Nord¬
see zu verbinden. Freilich kann er auch wegen seiner unsicheren westlichen
Einfahrt zwischen den fortwährend wechselnden Sandbänken und Untiefen vor
Tönning nie als vollkommene Verbindung beider Meere gelten, und ein
ordentlicher Nordostseecanal zwischen der Elbmündung und einer Ostseebucht
bleibt deshalb immer noch nöthig.

Erst am Ende der Föhrde tritt das linke Ufer wieder mehr an das


reihen, und hoch streben aus den schönen Körpern die mächtigen stolzen
Masten mit ihrem Stengengewirr empor. Besonders reizend ist dieser Anblick
in der Pfingstzeit, wenn unsere schönen Schraubencorvetten auf den Stocken,
den Enden der Raaen, ihrer schlanken Takelage Maien aufgepflanzt haben,
junge Birkenbäume, die aus der Höhe wie riesige Sträuße von den Zwei¬
gen eines Christbaums festlich hernieder winken. Unter diesen in Dienst ge¬
stellten Schiffen, die also stets fast vollständige Aasrüstung haben, pflegt
namentlich diejenige Fregatte ins Auge zu fallen, die als Flaggschiff des
Hafenadmirals und Stationschefs die kleine weiße, von eisernen Kreuzen ge¬
theilte Commandoflagge am Kreuztop führt und vor Sonnenuntergang beim
Streichen der Flagge den donnernden Abendschuß abgibt. Die anderen ab-
gerüsteteten d. h. außer Dienst gestellten Schiffe dagegen, welche wir zuerst
erwähnten, haben weder Geschütz noch Bemannung, noch Vorräthe an
Bord, und ebenso ist ihre Takelage abgenommen, sodaß blos noch die kahlen
Untermasten, die blosen Stumpfen mit den Marsen stehen geblieben sind,
von Stengen, Raaen, Segeln oder Tauen aber nichts mehr zu sehen ist.

Noch ein ganzes Stück hinter der Reihe der Kriegsschiffe führt unsere
Allee im Laubgewölbe zwischen Berg und Meer mit steten Durchblicken auf
das letztere dahin: dann öffnet sich eine freiere Lichtung und zeigt uns die
reizenden Anlagen und die niedlichen Häuschen von Düsternbrook.

Das linke Ufer hebt sich mächtig und fällt trotz reicher Laubholzbeklei¬
dung steil zur Föhrde hinab. Da, wo es bei einer bedeutenden Erweiterung
der Föhrde nach links hin plötzlich zurücktritt, liegt auf dem Vorsprung und
zugleich auf einer der höchsten Höhen Bellevue, der berühmte Aus¬
sichtspunkt, dessen Giebel aus dichtem Laubwald aufsteigend einige hundert
Fuß hoch über den Gewässern der Föhrde hängt, und letzthin den Abgeord¬
neten des Zollparlaments so gastliche Aufnahme gewährte. Von hier aus
tritt, wie erwähnt, das Land immer weiter zurück wie eine gewaltige Bucht
in weitem Halbkreis, sodaß die Breite der Föhrde außerordentlich zunimmt,
und im fernsten Hintergrunde, in der Nähe von Hollen an, von welchem
unten eingehender die Rede sein wird, nimmt dann die Föhrde die Mündung
des (1777—1784 gegrabenen) Eidercan als auf, der, allerdings nur für
kleine Fahrzeuge von 8—9 Fuß Tiefgang schiffbar und 4'/- Meilen lang, von
hier nach Rendsburg führt, um dann durch die Eider, die Ostsee mit der Nord¬
see zu verbinden. Freilich kann er auch wegen seiner unsicheren westlichen
Einfahrt zwischen den fortwährend wechselnden Sandbänken und Untiefen vor
Tönning nie als vollkommene Verbindung beider Meere gelten, und ein
ordentlicher Nordostseecanal zwischen der Elbmündung und einer Ostseebucht
bleibt deshalb immer noch nöthig.

Erst am Ende der Föhrde tritt das linke Ufer wieder mehr an das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/152>, abgerufen am 02.07.2024.