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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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des Tiberius gefunden, dessen Scheide mit zierlich gearbeiteten Beschlägen
und eingelegten Reliefs von getriebenem Silber mit theilweiser Vergoldung
geschmückt ist. Am Rhein ist auch -- was ebenfalls in diese Kategorie
gehört -- die vollständige Garnitur eines Militärverdienstordens ausgegraben,
große silberne Buckeln, jede mit einem schön gearbeiteten Kopf geschmückt, an
einem Riemengehänge über der ganzen Brust getragen (Phalerae): eine
Decoration. welche durch stattliche Pracht und künstlerische Ausführung selbst
moderne Großcordons hinter sich läßt. Ein Prachtstück aber sind die Schul¬
terblätter eines Brustharnisches aus vergoldeter Bronze im britischen Museum,
Aias im Kampfe mit einer Amazone, durch Schönheit der Composition
wie der Ausführung Meisterwerke der vollendeten Kunst. Bröndsted,
welcher dieselben in Neapel kaufte und dem man angab, sie seien am Fluß
Siris in der Gegend gefunden, wo Pyrrhus den 'Römern die erste
Schlacht lieferte, wagte die Vermuthung, daß sie einst zu der glänzenden
Rüstung gehört haben, welche Pyrrhus in jener Schlacht in Gefahr brachte.
Leider hat sich später ergeben, daß die Angabe des Fundorts erlogen war,
wodurch jener Vermuthung das Fundament entzogen wurde. Neben den noch
erhaltenen antiken Waffen gibt auch die lange Reihe römischer Portraitstatuen
im Harnisch lehrreiche Beispiele der Cälatur, durch welche sie geschmückt wur¬
den. Zum Theil sind es geschmackvolle Ornamente, bei denen namentlich
die in der späteren Ornamentik sehr beliebten Greife vielfach benutzt werden.
Sehr häufig sind zwei geflügelte Siegesgöttinnen einander gegenüber¬
gestellt, entweder beschäftigt, ein Tropäum zu errichten, oder einen Cande-
laber zu schmücken, oder auch das Bild der gerüsteten Göttin Minerva
verehrend -- passende und leicht verständliche symbolische Verzierungen
an einem Harnisch. Mitunter ist auch der Sonnengott auf seinem Vier-",
gespann von vorn gesehen dargestellt, ein angemessenes Symbol für einen
römischen Triumphator; darunter sind die Göttinen der Erde und des
Wassers, über welchen er stolz emporsteigt. Alles aber, was bisher der
Art bekannt war. übertrifft der Panzer des Augustus, sowohl durch Reich¬
thum und Geschmack der künstlerischen Anordnung, als auch durch die sinn¬
reiche Beziehung aus Augustus Thaten, welche richtig verstanden, wie Her-
zen nachgewiesen hat, auch einen deutlichen Fingerzeig auf die Entstehungszeit
des Kunstwerks gibt.

Der Sinn der Darstellung ist im allgemeinen ohne Schwierigkeit zu
erkennen. Die Mittelgruppe zeigt einen römischen Krieger, der von einem
Barbaren, welchen die Tracht und der an der Seite hängende Köcher und
Bogen als einen Parther zu erkennen geben, einen römischen Kriegsadler
entgegenzunehmen im Begriffe ist. Es ist also die denkwürdige Begebenheit dar¬
gestellt, wo die seit den Niederlagen des Crassus und Antonius in den


des Tiberius gefunden, dessen Scheide mit zierlich gearbeiteten Beschlägen
und eingelegten Reliefs von getriebenem Silber mit theilweiser Vergoldung
geschmückt ist. Am Rhein ist auch — was ebenfalls in diese Kategorie
gehört — die vollständige Garnitur eines Militärverdienstordens ausgegraben,
große silberne Buckeln, jede mit einem schön gearbeiteten Kopf geschmückt, an
einem Riemengehänge über der ganzen Brust getragen (Phalerae): eine
Decoration. welche durch stattliche Pracht und künstlerische Ausführung selbst
moderne Großcordons hinter sich läßt. Ein Prachtstück aber sind die Schul¬
terblätter eines Brustharnisches aus vergoldeter Bronze im britischen Museum,
Aias im Kampfe mit einer Amazone, durch Schönheit der Composition
wie der Ausführung Meisterwerke der vollendeten Kunst. Bröndsted,
welcher dieselben in Neapel kaufte und dem man angab, sie seien am Fluß
Siris in der Gegend gefunden, wo Pyrrhus den 'Römern die erste
Schlacht lieferte, wagte die Vermuthung, daß sie einst zu der glänzenden
Rüstung gehört haben, welche Pyrrhus in jener Schlacht in Gefahr brachte.
Leider hat sich später ergeben, daß die Angabe des Fundorts erlogen war,
wodurch jener Vermuthung das Fundament entzogen wurde. Neben den noch
erhaltenen antiken Waffen gibt auch die lange Reihe römischer Portraitstatuen
im Harnisch lehrreiche Beispiele der Cälatur, durch welche sie geschmückt wur¬
den. Zum Theil sind es geschmackvolle Ornamente, bei denen namentlich
die in der späteren Ornamentik sehr beliebten Greife vielfach benutzt werden.
Sehr häufig sind zwei geflügelte Siegesgöttinnen einander gegenüber¬
gestellt, entweder beschäftigt, ein Tropäum zu errichten, oder einen Cande-
laber zu schmücken, oder auch das Bild der gerüsteten Göttin Minerva
verehrend — passende und leicht verständliche symbolische Verzierungen
an einem Harnisch. Mitunter ist auch der Sonnengott auf seinem Vier-»,
gespann von vorn gesehen dargestellt, ein angemessenes Symbol für einen
römischen Triumphator; darunter sind die Göttinen der Erde und des
Wassers, über welchen er stolz emporsteigt. Alles aber, was bisher der
Art bekannt war. übertrifft der Panzer des Augustus, sowohl durch Reich¬
thum und Geschmack der künstlerischen Anordnung, als auch durch die sinn¬
reiche Beziehung aus Augustus Thaten, welche richtig verstanden, wie Her-
zen nachgewiesen hat, auch einen deutlichen Fingerzeig auf die Entstehungszeit
des Kunstwerks gibt.

Der Sinn der Darstellung ist im allgemeinen ohne Schwierigkeit zu
erkennen. Die Mittelgruppe zeigt einen römischen Krieger, der von einem
Barbaren, welchen die Tracht und der an der Seite hängende Köcher und
Bogen als einen Parther zu erkennen geben, einen römischen Kriegsadler
entgegenzunehmen im Begriffe ist. Es ist also die denkwürdige Begebenheit dar¬
gestellt, wo die seit den Niederlagen des Crassus und Antonius in den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/96>, abgerufen am 02.10.2024.