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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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ihren Busen geschmiegt, zwei kleine Kinder. Etwas oberhalb werden zu
beiden Seiten Apollo und Diana sichtbar: Apollo im carmoisinrothen
Mantel, die Leier in der Linken, reitend auf einem Greifen mit blauen Flü¬
geln; die blondgelockte Diana im carmoisinfarbigen Gewand, mit Köcher und
Fackel, wird von einem braunrothen Hirsch getragen. In der Mitte steht ein
römischer Feldherr im blau und roth gefärbten Harnisch, carmoisin-
rother Tunica und purpurnem Mantel, mit blauem Helm, neben sich
einen Wolf. In der Linken hält er das Schwert, die Rechte streckt er gegen
einen bärtigen Krieger aus, mit Bogen und Köcher an der Seite, in
carmoisinrother Tunica und blauen Hosen, der mit beiden Händen ein römi¬
sches Feldzeichen mit blau gemalten Jnsignien in die Höhe hält. Auf jeder
Seite sitzt eine Gestalt mit dem deutlich ausgesprochenen Ausdruck der Nieder¬
geschlagenheit und Trauer. Der Barbar rechts mit langen rothblonden
Locken im purpurnen Mantel hält in der Rechten eine große Kriegstrompete,
welche in einen Drachenkopf ausgeht, in der Linken eine leere Schwertscheide,
neben ihm liegt der Obertheil eines Feldzeichens mit einem Eber. Die Figur
links ist ebenfalls blond gelockt; sie ist mit einem blauen Mantel, mit einer
Aermeltunica, enganschließenden Hosen und Stiefeln bekleidet und hält in der
Rechten das abgenommene Schwert. Dahinter ist in dem Seitenstück des
Harnisches ein Tropäum angebracht, an welchem außer Helm, Harnisch
und Beinschienen eine Trompete mit Drachenkopf aufgehängt ist.

Sind nun auch an unserer Statue die Farben keineswegs vollständig,
oder auch nur allenthalben sichere Spuren derselben erhalten, sodaß auch sie
noch nicht die vollständige Anschauung einer antiken polychromen Sculptur
gewährt, so bietet sie doch manchen Aufschluß. Vor allem bestätigt sie. was
sich aus übereinstimmenden Ueberlieferungen auch sonst entnehmen ließ, daß
es bei der Anwendung der Farbe keineswegs darauf abgesehen war, durch
eine durchgeführte Nachahmung der wirklichen Farben der Gegenstände die
Illusion zu erhöhen, die eigenthümlichen Effecte der eigentlichen Malerei
mit denen der Sculptur in Concurrenz zu setzen, sondern durch die Farbe
die charakteristischen Wirkungen der Plastik zu erhöhen. Die Malerei ist
daher nicht schattirt, da die Sculptur durch ihre Formen diese Wirkung her¬
vorbringt; reine Farben in beschränkter Auswahl -- hier ist roth in ver¬
schiedenen Nuancen, blau und gelb angewandt -- sind nebeneinander ge¬
setzt, und offenbar war eine dem Auge wohlthuende, harmonische Wirkung
solcher mit einer gewissen symmetrischen Abwechslung vertheilten Farben ein
Hauptaugenmerk dieser Technik. Außerdem sollte aber der Reiz, welchen die
durch Farbe ausgezeichneten Theile übten, auch zu einer leichteren und präci¬
seren Auffassung führen; bedeutende Einzelnheiten wurden kräftig hervorge¬
hoben Merkmale der künstlerischen Anordnung bezeichnet, das Auge gewisser-


ihren Busen geschmiegt, zwei kleine Kinder. Etwas oberhalb werden zu
beiden Seiten Apollo und Diana sichtbar: Apollo im carmoisinrothen
Mantel, die Leier in der Linken, reitend auf einem Greifen mit blauen Flü¬
geln; die blondgelockte Diana im carmoisinfarbigen Gewand, mit Köcher und
Fackel, wird von einem braunrothen Hirsch getragen. In der Mitte steht ein
römischer Feldherr im blau und roth gefärbten Harnisch, carmoisin-
rother Tunica und purpurnem Mantel, mit blauem Helm, neben sich
einen Wolf. In der Linken hält er das Schwert, die Rechte streckt er gegen
einen bärtigen Krieger aus, mit Bogen und Köcher an der Seite, in
carmoisinrother Tunica und blauen Hosen, der mit beiden Händen ein römi¬
sches Feldzeichen mit blau gemalten Jnsignien in die Höhe hält. Auf jeder
Seite sitzt eine Gestalt mit dem deutlich ausgesprochenen Ausdruck der Nieder¬
geschlagenheit und Trauer. Der Barbar rechts mit langen rothblonden
Locken im purpurnen Mantel hält in der Rechten eine große Kriegstrompete,
welche in einen Drachenkopf ausgeht, in der Linken eine leere Schwertscheide,
neben ihm liegt der Obertheil eines Feldzeichens mit einem Eber. Die Figur
links ist ebenfalls blond gelockt; sie ist mit einem blauen Mantel, mit einer
Aermeltunica, enganschließenden Hosen und Stiefeln bekleidet und hält in der
Rechten das abgenommene Schwert. Dahinter ist in dem Seitenstück des
Harnisches ein Tropäum angebracht, an welchem außer Helm, Harnisch
und Beinschienen eine Trompete mit Drachenkopf aufgehängt ist.

Sind nun auch an unserer Statue die Farben keineswegs vollständig,
oder auch nur allenthalben sichere Spuren derselben erhalten, sodaß auch sie
noch nicht die vollständige Anschauung einer antiken polychromen Sculptur
gewährt, so bietet sie doch manchen Aufschluß. Vor allem bestätigt sie. was
sich aus übereinstimmenden Ueberlieferungen auch sonst entnehmen ließ, daß
es bei der Anwendung der Farbe keineswegs darauf abgesehen war, durch
eine durchgeführte Nachahmung der wirklichen Farben der Gegenstände die
Illusion zu erhöhen, die eigenthümlichen Effecte der eigentlichen Malerei
mit denen der Sculptur in Concurrenz zu setzen, sondern durch die Farbe
die charakteristischen Wirkungen der Plastik zu erhöhen. Die Malerei ist
daher nicht schattirt, da die Sculptur durch ihre Formen diese Wirkung her¬
vorbringt; reine Farben in beschränkter Auswahl — hier ist roth in ver¬
schiedenen Nuancen, blau und gelb angewandt — sind nebeneinander ge¬
setzt, und offenbar war eine dem Auge wohlthuende, harmonische Wirkung
solcher mit einer gewissen symmetrischen Abwechslung vertheilten Farben ein
Hauptaugenmerk dieser Technik. Außerdem sollte aber der Reiz, welchen die
durch Farbe ausgezeichneten Theile übten, auch zu einer leichteren und präci¬
seren Auffassung führen; bedeutende Einzelnheiten wurden kräftig hervorge¬
hoben Merkmale der künstlerischen Anordnung bezeichnet, das Auge gewisser-


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[0094] ihren Busen geschmiegt, zwei kleine Kinder. Etwas oberhalb werden zu beiden Seiten Apollo und Diana sichtbar: Apollo im carmoisinrothen Mantel, die Leier in der Linken, reitend auf einem Greifen mit blauen Flü¬ geln; die blondgelockte Diana im carmoisinfarbigen Gewand, mit Köcher und Fackel, wird von einem braunrothen Hirsch getragen. In der Mitte steht ein römischer Feldherr im blau und roth gefärbten Harnisch, carmoisin- rother Tunica und purpurnem Mantel, mit blauem Helm, neben sich einen Wolf. In der Linken hält er das Schwert, die Rechte streckt er gegen einen bärtigen Krieger aus, mit Bogen und Köcher an der Seite, in carmoisinrother Tunica und blauen Hosen, der mit beiden Händen ein römi¬ sches Feldzeichen mit blau gemalten Jnsignien in die Höhe hält. Auf jeder Seite sitzt eine Gestalt mit dem deutlich ausgesprochenen Ausdruck der Nieder¬ geschlagenheit und Trauer. Der Barbar rechts mit langen rothblonden Locken im purpurnen Mantel hält in der Rechten eine große Kriegstrompete, welche in einen Drachenkopf ausgeht, in der Linken eine leere Schwertscheide, neben ihm liegt der Obertheil eines Feldzeichens mit einem Eber. Die Figur links ist ebenfalls blond gelockt; sie ist mit einem blauen Mantel, mit einer Aermeltunica, enganschließenden Hosen und Stiefeln bekleidet und hält in der Rechten das abgenommene Schwert. Dahinter ist in dem Seitenstück des Harnisches ein Tropäum angebracht, an welchem außer Helm, Harnisch und Beinschienen eine Trompete mit Drachenkopf aufgehängt ist. Sind nun auch an unserer Statue die Farben keineswegs vollständig, oder auch nur allenthalben sichere Spuren derselben erhalten, sodaß auch sie noch nicht die vollständige Anschauung einer antiken polychromen Sculptur gewährt, so bietet sie doch manchen Aufschluß. Vor allem bestätigt sie. was sich aus übereinstimmenden Ueberlieferungen auch sonst entnehmen ließ, daß es bei der Anwendung der Farbe keineswegs darauf abgesehen war, durch eine durchgeführte Nachahmung der wirklichen Farben der Gegenstände die Illusion zu erhöhen, die eigenthümlichen Effecte der eigentlichen Malerei mit denen der Sculptur in Concurrenz zu setzen, sondern durch die Farbe die charakteristischen Wirkungen der Plastik zu erhöhen. Die Malerei ist daher nicht schattirt, da die Sculptur durch ihre Formen diese Wirkung her¬ vorbringt; reine Farben in beschränkter Auswahl — hier ist roth in ver¬ schiedenen Nuancen, blau und gelb angewandt — sind nebeneinander ge¬ setzt, und offenbar war eine dem Auge wohlthuende, harmonische Wirkung solcher mit einer gewissen symmetrischen Abwechslung vertheilten Farben ein Hauptaugenmerk dieser Technik. Außerdem sollte aber der Reiz, welchen die durch Farbe ausgezeichneten Theile übten, auch zu einer leichteren und präci¬ seren Auffassung führen; bedeutende Einzelnheiten wurden kräftig hervorge¬ hoben Merkmale der künstlerischen Anordnung bezeichnet, das Auge gewisser-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/94>, abgerufen am 05.02.2025.