Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.bewunderter Redner zu werden, er sprach nur bei wichtiger Veranlassung, Die Opposition des badischen Landtags von 1842--1848 zog durch Und als der Sturm losbrach und im Süden alles aus den Fugen bewunderter Redner zu werden, er sprach nur bei wichtiger Veranlassung, Die Opposition des badischen Landtags von 1842—1848 zog durch Und als der Sturm losbrach und im Süden alles aus den Fugen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117384"/> <p xml:id="ID_1243" prev="#ID_1242"> bewunderter Redner zu werden, er sprach nur bei wichtiger Veranlassung,<lb/> dann gedrungen, einfach, scharf zur Sache, aber in seinen Worten war<lb/> eine Klarheit und die Wucht einer starken Natur, welche des Eindrucks niemals<lb/> verfehlte. Dagegen wurde er wieder der Arbeiter der Partei, für Organi¬<lb/> sationsentwürfe und Kritik der Gesetzgebung, und ständiger Referent über<lb/> das Budget; seine Referate, auf die umfassendsten Vorarbeiten gestützt, können<lb/> noch jetzt als Muster gelten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1244"> Die Opposition des badischen Landtags von 1842—1848 zog durch<lb/> ihren Reichthum an Talenten und die Lebhaftigkeit ihres Kampfes um freiere<lb/> Staatsformen die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, sie wird für alle Zeit<lb/> bedeutsam sein, weil sich in ihr zuerst die Patteigegensätze der Liberalen und<lb/> der socialen Demokraten schieden. Seit dem Winter 1845 sind die Anfänge<lb/> dieser Trennung erkennbar, die nur dadurch ausgehalten wurde, weil alle<lb/> die Ueberzeugung hatten, daß man gegen die gemeinsamen Gegner zusam¬<lb/> menhalten müsse. Schon in der Frage um Staatsunterstützung für die<lb/> großen Fabriken, deren Existenz durch den Haberschen Concurs bedroht war,<lb/> stand Mathy allein, auch von seinen nächsten Freunden verlassen; und als<lb/> im Beginn des Jahres 1848 ein Theil der Linken sich herbeiließ, die Massen<lb/> aufzuregen und dafür sogar die sociale Frage auszubeuten, stemmte sich<lb/> Mathy mit aller Energie dagegen und rief dem Redakteur der Seeblätter,<lb/> Fickler, die Warnung zu. er möge sich hüten; er empfing dafür die trotzige<lb/> Antwort, Mathy selbst solle sich in Acht nehmen. Das war freilich nicht<lb/> Mathys Art.</p><lb/> <p xml:id="ID_1245" next="#ID_1246"> Und als der Sturm losbrach und im Süden alles aus den Fugen<lb/> ging, da fühlte Mathy in gehobener Stimmung, daß jetzt lebendig werden<lb/> könne, was seit seiner Jugend ihm als heißer Wunsch in der Seele lag,<lb/> ein großer deutscher Staatsbäu, der durch Benützung der Regierungen er¬<lb/> rungen werden könne, und er sah mit zorniger Verachtung auf die kopflosen<lb/> Versuche alter Bekannter, der Hecker, Brentano, Struve, Fickler, durch zu¬<lb/> sammengelaufene Freischaaren und französische Hülfe eine deutsche Republik<lb/> in einer Bevölkerung zu proklamiren, die nichts von republikanischer Zucht<lb/> und Selbstbeherrschung hatte. Fickler hatte am 7. April in Manheim offenen<lb/> Aufruhr verkündet und zur Absetzung des Großherzogs aufgefordert. Am<lb/> Tage darauf fuhr er nach Constanz, um dort nach Verabredung mit Hecker<lb/> loszubrechen, da traf ihn Mathy aus dem Bahnhof zu Karlsruhe, ließ ihn<lb/> verhaften und fuhr darauf nach Manheim, wo er die Sensenmänner<lb/> Henkers, die 'den Tod des Verräthers forderten, durch ruhiges Entgegentreten<lb/> verstummen machte und die Bürgerschaft durch eine Anrede vom Rathhaus<lb/> ermuthigte, eine Aufforderung zu gesetzlichem Verhalten unter allgemeinem<lb/> Jubel zu unterzeichnen. Wohl war er der Mann, Baden vor dem Unglück</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
bewunderter Redner zu werden, er sprach nur bei wichtiger Veranlassung,
dann gedrungen, einfach, scharf zur Sache, aber in seinen Worten war
eine Klarheit und die Wucht einer starken Natur, welche des Eindrucks niemals
verfehlte. Dagegen wurde er wieder der Arbeiter der Partei, für Organi¬
sationsentwürfe und Kritik der Gesetzgebung, und ständiger Referent über
das Budget; seine Referate, auf die umfassendsten Vorarbeiten gestützt, können
noch jetzt als Muster gelten.
Die Opposition des badischen Landtags von 1842—1848 zog durch
ihren Reichthum an Talenten und die Lebhaftigkeit ihres Kampfes um freiere
Staatsformen die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, sie wird für alle Zeit
bedeutsam sein, weil sich in ihr zuerst die Patteigegensätze der Liberalen und
der socialen Demokraten schieden. Seit dem Winter 1845 sind die Anfänge
dieser Trennung erkennbar, die nur dadurch ausgehalten wurde, weil alle
die Ueberzeugung hatten, daß man gegen die gemeinsamen Gegner zusam¬
menhalten müsse. Schon in der Frage um Staatsunterstützung für die
großen Fabriken, deren Existenz durch den Haberschen Concurs bedroht war,
stand Mathy allein, auch von seinen nächsten Freunden verlassen; und als
im Beginn des Jahres 1848 ein Theil der Linken sich herbeiließ, die Massen
aufzuregen und dafür sogar die sociale Frage auszubeuten, stemmte sich
Mathy mit aller Energie dagegen und rief dem Redakteur der Seeblätter,
Fickler, die Warnung zu. er möge sich hüten; er empfing dafür die trotzige
Antwort, Mathy selbst solle sich in Acht nehmen. Das war freilich nicht
Mathys Art.
Und als der Sturm losbrach und im Süden alles aus den Fugen
ging, da fühlte Mathy in gehobener Stimmung, daß jetzt lebendig werden
könne, was seit seiner Jugend ihm als heißer Wunsch in der Seele lag,
ein großer deutscher Staatsbäu, der durch Benützung der Regierungen er¬
rungen werden könne, und er sah mit zorniger Verachtung auf die kopflosen
Versuche alter Bekannter, der Hecker, Brentano, Struve, Fickler, durch zu¬
sammengelaufene Freischaaren und französische Hülfe eine deutsche Republik
in einer Bevölkerung zu proklamiren, die nichts von republikanischer Zucht
und Selbstbeherrschung hatte. Fickler hatte am 7. April in Manheim offenen
Aufruhr verkündet und zur Absetzung des Großherzogs aufgefordert. Am
Tage darauf fuhr er nach Constanz, um dort nach Verabredung mit Hecker
loszubrechen, da traf ihn Mathy aus dem Bahnhof zu Karlsruhe, ließ ihn
verhaften und fuhr darauf nach Manheim, wo er die Sensenmänner
Henkers, die 'den Tod des Verräthers forderten, durch ruhiges Entgegentreten
verstummen machte und die Bürgerschaft durch eine Anrede vom Rathhaus
ermuthigte, eine Aufforderung zu gesetzlichem Verhalten unter allgemeinem
Jubel zu unterzeichnen. Wohl war er der Mann, Baden vor dem Unglück
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