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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Indeß dies Citat beweist für Rößler selbst zuviel. Soweit uns bekannt, ist
in England das Begnadigungsrecht des Königs für einen verurtheilten Mi'
nister überhaupt nicht beschränkt, also auch die Strafe der Amtsentsetzung
und Amtsunfähigkeit kann erlassen werden, wie aus Bowyers 319 Bemer¬
kungen implicite folgt."

"IKs Statuts 12 g,na 13 VVin. III. äoss not rsstrain et<z ol'our trow
paräollinF Mor ^ud^ahnt on an impeaedmevt ava nutz^ prevents tue xor-
80N lap6g.edöä availing tiimselk ok tds pi>.räon to stop los proesämgs do'
köre ^uclgmsnt." Man hält in England offenbar durch die parlamentarische
Negierung die Volksrechte sür genügend gegen Ministerwillkühr gewahrt
und glaubt deshalb das Begnadigungsrecht nicht einschränken zu sollen,
Unter den neuen Verfassungen könnte man nur aus dem § 152 des frühern,
hannoverischen Landesverfassungsgesetzes von 1848 etwas ähnliches folgern.
Es heißt dort: "Abolition und Begnadigung find ausgeschlossen. Hinsichtlich
der gemeinrechtlichen Folgen behält es bei der ordentlichen Rechts- und Ge¬
richtsverfassung sein Bewenden."

Man könnte danach sagen, sowie neben der Strafe der Amtsentsetzung
und Unfähigkeit die gewöhnlichen Strafen bestehen bleiben, so bleibt es
für letztere bei dem ordentlichen Gange der Justiz, welcher das Begnadigungs¬
recht statuirt. Immerhin ist aber diese Interpretation nicht unzweifelhaft,
weil im Vordersatz einfach Abolition und Begnadigung ausgeschlossen worden.
Alle andern Verfafsungsurkunden geben auch nicht einmal dem Zweifel Raum-
So heißt es in der belgischen Verfassung:

^re- 73. 1,6 roi a 1s Aron als remettrs on 6s röäuiro Iss peiinzs pro*
noueäöK ps,r los ^juZes sank ce <M est stÄtuö rölativöment aux mimstrss.

^re. 91. I>e roi pone Kirs graes an ministrs eonclamvö xar 1^
Ovur as ^ilLs^tioll, qus sur ig. clom^nac ac I'nos ass äeux Ldambrös.

Preußische Verfassung Art. 49. "Der König hat das Recht der Begna¬
digung und Strafmilderung." Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshand¬
lungen verurtheilten Ministers kann dieses Recht nur auf Antrag derjenigen
Kammer ausgeübt werden, von welcher die Anklage ausgegangen ist.

Wir halten diesen Modus auch für den allein richtigen. Die Minister'
anklage ist im constitutionellen Staatsrecht etwas so einziges in ihrer Art,
daß hier die königliche Prärogative weichen muß. Wenn ein Minister, der
das Gesetz verletzt, durch ein persönlich intimes Verhältniß zum Souverän
der Begnadigung von gemeinrechtlichen Strafen sicher wäre, also wüßte, daß
ihm schlimmsten Falls nur der Verlust seines Amtes drohte, so würde sich
die verfassungsmäßige Anklage schwerlich als ein wirksamer Zügel beweisen.
Rößler kann seinen Satz auch schließlich nur durch die ziemlich gesuchte Wen¬
dung vertheidigen, daß die Unfähigkeitserklärung weniger eine Strafe als die


Indeß dies Citat beweist für Rößler selbst zuviel. Soweit uns bekannt, ist
in England das Begnadigungsrecht des Königs für einen verurtheilten Mi'
nister überhaupt nicht beschränkt, also auch die Strafe der Amtsentsetzung
und Amtsunfähigkeit kann erlassen werden, wie aus Bowyers 319 Bemer¬
kungen implicite folgt."

„IKs Statuts 12 g,na 13 VVin. III. äoss not rsstrain et<z ol'our trow
paräollinF Mor ^ud^ahnt on an impeaedmevt ava nutz^ prevents tue xor-
80N lap6g.edöä availing tiimselk ok tds pi>.räon to stop los proesämgs do'
köre ^uclgmsnt." Man hält in England offenbar durch die parlamentarische
Negierung die Volksrechte sür genügend gegen Ministerwillkühr gewahrt
und glaubt deshalb das Begnadigungsrecht nicht einschränken zu sollen,
Unter den neuen Verfassungen könnte man nur aus dem § 152 des frühern,
hannoverischen Landesverfassungsgesetzes von 1848 etwas ähnliches folgern.
Es heißt dort: „Abolition und Begnadigung find ausgeschlossen. Hinsichtlich
der gemeinrechtlichen Folgen behält es bei der ordentlichen Rechts- und Ge¬
richtsverfassung sein Bewenden."

Man könnte danach sagen, sowie neben der Strafe der Amtsentsetzung
und Unfähigkeit die gewöhnlichen Strafen bestehen bleiben, so bleibt es
für letztere bei dem ordentlichen Gange der Justiz, welcher das Begnadigungs¬
recht statuirt. Immerhin ist aber diese Interpretation nicht unzweifelhaft,
weil im Vordersatz einfach Abolition und Begnadigung ausgeschlossen worden.
Alle andern Verfafsungsurkunden geben auch nicht einmal dem Zweifel Raum-
So heißt es in der belgischen Verfassung:

^re- 73. 1,6 roi a 1s Aron als remettrs on 6s röäuiro Iss peiinzs pro*
noueäöK ps,r los ^juZes sank ce <M est stÄtuö rölativöment aux mimstrss.

^re. 91. I>e roi pone Kirs graes an ministrs eonclamvö xar 1^
Ovur as ^ilLs^tioll, qus sur ig. clom^nac ac I'nos ass äeux Ldambrös.

Preußische Verfassung Art. 49. „Der König hat das Recht der Begna¬
digung und Strafmilderung." Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshand¬
lungen verurtheilten Ministers kann dieses Recht nur auf Antrag derjenigen
Kammer ausgeübt werden, von welcher die Anklage ausgegangen ist.

Wir halten diesen Modus auch für den allein richtigen. Die Minister'
anklage ist im constitutionellen Staatsrecht etwas so einziges in ihrer Art,
daß hier die königliche Prärogative weichen muß. Wenn ein Minister, der
das Gesetz verletzt, durch ein persönlich intimes Verhältniß zum Souverän
der Begnadigung von gemeinrechtlichen Strafen sicher wäre, also wüßte, daß
ihm schlimmsten Falls nur der Verlust seines Amtes drohte, so würde sich
die verfassungsmäßige Anklage schwerlich als ein wirksamer Zügel beweisen.
Rößler kann seinen Satz auch schließlich nur durch die ziemlich gesuchte Wen¬
dung vertheidigen, daß die Unfähigkeitserklärung weniger eine Strafe als die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/244>, abgerufen am 22.07.2024.