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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Auch die Form des Bugs, des Vordertheils, ist bei der Panzerfregatte
"Kronprinz" nach dem Vorbild der besten englischen und türkischen in Eng¬
land gebauten Panzerschiffe gewählt. Während der Vorsteven, die vordere
Kante des Schiffskörpers im oberen Theile senkrecht niedergeht, beginnt sie
sich in der Nähe der Wasserlinie leise nach außen zu krümmen und setzt sich
dann unter Wasser in Form eines Halbkreises oder eines noch flacheren Kreis¬
bogens aufspringend fort, dessen Scheitel nach vorn gerichtet ist. Diese Form
ist einmal vorzüglich dazu geeignet, das Wasser gut zu durchschneiden und
das Vorschiff im Ganzen zu stärken, besser als der gewöhnliche Bug der Holz¬
schiffe: sodann aber bietet sie für den Fall, daß das Anrennen eines feind¬
lichen Schiffes möglich werden sollte, erhebliche Vortheile vor den anderen
bekannten Bugformen. Die meisten französischen Panzerschifftypen, z. B.
Linienschiff "Magenta", Fregatte "Marengo", Corvette "Alma", auch einige
italienische Panzerfregatten, z. B. "Maria Pia", und auch unser "Prinz
Adalbert" haben vorn einen Sporn (öperon, sporomz), eine massive außer¬
ordentlich weit, bis 30 Fuß nach vorn aufspringende Spitze. Dabei dieser
Construction die im Anrennen wirksamen Theile nur eine ganz kleine Fläche
bieten, wird allerdings der Stoß eine größere Kraft haben und weiter in
das feindliche Schiff eindringen, als bei allen anderen Bugformen. Aber
dieses tiefe Eindringen ist ein Fehler, kein Vortheil, da nicht Festhalten
des Gegners, sondern Zerbrechen der Schiffswand, damit das Wasser ein¬
dringen kann, Zweck des Anrennens ist, und durch spitzen Sporn die Ge¬
fahr vergrößert wird, daß das eigene Schiff sich im Gegner sestbohrt und
die Freiheit seiner Bewegung völlig verliert. Dies hatten schon die altgrie¬
chischen Schiffsbaumeister mit dem feinen praktischen Sinn, den alle ihre
Einrichtungen zur Schau tragen, erkannt: sie gaben ihren Nuderkriegsschiffen,
die vornehmlich durch Anrennen des Gegners zu wirken bestimmt waren,
und denen Napoleon III. seinen Schiffssporn entlehnt hat, vorn nicht eine
einzelne scharfe, sondern meist eine dreizackige Spitze, deren mittlere Zacke
ein klein wenig weiter hervorragte, sodaß, wenn die Zacken ein wenig in die
feindliche Schiffswand eingedrungen waren, die zwei kürzeren ein weiteres
Eindringen hinderten, während sie doch zugleich auch ihrerseits die Schiffs¬
wand noch mehr zerbrechen halfen.*) Wie groß die Gefahr, sich festzubohren
und hängen zu bleiben^ für die neueren Widderschiffe mit einem Sporn ist,
haben französische Versuche in Toulon gezeigt, die gegen ein altes dienstun¬
tüchtiges Holzschiff angestellt wurden, und wo bei der Probe das Widder-



") Wer sich von der Einrichtung dieser Schnäbel genauer durch den Augenschein über,
zeugen will, hat dazu die beste Gelegenheit bei dem Modell eines altgnechischcn Fünfreihen¬
schiffs, das sich im Antiquarium des berliner Museums aufgestellt befindet.

Auch die Form des Bugs, des Vordertheils, ist bei der Panzerfregatte
„Kronprinz" nach dem Vorbild der besten englischen und türkischen in Eng¬
land gebauten Panzerschiffe gewählt. Während der Vorsteven, die vordere
Kante des Schiffskörpers im oberen Theile senkrecht niedergeht, beginnt sie
sich in der Nähe der Wasserlinie leise nach außen zu krümmen und setzt sich
dann unter Wasser in Form eines Halbkreises oder eines noch flacheren Kreis¬
bogens aufspringend fort, dessen Scheitel nach vorn gerichtet ist. Diese Form
ist einmal vorzüglich dazu geeignet, das Wasser gut zu durchschneiden und
das Vorschiff im Ganzen zu stärken, besser als der gewöhnliche Bug der Holz¬
schiffe: sodann aber bietet sie für den Fall, daß das Anrennen eines feind¬
lichen Schiffes möglich werden sollte, erhebliche Vortheile vor den anderen
bekannten Bugformen. Die meisten französischen Panzerschifftypen, z. B.
Linienschiff „Magenta", Fregatte „Marengo", Corvette „Alma", auch einige
italienische Panzerfregatten, z. B. „Maria Pia", und auch unser „Prinz
Adalbert" haben vorn einen Sporn (öperon, sporomz), eine massive außer¬
ordentlich weit, bis 30 Fuß nach vorn aufspringende Spitze. Dabei dieser
Construction die im Anrennen wirksamen Theile nur eine ganz kleine Fläche
bieten, wird allerdings der Stoß eine größere Kraft haben und weiter in
das feindliche Schiff eindringen, als bei allen anderen Bugformen. Aber
dieses tiefe Eindringen ist ein Fehler, kein Vortheil, da nicht Festhalten
des Gegners, sondern Zerbrechen der Schiffswand, damit das Wasser ein¬
dringen kann, Zweck des Anrennens ist, und durch spitzen Sporn die Ge¬
fahr vergrößert wird, daß das eigene Schiff sich im Gegner sestbohrt und
die Freiheit seiner Bewegung völlig verliert. Dies hatten schon die altgrie¬
chischen Schiffsbaumeister mit dem feinen praktischen Sinn, den alle ihre
Einrichtungen zur Schau tragen, erkannt: sie gaben ihren Nuderkriegsschiffen,
die vornehmlich durch Anrennen des Gegners zu wirken bestimmt waren,
und denen Napoleon III. seinen Schiffssporn entlehnt hat, vorn nicht eine
einzelne scharfe, sondern meist eine dreizackige Spitze, deren mittlere Zacke
ein klein wenig weiter hervorragte, sodaß, wenn die Zacken ein wenig in die
feindliche Schiffswand eingedrungen waren, die zwei kürzeren ein weiteres
Eindringen hinderten, während sie doch zugleich auch ihrerseits die Schiffs¬
wand noch mehr zerbrechen halfen.*) Wie groß die Gefahr, sich festzubohren
und hängen zu bleiben^ für die neueren Widderschiffe mit einem Sporn ist,
haben französische Versuche in Toulon gezeigt, die gegen ein altes dienstun¬
tüchtiges Holzschiff angestellt wurden, und wo bei der Probe das Widder-



") Wer sich von der Einrichtung dieser Schnäbel genauer durch den Augenschein über,
zeugen will, hat dazu die beste Gelegenheit bei dem Modell eines altgnechischcn Fünfreihen¬
schiffs, das sich im Antiquarium des berliner Museums aufgestellt befindet.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/20>, abgerufen am 22.07.2024.