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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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durfte sich aus dem Arsenal mit allen irgendwie nöthigen Maschinen und Ge-
räthschaften versorgen, außerdem war noch die Summe von 2000 Pfund
Sterling ausgeworfen. In Smyrna stieß Newton, der wieder nach Griechen¬
land zurückgekehrt war, im November zu ihnen und nun landeten sie voll Muth
und Hoffnung in dem alten Hafen des Maussolvs. An der Küste wurde eine
kleine Colonie für die Arbeiten der Schmiede und Mechaniker gegründet; ein
alter Muselmann, dessen Freundschaft Newton, ein Mann von äußerster Liebens¬
würdigkeit, bereits bei seinem ersten Aufenthalt erworben, überließ ihm und
dem Lieutenant Smith sein Sommerhäuschen, auf türkisch Koua! genannt, als
Hauptquartier. Die Ergebnisse der nun beginnenden Nachforschungen nebst
denen seiner sonstigen Entdeckungen hat Newton in dem vortrefflichen Werke
lin.Iieiii'imLLUkj I5rMu8 and LrunelMao, London 1862 niedergelegt. Außerdem
veröffentlichte er im Jahre 1865 seine Briefe, Berichte und Tagebücher jener
Reisen unter dem Titel Irervels arid Oiseoveries irr ete I-evairt, in denen die
unmittelbare Frische der Eindrücke einen so angenehmen und fesselnden Aus'
druck gesunden, daß ich es mir nicht versagen mag, einzelne Stücke derselben
wortgetreu mitzutheilen, besonders da sie in Deutschland noch sast gänzlich un¬
bekannt sind.

"Die Ankunft der Colonie brachte unter den friedlichen Bewohnern
Budrums die größte Aufregung hervor, man staunte die Handwerkszeug! und
unbegreiflichen Maichinerien an und gab die hohe Meinung, die man von der
Macht und dem Reichthum der Engländer hatte, zuerst dadurch zu erkennen,
daß man mit allen Preisen um das Doppelte aufschlug. Die pecuniären
Hoffnungen der griechischen Erdarbeiter aus Smyrna wurden freilich bald ge¬
täuscht, als ein Trupp von 50 Matrosen mit Schaufeln antrat und in 6 Stun¬
den mehr arbeitete als die Griechen in 2 Tagen. Besser zu verwerthen waren
die Türken, welche zwar langsam, aber sehr sorgfältig arbeiteten, was bei Aus¬
grabungen von großem Werthe ist." Zuerst legte Newton ein Feld bloß, auf
welchem er schon im Jahr vorher eine Anzahl Terracotten gesunden, dann ein
Feld, welches Capitain Spratt als den wahrscheinlichen Standort des Mauso¬
leums bezeichnet hatte, ohne mehr als unbedeutende Fundamente und einige
Scherben alter Terracotten und Ziegel zu finden. Bessere Resultate ergaben die
Nachgrabungen auf einem Felde, das einem alten Türken Hadji Caplan gehörte,
zu dessen höchstem Erstaunen man unter dem Boden, arts dem er lange Jahre
gepflügt, gesät und geerntet, einen wohlerhaltenen römischen Mosaikfußboden
von großem Umfang bloßlcgte.

Newton durchstreifte indeß unablässig die Stadt, um eine Spur von der
Lage des alten Mausoleums zu finden. Im Mittelpunkte des Ortes, wo das
Haus eines Türken Namens Sauk Bey stand, fielen ihm einzelne frei umher¬
liegende Stücke ionischer Säulen von feinstem parischen Marmor auf. Er faßte


durfte sich aus dem Arsenal mit allen irgendwie nöthigen Maschinen und Ge-
räthschaften versorgen, außerdem war noch die Summe von 2000 Pfund
Sterling ausgeworfen. In Smyrna stieß Newton, der wieder nach Griechen¬
land zurückgekehrt war, im November zu ihnen und nun landeten sie voll Muth
und Hoffnung in dem alten Hafen des Maussolvs. An der Küste wurde eine
kleine Colonie für die Arbeiten der Schmiede und Mechaniker gegründet; ein
alter Muselmann, dessen Freundschaft Newton, ein Mann von äußerster Liebens¬
würdigkeit, bereits bei seinem ersten Aufenthalt erworben, überließ ihm und
dem Lieutenant Smith sein Sommerhäuschen, auf türkisch Koua! genannt, als
Hauptquartier. Die Ergebnisse der nun beginnenden Nachforschungen nebst
denen seiner sonstigen Entdeckungen hat Newton in dem vortrefflichen Werke
lin.Iieiii'imLLUkj I5rMu8 and LrunelMao, London 1862 niedergelegt. Außerdem
veröffentlichte er im Jahre 1865 seine Briefe, Berichte und Tagebücher jener
Reisen unter dem Titel Irervels arid Oiseoveries irr ete I-evairt, in denen die
unmittelbare Frische der Eindrücke einen so angenehmen und fesselnden Aus'
druck gesunden, daß ich es mir nicht versagen mag, einzelne Stücke derselben
wortgetreu mitzutheilen, besonders da sie in Deutschland noch sast gänzlich un¬
bekannt sind.

„Die Ankunft der Colonie brachte unter den friedlichen Bewohnern
Budrums die größte Aufregung hervor, man staunte die Handwerkszeug! und
unbegreiflichen Maichinerien an und gab die hohe Meinung, die man von der
Macht und dem Reichthum der Engländer hatte, zuerst dadurch zu erkennen,
daß man mit allen Preisen um das Doppelte aufschlug. Die pecuniären
Hoffnungen der griechischen Erdarbeiter aus Smyrna wurden freilich bald ge¬
täuscht, als ein Trupp von 50 Matrosen mit Schaufeln antrat und in 6 Stun¬
den mehr arbeitete als die Griechen in 2 Tagen. Besser zu verwerthen waren
die Türken, welche zwar langsam, aber sehr sorgfältig arbeiteten, was bei Aus¬
grabungen von großem Werthe ist." Zuerst legte Newton ein Feld bloß, auf
welchem er schon im Jahr vorher eine Anzahl Terracotten gesunden, dann ein
Feld, welches Capitain Spratt als den wahrscheinlichen Standort des Mauso¬
leums bezeichnet hatte, ohne mehr als unbedeutende Fundamente und einige
Scherben alter Terracotten und Ziegel zu finden. Bessere Resultate ergaben die
Nachgrabungen auf einem Felde, das einem alten Türken Hadji Caplan gehörte,
zu dessen höchstem Erstaunen man unter dem Boden, arts dem er lange Jahre
gepflügt, gesät und geerntet, einen wohlerhaltenen römischen Mosaikfußboden
von großem Umfang bloßlcgte.

Newton durchstreifte indeß unablässig die Stadt, um eine Spur von der
Lage des alten Mausoleums zu finden. Im Mittelpunkte des Ortes, wo das
Haus eines Türken Namens Sauk Bey stand, fielen ihm einzelne frei umher¬
liegende Stücke ionischer Säulen von feinstem parischen Marmor auf. Er faßte


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[0266] durfte sich aus dem Arsenal mit allen irgendwie nöthigen Maschinen und Ge- räthschaften versorgen, außerdem war noch die Summe von 2000 Pfund Sterling ausgeworfen. In Smyrna stieß Newton, der wieder nach Griechen¬ land zurückgekehrt war, im November zu ihnen und nun landeten sie voll Muth und Hoffnung in dem alten Hafen des Maussolvs. An der Küste wurde eine kleine Colonie für die Arbeiten der Schmiede und Mechaniker gegründet; ein alter Muselmann, dessen Freundschaft Newton, ein Mann von äußerster Liebens¬ würdigkeit, bereits bei seinem ersten Aufenthalt erworben, überließ ihm und dem Lieutenant Smith sein Sommerhäuschen, auf türkisch Koua! genannt, als Hauptquartier. Die Ergebnisse der nun beginnenden Nachforschungen nebst denen seiner sonstigen Entdeckungen hat Newton in dem vortrefflichen Werke lin.Iieiii'imLLUkj I5rMu8 and LrunelMao, London 1862 niedergelegt. Außerdem veröffentlichte er im Jahre 1865 seine Briefe, Berichte und Tagebücher jener Reisen unter dem Titel Irervels arid Oiseoveries irr ete I-evairt, in denen die unmittelbare Frische der Eindrücke einen so angenehmen und fesselnden Aus' druck gesunden, daß ich es mir nicht versagen mag, einzelne Stücke derselben wortgetreu mitzutheilen, besonders da sie in Deutschland noch sast gänzlich un¬ bekannt sind. „Die Ankunft der Colonie brachte unter den friedlichen Bewohnern Budrums die größte Aufregung hervor, man staunte die Handwerkszeug! und unbegreiflichen Maichinerien an und gab die hohe Meinung, die man von der Macht und dem Reichthum der Engländer hatte, zuerst dadurch zu erkennen, daß man mit allen Preisen um das Doppelte aufschlug. Die pecuniären Hoffnungen der griechischen Erdarbeiter aus Smyrna wurden freilich bald ge¬ täuscht, als ein Trupp von 50 Matrosen mit Schaufeln antrat und in 6 Stun¬ den mehr arbeitete als die Griechen in 2 Tagen. Besser zu verwerthen waren die Türken, welche zwar langsam, aber sehr sorgfältig arbeiteten, was bei Aus¬ grabungen von großem Werthe ist." Zuerst legte Newton ein Feld bloß, auf welchem er schon im Jahr vorher eine Anzahl Terracotten gesunden, dann ein Feld, welches Capitain Spratt als den wahrscheinlichen Standort des Mauso¬ leums bezeichnet hatte, ohne mehr als unbedeutende Fundamente und einige Scherben alter Terracotten und Ziegel zu finden. Bessere Resultate ergaben die Nachgrabungen auf einem Felde, das einem alten Türken Hadji Caplan gehörte, zu dessen höchstem Erstaunen man unter dem Boden, arts dem er lange Jahre gepflügt, gesät und geerntet, einen wohlerhaltenen römischen Mosaikfußboden von großem Umfang bloßlcgte. Newton durchstreifte indeß unablässig die Stadt, um eine Spur von der Lage des alten Mausoleums zu finden. Im Mittelpunkte des Ortes, wo das Haus eines Türken Namens Sauk Bey stand, fielen ihm einzelne frei umher¬ liegende Stücke ionischer Säulen von feinstem parischen Marmor auf. Er faßte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/266>, abgerufen am 20.10.2024.