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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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diesen Unternehmungen der Einzelnen belebten unablässig die Interessen des
kleinen Kreises, der zeitweilig durch den Besuch des Herzogs von Luynes den
Zuwachs eines für Kunstcmpfängniß wie Reproduction gleich fein angelegten
Mannes erhielt. Der enge Zusammenhang der nordischen Freunde im Süden
ließ sie sich den Namen einer hyperboreisch-römischen Gesellschaft bei-
legen, und gern wurden die geheimnißvolle" Mythen von Apollon, der im Früh¬
ling von seinen Hyperboreern auf dem Greif gen Süden heimkehrt, beziehungs-
reich ausgesponnen, gern die Symbole dieses hypervoreischen Greifen und der römi¬
schen Wölfin mit einander verbunden. Gerhard hat dem Vereine in den beiden
Bänden der von ihm gesammelten "Hyberboreisch-römischen Studien" (1833.
1852) ein gemeinsames, dem 1834 in Se. Petersburg verstorbenen Stackelberg
noch überdies durch die Herausgabe seines Prachtwerkes über die "Gräber der
Hellenen" (1837) ein besonderes Denkmal gesetzt; die Freundschaft der Mitglieder
unter einander, wie auch mit Bunsen, ist von ihm wie von den Andern bis
ans Ende treu bewahrt worden.

Panofka war der Erste, welcher die Gesellschaft verließ, um den Herzog
von Blacas d'Aulps zu begleiten, zuerst auf seinen Gesandschaftsposten nach
Neapel, später auch nach Paris; Kestner war später durch eine selbständige
diplomatische Stellung mehr in Anspruch genommen, Stackelberg ging mit dem
Gedanken an die lange verschobene Heimkehr um, der freilich erst 1828 wirklich
zur Ausführung kam. So verließ denn auch Gerhard gegen Ende des Jahres
1826 aus einige Zeit die ewige Stadt, um nach vierjähriger Abwesenheit zuerst
Wieder die Heimath zu sehen. In München fesselte ihn für einige Zeit die damals
eben beginnende Herausgabe der "antiken Bildwerke"; er dedicirte dieselbe
seinem Landesherrn König Friedrich Wilhelm dem Dritten, der damals eben
das berliner Museum gegründet hatte, dasselbe, welchem Gerhard später seine
Thätigkeit widmen sollte. Auch wußte er von der berliner Akademie eine Unter¬
stützung zu erwirken, um eine Sammlung etruskischer Denkmäler, namentlich
Reliefs von Sarkophagen, in Zeichnungen zu veranstalten. So diente diese
Reise dazu, für die Zukunft wichtige neue Verbindungen anzuknüpfen, woneben
die älteren nicht vergessen blieben. An den alten Studiengenossen Meier und
den römischen Freund Schorn richtete Gerhard von München aus seine "Grund-
Züge der Archäologie" (1827), in welchen er bestrebt ist, der Archäologie einen
selbständigen Platz neben der Philologie zu verschaffen, indem er ihr die Er¬
klärung der antiken Bildwerke, basirt auf Religionsgeschichte und Kunstgeschichte,
als Gegenstand zuweist. In der ganzen Ausführung blickt deutlich der Prak-
tiker hindurch. In der Begriffsbestimmung der einzelnen Disciplinen geht
Gerhard von den gewöhnlichen Thätigkeiten ihrer Vertreter aus; in der weiteren
Durchführung zeigt sich überall das Streben, die Wichtigkeit der Kunstwerke
>ur die ganze Alterthumskunde und namentlich für die Kenntniß der alten Reli-


Grcnzboten II. 1867. 58

diesen Unternehmungen der Einzelnen belebten unablässig die Interessen des
kleinen Kreises, der zeitweilig durch den Besuch des Herzogs von Luynes den
Zuwachs eines für Kunstcmpfängniß wie Reproduction gleich fein angelegten
Mannes erhielt. Der enge Zusammenhang der nordischen Freunde im Süden
ließ sie sich den Namen einer hyperboreisch-römischen Gesellschaft bei-
legen, und gern wurden die geheimnißvolle» Mythen von Apollon, der im Früh¬
ling von seinen Hyperboreern auf dem Greif gen Süden heimkehrt, beziehungs-
reich ausgesponnen, gern die Symbole dieses hypervoreischen Greifen und der römi¬
schen Wölfin mit einander verbunden. Gerhard hat dem Vereine in den beiden
Bänden der von ihm gesammelten „Hyberboreisch-römischen Studien" (1833.
1852) ein gemeinsames, dem 1834 in Se. Petersburg verstorbenen Stackelberg
noch überdies durch die Herausgabe seines Prachtwerkes über die „Gräber der
Hellenen" (1837) ein besonderes Denkmal gesetzt; die Freundschaft der Mitglieder
unter einander, wie auch mit Bunsen, ist von ihm wie von den Andern bis
ans Ende treu bewahrt worden.

Panofka war der Erste, welcher die Gesellschaft verließ, um den Herzog
von Blacas d'Aulps zu begleiten, zuerst auf seinen Gesandschaftsposten nach
Neapel, später auch nach Paris; Kestner war später durch eine selbständige
diplomatische Stellung mehr in Anspruch genommen, Stackelberg ging mit dem
Gedanken an die lange verschobene Heimkehr um, der freilich erst 1828 wirklich
zur Ausführung kam. So verließ denn auch Gerhard gegen Ende des Jahres
1826 aus einige Zeit die ewige Stadt, um nach vierjähriger Abwesenheit zuerst
Wieder die Heimath zu sehen. In München fesselte ihn für einige Zeit die damals
eben beginnende Herausgabe der „antiken Bildwerke"; er dedicirte dieselbe
seinem Landesherrn König Friedrich Wilhelm dem Dritten, der damals eben
das berliner Museum gegründet hatte, dasselbe, welchem Gerhard später seine
Thätigkeit widmen sollte. Auch wußte er von der berliner Akademie eine Unter¬
stützung zu erwirken, um eine Sammlung etruskischer Denkmäler, namentlich
Reliefs von Sarkophagen, in Zeichnungen zu veranstalten. So diente diese
Reise dazu, für die Zukunft wichtige neue Verbindungen anzuknüpfen, woneben
die älteren nicht vergessen blieben. An den alten Studiengenossen Meier und
den römischen Freund Schorn richtete Gerhard von München aus seine „Grund-
Züge der Archäologie" (1827), in welchen er bestrebt ist, der Archäologie einen
selbständigen Platz neben der Philologie zu verschaffen, indem er ihr die Er¬
klärung der antiken Bildwerke, basirt auf Religionsgeschichte und Kunstgeschichte,
als Gegenstand zuweist. In der ganzen Ausführung blickt deutlich der Prak-
tiker hindurch. In der Begriffsbestimmung der einzelnen Disciplinen geht
Gerhard von den gewöhnlichen Thätigkeiten ihrer Vertreter aus; in der weiteren
Durchführung zeigt sich überall das Streben, die Wichtigkeit der Kunstwerke
>ur die ganze Alterthumskunde und namentlich für die Kenntniß der alten Reli-


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[0457] diesen Unternehmungen der Einzelnen belebten unablässig die Interessen des kleinen Kreises, der zeitweilig durch den Besuch des Herzogs von Luynes den Zuwachs eines für Kunstcmpfängniß wie Reproduction gleich fein angelegten Mannes erhielt. Der enge Zusammenhang der nordischen Freunde im Süden ließ sie sich den Namen einer hyperboreisch-römischen Gesellschaft bei- legen, und gern wurden die geheimnißvolle» Mythen von Apollon, der im Früh¬ ling von seinen Hyperboreern auf dem Greif gen Süden heimkehrt, beziehungs- reich ausgesponnen, gern die Symbole dieses hypervoreischen Greifen und der römi¬ schen Wölfin mit einander verbunden. Gerhard hat dem Vereine in den beiden Bänden der von ihm gesammelten „Hyberboreisch-römischen Studien" (1833. 1852) ein gemeinsames, dem 1834 in Se. Petersburg verstorbenen Stackelberg noch überdies durch die Herausgabe seines Prachtwerkes über die „Gräber der Hellenen" (1837) ein besonderes Denkmal gesetzt; die Freundschaft der Mitglieder unter einander, wie auch mit Bunsen, ist von ihm wie von den Andern bis ans Ende treu bewahrt worden. Panofka war der Erste, welcher die Gesellschaft verließ, um den Herzog von Blacas d'Aulps zu begleiten, zuerst auf seinen Gesandschaftsposten nach Neapel, später auch nach Paris; Kestner war später durch eine selbständige diplomatische Stellung mehr in Anspruch genommen, Stackelberg ging mit dem Gedanken an die lange verschobene Heimkehr um, der freilich erst 1828 wirklich zur Ausführung kam. So verließ denn auch Gerhard gegen Ende des Jahres 1826 aus einige Zeit die ewige Stadt, um nach vierjähriger Abwesenheit zuerst Wieder die Heimath zu sehen. In München fesselte ihn für einige Zeit die damals eben beginnende Herausgabe der „antiken Bildwerke"; er dedicirte dieselbe seinem Landesherrn König Friedrich Wilhelm dem Dritten, der damals eben das berliner Museum gegründet hatte, dasselbe, welchem Gerhard später seine Thätigkeit widmen sollte. Auch wußte er von der berliner Akademie eine Unter¬ stützung zu erwirken, um eine Sammlung etruskischer Denkmäler, namentlich Reliefs von Sarkophagen, in Zeichnungen zu veranstalten. So diente diese Reise dazu, für die Zukunft wichtige neue Verbindungen anzuknüpfen, woneben die älteren nicht vergessen blieben. An den alten Studiengenossen Meier und den römischen Freund Schorn richtete Gerhard von München aus seine „Grund- Züge der Archäologie" (1827), in welchen er bestrebt ist, der Archäologie einen selbständigen Platz neben der Philologie zu verschaffen, indem er ihr die Er¬ klärung der antiken Bildwerke, basirt auf Religionsgeschichte und Kunstgeschichte, als Gegenstand zuweist. In der ganzen Ausführung blickt deutlich der Prak- tiker hindurch. In der Begriffsbestimmung der einzelnen Disciplinen geht Gerhard von den gewöhnlichen Thätigkeiten ihrer Vertreter aus; in der weiteren Durchführung zeigt sich überall das Streben, die Wichtigkeit der Kunstwerke >ur die ganze Alterthumskunde und namentlich für die Kenntniß der alten Reli- Grcnzboten II. 1867. 58

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/457>, abgerufen am 24.08.2024.