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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Gerhard zuerst allein, spater im Verein mit Theodor Panofkci, einem
etwas jüngeren Landsmann aus Breslau. das Kunstblatt mit regelmäßig fort-
laufenden Berichten über alle wichtigen Ausgrabungen und neuen Funde aus und
so füllten sie eine empfindliche Lücke in der Kenntniß der Kunstwerke aus. Eben-
falls in Gemeinschaft mit Panofka wurde die genaue und gelehrte Katalogisirung
von Neapels antiken Bildwerken unternommen, von welcher leider nur ein
erster Band erschienen ist (1828).

Ein gleiches Verdienst erwarb sich Gerhard für Rom. Niebuhr hatte
mit Cotta den Plan einer neuen Beschreibung der Stadt Rom verab¬
redet und zur Ausführung desselben eine kurze Prädicirung Ernst Platner
Vorgeschlagen, welcher zuerst als Maler nach Rom eingewandert, später in einer
bescheidenen diplomatischen Stellung dort als sorgfältiger Beobachter und wohl-
unterichteter Kenner alter wie neuer Kunst lebte. Die eifrig geförderten Vorarbeiten
hatten mit der Erkenntniß des Umfangs und der Bedeutung dieses großartig
angelegten Unternehmens die Schwierigkeiten dargelegt und klar gemacht, daß
eurer solchen Riesenaufgabc ein Einzelner nicht genügen konnte. Es mußte also
eine Theilung der Arbeit eintreten. Niebuhr, der selber einzelne Theile aus¬
arbeitete, verließ schon 1823 seinen Gesandtschaftsposten in Rom, sein Nach¬
folger Bunsen nahm mit großem Eifer den Plan auf und zog mit andren
Genossen auch Gerhard heran. Dieser als der kundige Philolog erhielt zu-
nächst die Aufgabe, eine Sammlung der sämmtlichen früheren Stadtbeschreibungen
kritisch zu bearbeiten. Dieses Urkundenbuch für die Topographie Roms sollte
mit den kurzen Beschreibungen beginnen, welche bis in die Zeit Konstantins
des Großen hinauf, eichen, dann die Neste mittelalterlicher Tradition aus den
Aufzeichnungen von Pilgern und sonstigen Quellen zusammenstellen und erst
mit dem fünfzehnten Jahrhundert seinen Abschluß finden, wo das Interesse und
die Sorge für das alte Rom im neuen wieder erwachte und allmälig nicht
mehr blos in einzelnen handschriftlichen Aufzeichnungen, sondern in gedruckten
Werken seinen vollen Ausdruck fand. Gerhard widmete sich der mühevollen
und nicht eben durchweg genußreichen Arbeit mit dem emsigsten Fleiß. Nur
wegen äußerer Umstände wurde sie kurz vor ihrer Vollendung aufgegeben, denn
es lag nicht in Gerhards Natur, eine einmal begonnene Arbeit unvollendet liegen
ZU lassen. Es blieb ihm ein Lieblingswunsch, daß seine wohlgeordneten
Vorarbeiten an einem der jungen Gelehrten des archäologischen Instituts
ihren Herausgeber finden möchten. -- Hierauf blieb aber Gerhards Antheil an
der Beschreibung der Stadt Rom nicht beschränkt. Das vatikanische Mu¬
seum, die reichste und damals auch noch unbestritten vorzüglichste Antiken¬
sammlung der Welt, hatte in Emilio Quirino Visconti einen trefflichen
Bearbeiter, Visconti in Georg Zoega einen genauen Kritiker und Verbesserer
gefunden. Aber die Arbeiten beider umfaßten nur die hervorragendsten Werke;


Gerhard zuerst allein, spater im Verein mit Theodor Panofkci, einem
etwas jüngeren Landsmann aus Breslau. das Kunstblatt mit regelmäßig fort-
laufenden Berichten über alle wichtigen Ausgrabungen und neuen Funde aus und
so füllten sie eine empfindliche Lücke in der Kenntniß der Kunstwerke aus. Eben-
falls in Gemeinschaft mit Panofka wurde die genaue und gelehrte Katalogisirung
von Neapels antiken Bildwerken unternommen, von welcher leider nur ein
erster Band erschienen ist (1828).

Ein gleiches Verdienst erwarb sich Gerhard für Rom. Niebuhr hatte
mit Cotta den Plan einer neuen Beschreibung der Stadt Rom verab¬
redet und zur Ausführung desselben eine kurze Prädicirung Ernst Platner
Vorgeschlagen, welcher zuerst als Maler nach Rom eingewandert, später in einer
bescheidenen diplomatischen Stellung dort als sorgfältiger Beobachter und wohl-
unterichteter Kenner alter wie neuer Kunst lebte. Die eifrig geförderten Vorarbeiten
hatten mit der Erkenntniß des Umfangs und der Bedeutung dieses großartig
angelegten Unternehmens die Schwierigkeiten dargelegt und klar gemacht, daß
eurer solchen Riesenaufgabc ein Einzelner nicht genügen konnte. Es mußte also
eine Theilung der Arbeit eintreten. Niebuhr, der selber einzelne Theile aus¬
arbeitete, verließ schon 1823 seinen Gesandtschaftsposten in Rom, sein Nach¬
folger Bunsen nahm mit großem Eifer den Plan auf und zog mit andren
Genossen auch Gerhard heran. Dieser als der kundige Philolog erhielt zu-
nächst die Aufgabe, eine Sammlung der sämmtlichen früheren Stadtbeschreibungen
kritisch zu bearbeiten. Dieses Urkundenbuch für die Topographie Roms sollte
mit den kurzen Beschreibungen beginnen, welche bis in die Zeit Konstantins
des Großen hinauf, eichen, dann die Neste mittelalterlicher Tradition aus den
Aufzeichnungen von Pilgern und sonstigen Quellen zusammenstellen und erst
mit dem fünfzehnten Jahrhundert seinen Abschluß finden, wo das Interesse und
die Sorge für das alte Rom im neuen wieder erwachte und allmälig nicht
mehr blos in einzelnen handschriftlichen Aufzeichnungen, sondern in gedruckten
Werken seinen vollen Ausdruck fand. Gerhard widmete sich der mühevollen
und nicht eben durchweg genußreichen Arbeit mit dem emsigsten Fleiß. Nur
wegen äußerer Umstände wurde sie kurz vor ihrer Vollendung aufgegeben, denn
es lag nicht in Gerhards Natur, eine einmal begonnene Arbeit unvollendet liegen
ZU lassen. Es blieb ihm ein Lieblingswunsch, daß seine wohlgeordneten
Vorarbeiten an einem der jungen Gelehrten des archäologischen Instituts
ihren Herausgeber finden möchten. — Hierauf blieb aber Gerhards Antheil an
der Beschreibung der Stadt Rom nicht beschränkt. Das vatikanische Mu¬
seum, die reichste und damals auch noch unbestritten vorzüglichste Antiken¬
sammlung der Welt, hatte in Emilio Quirino Visconti einen trefflichen
Bearbeiter, Visconti in Georg Zoega einen genauen Kritiker und Verbesserer
gefunden. Aber die Arbeiten beider umfaßten nur die hervorragendsten Werke;


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/453>, abgerufen am 22.07.2024.