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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Napoleon! Was fehlet noch?
Gesundheit und ein langes Leben ---
Auch das kann Dir Jehova geben
Und damit krönen all' dein Thun,
Und das, was Deine Hand soll bauen.
Mit Adlersblick zu überschauen,
Und, wie's vollbracht, dann auszuruh'n.
Dies ist mein Opfer, das ich bringe,
Mein Lied, das ich Dir fröhlich singe,
Ohr' alle Pracht, ohn' alle Zier.
Doch hätt' ich damit Lob errungen,
So wär' die Arbeit wohl gelungen.

Und darunter:


Bei diesen nie erlebten Zeiten,
Ist alles außer sich für Freuden --
Auch ich, des Dichters Ehefrau,
Stell' hier mein Opfer dar zur Schau.
Napoleon, Chef der Franzosen,
Dir streue ich den Weg mit Rosen.
Denn Dich zu preisen bin ich schwach ,
Doch Gutes wünschen ist mein Fach.
Der Herr erhalt Dir spät Dein Leben
Und nähre Dich, den edlen Reben,
Er kröne Dich mit Glück und Heil
Und Josephine bleib Dein Theil.

Beim Besuch der königl. Bibliothek huldigte der bekannte Hofrath Daßdorf
dem Kaiser mit einem lateinischen Akrostichon, welches trotz der classischen Form
ebenso blödsinnigen Inhalts war, wie das Poem des bescheidenen stattlichen
Lehrers. Im Schauspielhause bei der zu Ehren des Kaisers gegebenen Festvor-
steUung sah man auf zehn in zwei Reihen aufgerichteten kleinern Altären die
Namen: Alexander. Miltiades. Philipp. Achill, Perikles, Cäsar, MarceUus.
Marius, Favius. Scipio. Aus einen großen Altar in der Mitte schrieb der
Sänger Benetti als Genius den Namen Napoleon, der sofort von einer großen
Sonne erleuchtet wurde, während die andern Namen verschwanden. In der
Anrede des Genius an den Kaiser hieß es unter anderem: "Was ist Alexanders,
was Cäsars unüberwundene Größe? Ein leichter Tropfen Morgenthaus in
der Fluth des Oceans. Napoleon, dein Tempel ist die Welt." Und im Jahre
1812 bei einer Festcantate strahlte in einem Tempel eine Sonne mit der In"
Schuft: "Die Sonne ist nicht so groß und glänzend wie er!"

Ja die Deutschen verdienten es damals, von Napoleon verachtet und alß'
handelt zu werden. Für solchen Frevel mußte Vergeltung kommen. Wir
müssen Gott danken, daß wir in derselben nicht zu Grunde gingen, sondern
durch die glorreiche Erhebung des preußischen Volkes gegen den Tyrannen zu
einem würdigeren für die Zukunft hoffnungsreichen Dasein regenenrt worden
sind. --




Verantwortlicher Redacteur- Gustav Freytag.
Verlag von K. L" Herbig. -- Druck von Hitthel ä- Segler in Leipzig.
Napoleon! Was fehlet noch?
Gesundheit und ein langes Leben —-
Auch das kann Dir Jehova geben
Und damit krönen all' dein Thun,
Und das, was Deine Hand soll bauen.
Mit Adlersblick zu überschauen,
Und, wie's vollbracht, dann auszuruh'n.
Dies ist mein Opfer, das ich bringe,
Mein Lied, das ich Dir fröhlich singe,
Ohr' alle Pracht, ohn' alle Zier.
Doch hätt' ich damit Lob errungen,
So wär' die Arbeit wohl gelungen.

Und darunter:


Bei diesen nie erlebten Zeiten,
Ist alles außer sich für Freuden —
Auch ich, des Dichters Ehefrau,
Stell' hier mein Opfer dar zur Schau.
Napoleon, Chef der Franzosen,
Dir streue ich den Weg mit Rosen.
Denn Dich zu preisen bin ich schwach ,
Doch Gutes wünschen ist mein Fach.
Der Herr erhalt Dir spät Dein Leben
Und nähre Dich, den edlen Reben,
Er kröne Dich mit Glück und Heil
Und Josephine bleib Dein Theil.

Beim Besuch der königl. Bibliothek huldigte der bekannte Hofrath Daßdorf
dem Kaiser mit einem lateinischen Akrostichon, welches trotz der classischen Form
ebenso blödsinnigen Inhalts war, wie das Poem des bescheidenen stattlichen
Lehrers. Im Schauspielhause bei der zu Ehren des Kaisers gegebenen Festvor-
steUung sah man auf zehn in zwei Reihen aufgerichteten kleinern Altären die
Namen: Alexander. Miltiades. Philipp. Achill, Perikles, Cäsar, MarceUus.
Marius, Favius. Scipio. Aus einen großen Altar in der Mitte schrieb der
Sänger Benetti als Genius den Namen Napoleon, der sofort von einer großen
Sonne erleuchtet wurde, während die andern Namen verschwanden. In der
Anrede des Genius an den Kaiser hieß es unter anderem: „Was ist Alexanders,
was Cäsars unüberwundene Größe? Ein leichter Tropfen Morgenthaus in
der Fluth des Oceans. Napoleon, dein Tempel ist die Welt." Und im Jahre
1812 bei einer Festcantate strahlte in einem Tempel eine Sonne mit der In«
Schuft: „Die Sonne ist nicht so groß und glänzend wie er!"

Ja die Deutschen verdienten es damals, von Napoleon verachtet und alß'
handelt zu werden. Für solchen Frevel mußte Vergeltung kommen. Wir
müssen Gott danken, daß wir in derselben nicht zu Grunde gingen, sondern
durch die glorreiche Erhebung des preußischen Volkes gegen den Tyrannen zu
einem würdigeren für die Zukunft hoffnungsreichen Dasein regenenrt worden
sind. —




Verantwortlicher Redacteur- Gustav Freytag.
Verlag von K. L» Herbig. — Druck von Hitthel ä- Segler in Leipzig.
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[0448] Napoleon! Was fehlet noch? Gesundheit und ein langes Leben —- Auch das kann Dir Jehova geben Und damit krönen all' dein Thun, Und das, was Deine Hand soll bauen. Mit Adlersblick zu überschauen, Und, wie's vollbracht, dann auszuruh'n. Dies ist mein Opfer, das ich bringe, Mein Lied, das ich Dir fröhlich singe, Ohr' alle Pracht, ohn' alle Zier. Doch hätt' ich damit Lob errungen, So wär' die Arbeit wohl gelungen. Und darunter: Bei diesen nie erlebten Zeiten, Ist alles außer sich für Freuden — Auch ich, des Dichters Ehefrau, Stell' hier mein Opfer dar zur Schau. Napoleon, Chef der Franzosen, Dir streue ich den Weg mit Rosen. Denn Dich zu preisen bin ich schwach , Doch Gutes wünschen ist mein Fach. Der Herr erhalt Dir spät Dein Leben Und nähre Dich, den edlen Reben, Er kröne Dich mit Glück und Heil Und Josephine bleib Dein Theil. Beim Besuch der königl. Bibliothek huldigte der bekannte Hofrath Daßdorf dem Kaiser mit einem lateinischen Akrostichon, welches trotz der classischen Form ebenso blödsinnigen Inhalts war, wie das Poem des bescheidenen stattlichen Lehrers. Im Schauspielhause bei der zu Ehren des Kaisers gegebenen Festvor- steUung sah man auf zehn in zwei Reihen aufgerichteten kleinern Altären die Namen: Alexander. Miltiades. Philipp. Achill, Perikles, Cäsar, MarceUus. Marius, Favius. Scipio. Aus einen großen Altar in der Mitte schrieb der Sänger Benetti als Genius den Namen Napoleon, der sofort von einer großen Sonne erleuchtet wurde, während die andern Namen verschwanden. In der Anrede des Genius an den Kaiser hieß es unter anderem: „Was ist Alexanders, was Cäsars unüberwundene Größe? Ein leichter Tropfen Morgenthaus in der Fluth des Oceans. Napoleon, dein Tempel ist die Welt." Und im Jahre 1812 bei einer Festcantate strahlte in einem Tempel eine Sonne mit der In« Schuft: „Die Sonne ist nicht so groß und glänzend wie er!" Ja die Deutschen verdienten es damals, von Napoleon verachtet und alß' handelt zu werden. Für solchen Frevel mußte Vergeltung kommen. Wir müssen Gott danken, daß wir in derselben nicht zu Grunde gingen, sondern durch die glorreiche Erhebung des preußischen Volkes gegen den Tyrannen zu einem würdigeren für die Zukunft hoffnungsreichen Dasein regenenrt worden sind. — Verantwortlicher Redacteur- Gustav Freytag. Verlag von K. L» Herbig. — Druck von Hitthel ä- Segler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/448>, abgerufen am 01.07.2024.