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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Inschrift errichten und beleuchten und jeden Brückenpfeiler mit einem trans¬
parent gemalten kolossalen Ehrenlegionskreuze schmücken lassen. Die Beschrei¬
bung der zahlreichen Transparents an den Häusern giebt neben bombastischer Lob¬
hudeleien des großen Napoleon auch eine große Anzahl blödsinniger und komi¬
scher Devisen, von denen Res. eine kleine Blumenlese giebt: "Contribuiret,
exerciret, illuminiret hab' ich treulich, wie es sich einem treuen Sachsen gebührt."
"Anno 1806 wars nicht gut, uns Sachsen fiel der Muth, nun wird sichs
bessern und alles werden gut." --Bei einem Schuster: .Bor Freude will ich
illuminiren. mein gar>z Vermögen d'ran spendiren. Mein Weib mag schrein die
Kreuz und Quer: Wo kommt nun Geld zum Leder her? Sie hat zwar Recht
in ihrem Sinn, weil ich schon etwas schuldig bin. Doch sprech ick zu ihr hinter¬
drein : Mein liebes Weib, laß immer sein, laß mich nur heute Vivat schrein."
-> Ferner: "Napoleon, der große Kaiser, lebe zu guten Thaten fort, er helf,
daß Sachsen wohlfeil lebe, dann segnen wir ihn dort." -- "Die Freude ist heut
bei uns so groß, wie bei den Kindern Israel, da sie aus Aegypten gingen und
durch den Jordan marschirten." --- "Durch Napoleon den Großen und seinen
königlichen Freund genießen wir Götterlust." -- "Es leben Kaiser. König und
Fürsten, die schon hängst nach Frieden dürsten: es lebe auch das Publicum,
das sich freut auf Napoleon." -- Und solche und ähnliche Albernheiten fanden
s'et an den Fenstern ganz reputierlicher Leute.

Am breitesten entwickelt aber charakteristisch spricht sich die Begeisterung in
einem langen am Fenster eines städtischen Lehrers illuminirten Gedichte aus,
welches Reh. ganz mitzutheilen sich nicht versagen kann.


"Dein Ruhm und was Du thust, ist selten,
Weil mit Dir ist der starke Gott.
Er giebt Dir Weisheit, Macht und Ehre.
Auf seinen Wink stehn große Heere,
Wie Sand am Meer, Dir zu Gebot.
Ja schier von allen Nationen,
'
.Gerüstt zum Kampf, reich an Kanonen,
Sind Schaaren auf Dein Wort bereit,
Zu rennen auf gewählte Felder,
Und fürchten nicht die Schreckenskclter,
Wo Brüder bluten weit und breit.
Du führest traun des Herren Kriege,
Wie David einst, und erntst die Siege,
Und wirst wie Crösus reich und groß.
Die störrigen stößt Du vom Throne,
Dem Biedern setzest Du auf die Krone
Und theilst ihm mit ein lieblich Loos.
Das thust Du auch dem braven Sachsen,
Den machst du groß und läßt auch wachsen
Sein schönes Land zum Königreich.
'
Als Herzogthum schiens Dir zu wenig.
Drum sprachst Du: August sei nun König
Und souveräner Herr zugleich.
Den Frieden allgemein zu gründen.
Glück, Wohlstand überall zu finden
Und mildern vieler Völker Joch --
Zu diesem Amt bist Du geboren,
Von Gott als Rüstzeug auserkoren.

Inschrift errichten und beleuchten und jeden Brückenpfeiler mit einem trans¬
parent gemalten kolossalen Ehrenlegionskreuze schmücken lassen. Die Beschrei¬
bung der zahlreichen Transparents an den Häusern giebt neben bombastischer Lob¬
hudeleien des großen Napoleon auch eine große Anzahl blödsinniger und komi¬
scher Devisen, von denen Res. eine kleine Blumenlese giebt: „Contribuiret,
exerciret, illuminiret hab' ich treulich, wie es sich einem treuen Sachsen gebührt."
„Anno 1806 wars nicht gut, uns Sachsen fiel der Muth, nun wird sichs
bessern und alles werden gut." —Bei einem Schuster: .Bor Freude will ich
illuminiren. mein gar>z Vermögen d'ran spendiren. Mein Weib mag schrein die
Kreuz und Quer: Wo kommt nun Geld zum Leder her? Sie hat zwar Recht
in ihrem Sinn, weil ich schon etwas schuldig bin. Doch sprech ick zu ihr hinter¬
drein : Mein liebes Weib, laß immer sein, laß mich nur heute Vivat schrein."
-> Ferner: „Napoleon, der große Kaiser, lebe zu guten Thaten fort, er helf,
daß Sachsen wohlfeil lebe, dann segnen wir ihn dort." — „Die Freude ist heut
bei uns so groß, wie bei den Kindern Israel, da sie aus Aegypten gingen und
durch den Jordan marschirten." -— „Durch Napoleon den Großen und seinen
königlichen Freund genießen wir Götterlust." — „Es leben Kaiser. König und
Fürsten, die schon hängst nach Frieden dürsten: es lebe auch das Publicum,
das sich freut auf Napoleon." — Und solche und ähnliche Albernheiten fanden
s'et an den Fenstern ganz reputierlicher Leute.

Am breitesten entwickelt aber charakteristisch spricht sich die Begeisterung in
einem langen am Fenster eines städtischen Lehrers illuminirten Gedichte aus,
welches Reh. ganz mitzutheilen sich nicht versagen kann.


„Dein Ruhm und was Du thust, ist selten,
Weil mit Dir ist der starke Gott.
Er giebt Dir Weisheit, Macht und Ehre.
Auf seinen Wink stehn große Heere,
Wie Sand am Meer, Dir zu Gebot.
Ja schier von allen Nationen,
'
.Gerüstt zum Kampf, reich an Kanonen,
Sind Schaaren auf Dein Wort bereit,
Zu rennen auf gewählte Felder,
Und fürchten nicht die Schreckenskclter,
Wo Brüder bluten weit und breit.
Du führest traun des Herren Kriege,
Wie David einst, und erntst die Siege,
Und wirst wie Crösus reich und groß.
Die störrigen stößt Du vom Throne,
Dem Biedern setzest Du auf die Krone
Und theilst ihm mit ein lieblich Loos.
Das thust Du auch dem braven Sachsen,
Den machst du groß und läßt auch wachsen
Sein schönes Land zum Königreich.
'
Als Herzogthum schiens Dir zu wenig.
Drum sprachst Du: August sei nun König
Und souveräner Herr zugleich.
Den Frieden allgemein zu gründen.
Glück, Wohlstand überall zu finden
Und mildern vieler Völker Joch —
Zu diesem Amt bist Du geboren,
Von Gott als Rüstzeug auserkoren.

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[0447] Inschrift errichten und beleuchten und jeden Brückenpfeiler mit einem trans¬ parent gemalten kolossalen Ehrenlegionskreuze schmücken lassen. Die Beschrei¬ bung der zahlreichen Transparents an den Häusern giebt neben bombastischer Lob¬ hudeleien des großen Napoleon auch eine große Anzahl blödsinniger und komi¬ scher Devisen, von denen Res. eine kleine Blumenlese giebt: „Contribuiret, exerciret, illuminiret hab' ich treulich, wie es sich einem treuen Sachsen gebührt." „Anno 1806 wars nicht gut, uns Sachsen fiel der Muth, nun wird sichs bessern und alles werden gut." —Bei einem Schuster: .Bor Freude will ich illuminiren. mein gar>z Vermögen d'ran spendiren. Mein Weib mag schrein die Kreuz und Quer: Wo kommt nun Geld zum Leder her? Sie hat zwar Recht in ihrem Sinn, weil ich schon etwas schuldig bin. Doch sprech ick zu ihr hinter¬ drein : Mein liebes Weib, laß immer sein, laß mich nur heute Vivat schrein." -> Ferner: „Napoleon, der große Kaiser, lebe zu guten Thaten fort, er helf, daß Sachsen wohlfeil lebe, dann segnen wir ihn dort." — „Die Freude ist heut bei uns so groß, wie bei den Kindern Israel, da sie aus Aegypten gingen und durch den Jordan marschirten." -— „Durch Napoleon den Großen und seinen königlichen Freund genießen wir Götterlust." — „Es leben Kaiser. König und Fürsten, die schon hängst nach Frieden dürsten: es lebe auch das Publicum, das sich freut auf Napoleon." — Und solche und ähnliche Albernheiten fanden s'et an den Fenstern ganz reputierlicher Leute. Am breitesten entwickelt aber charakteristisch spricht sich die Begeisterung in einem langen am Fenster eines städtischen Lehrers illuminirten Gedichte aus, welches Reh. ganz mitzutheilen sich nicht versagen kann. „Dein Ruhm und was Du thust, ist selten, Weil mit Dir ist der starke Gott. Er giebt Dir Weisheit, Macht und Ehre. Auf seinen Wink stehn große Heere, Wie Sand am Meer, Dir zu Gebot. Ja schier von allen Nationen, ' .Gerüstt zum Kampf, reich an Kanonen, Sind Schaaren auf Dein Wort bereit, Zu rennen auf gewählte Felder, Und fürchten nicht die Schreckenskclter, Wo Brüder bluten weit und breit. Du führest traun des Herren Kriege, Wie David einst, und erntst die Siege, Und wirst wie Crösus reich und groß. Die störrigen stößt Du vom Throne, Dem Biedern setzest Du auf die Krone Und theilst ihm mit ein lieblich Loos. Das thust Du auch dem braven Sachsen, Den machst du groß und läßt auch wachsen Sein schönes Land zum Königreich. ' Als Herzogthum schiens Dir zu wenig. Drum sprachst Du: August sei nun König Und souveräner Herr zugleich. Den Frieden allgemein zu gründen. Glück, Wohlstand überall zu finden Und mildern vieler Völker Joch — Zu diesem Amt bist Du geboren, Von Gott als Rüstzeug auserkoren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/447>, abgerufen am 03.07.2024.