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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Daß nur der Weisheit.Konservator
Der Deutsche war geachtet groß,
Ja, daß er ewig war der Meister,
Der Nüsse ewig Schüler blos.



So ging". Fern lag noch Katharinas
Jahrhunderts lichte, goldne Zeit,
Als aus dem Herz des Volkes selber
Ein Mann hervorging, gottgeweihr. --



Daß dieser "große Mensch und Russenmann", der "alles in sich umfaßte
und fast nichts unberührt ließ" Lomonossow war, können die Leser sich vor,
stellen, ohne daß sie diese in Bautzen verdeutschte Eingebung der slawischen
Muse zu Ende scandiren.

^Wir konnten die vorliegenden bereits ziemlich zahlreichen Zeugnisse für die un-
verfälschte Reinheit des slawischen Elements in der sächsischen Lausitz abschließen,
wenn nicht noch ein charakteristischer Zug zur Beurtheilung derselben fehlte.
D>e bautzuer Panjlawisten, die inmitten einer Bevölkerung fremden Stammes
leben und trotz der Pertümmerung ihrer aus einige tausend Dorfbewohner be¬
schränkten Naiionalität den Anspruch erheben, eine Bejonderheit innerhalb der
sächsischen Böltersalnilie zu repräsentiren (Herr Stlchart, der vaterländische Geo¬
graph, unterscheidet ausdrücklich "germanische" und "slawische Sachsen"), die
bautzner Panslawisten überbieten ihre peiersburger und moskauer Brüder de-
irachuich an Haß und Feindschaft gegen jene deutsche Colonie an der.Ostsee,
in welcher die Liv-, Est- und Kurländer eben jetzt einen verzweifelten Kampf für
die 'Aufrechterhaltung ihrer sievenhunbertjährlgen Eultur, der Sprache, des Rechts,
der Küche und der Schule kämpfen, welche die Berlragsmue der russischen Herrscher
ihnen bis jetzt gelassen. Schmähartikel und Ausfälle gegen die deutsch-russischen
Oilfeeplovinzen einhalten die beiden Jahrgänge des Centralblatts nichl weniger
als oren, welche zu den längsten und erbiNensten des gejamnuen Journals ge¬
hören. Auf der Thatsache fußend, daß die Letten Liv- und Eurlands der ur-
slawijchen Hölteriamilie angehören, dadurch aber, daß sie zufolge jahrhunderte¬
langen deutschen Einflusses ur den Kreis germanisch-protestantischen Eulturlebens
gezogen sind, an der Berfchmelzung und Auflösung in den panslawistischen Ur-
brel der Zukunft verblutete werden könnten, -- hat der Schmaler- (sprich Smoljäl)
Pechfche Panslawismus dem Deutschthum an der Ostsee den Tod geschworen
und einen unaujlöslichen Bund mit den Iungletten geschlossen -- einer kleinen
Literaturschule, die von einer selbständigen lettischen Cultur der Zukunft
träumt und der russischen Demokratie gelegentliche Handlangerdienste leistet.
Schon die Bckanntjchast mit den Ueberschnflen ^der Auslassungen des Central¬
blatts über die ballt>chen Provinzen ist ziemlich lehrreich. In einer langem Ab-


Daß nur der Weisheit.Konservator
Der Deutsche war geachtet groß,
Ja, daß er ewig war der Meister,
Der Nüsse ewig Schüler blos.



So ging«. Fern lag noch Katharinas
Jahrhunderts lichte, goldne Zeit,
Als aus dem Herz des Volkes selber
Ein Mann hervorging, gottgeweihr. —



Daß dieser „große Mensch und Russenmann", der „alles in sich umfaßte
und fast nichts unberührt ließ" Lomonossow war, können die Leser sich vor,
stellen, ohne daß sie diese in Bautzen verdeutschte Eingebung der slawischen
Muse zu Ende scandiren.

^Wir konnten die vorliegenden bereits ziemlich zahlreichen Zeugnisse für die un-
verfälschte Reinheit des slawischen Elements in der sächsischen Lausitz abschließen,
wenn nicht noch ein charakteristischer Zug zur Beurtheilung derselben fehlte.
D>e bautzuer Panjlawisten, die inmitten einer Bevölkerung fremden Stammes
leben und trotz der Pertümmerung ihrer aus einige tausend Dorfbewohner be¬
schränkten Naiionalität den Anspruch erheben, eine Bejonderheit innerhalb der
sächsischen Böltersalnilie zu repräsentiren (Herr Stlchart, der vaterländische Geo¬
graph, unterscheidet ausdrücklich „germanische" und „slawische Sachsen"), die
bautzner Panslawisten überbieten ihre peiersburger und moskauer Brüder de-
irachuich an Haß und Feindschaft gegen jene deutsche Colonie an der.Ostsee,
in welcher die Liv-, Est- und Kurländer eben jetzt einen verzweifelten Kampf für
die 'Aufrechterhaltung ihrer sievenhunbertjährlgen Eultur, der Sprache, des Rechts,
der Küche und der Schule kämpfen, welche die Berlragsmue der russischen Herrscher
ihnen bis jetzt gelassen. Schmähartikel und Ausfälle gegen die deutsch-russischen
Oilfeeplovinzen einhalten die beiden Jahrgänge des Centralblatts nichl weniger
als oren, welche zu den längsten und erbiNensten des gejamnuen Journals ge¬
hören. Auf der Thatsache fußend, daß die Letten Liv- und Eurlands der ur-
slawijchen Hölteriamilie angehören, dadurch aber, daß sie zufolge jahrhunderte¬
langen deutschen Einflusses ur den Kreis germanisch-protestantischen Eulturlebens
gezogen sind, an der Berfchmelzung und Auflösung in den panslawistischen Ur-
brel der Zukunft verblutete werden könnten, — hat der Schmaler- (sprich Smoljäl)
Pechfche Panslawismus dem Deutschthum an der Ostsee den Tod geschworen
und einen unaujlöslichen Bund mit den Iungletten geschlossen — einer kleinen
Literaturschule, die von einer selbständigen lettischen Cultur der Zukunft
träumt und der russischen Demokratie gelegentliche Handlangerdienste leistet.
Schon die Bckanntjchast mit den Ueberschnflen ^der Auslassungen des Central¬
blatts über die ballt>chen Provinzen ist ziemlich lehrreich. In einer langem Ab-


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[0442] Daß nur der Weisheit.Konservator Der Deutsche war geachtet groß, Ja, daß er ewig war der Meister, Der Nüsse ewig Schüler blos. So ging«. Fern lag noch Katharinas Jahrhunderts lichte, goldne Zeit, Als aus dem Herz des Volkes selber Ein Mann hervorging, gottgeweihr. — Daß dieser „große Mensch und Russenmann", der „alles in sich umfaßte und fast nichts unberührt ließ" Lomonossow war, können die Leser sich vor, stellen, ohne daß sie diese in Bautzen verdeutschte Eingebung der slawischen Muse zu Ende scandiren. ^Wir konnten die vorliegenden bereits ziemlich zahlreichen Zeugnisse für die un- verfälschte Reinheit des slawischen Elements in der sächsischen Lausitz abschließen, wenn nicht noch ein charakteristischer Zug zur Beurtheilung derselben fehlte. D>e bautzuer Panjlawisten, die inmitten einer Bevölkerung fremden Stammes leben und trotz der Pertümmerung ihrer aus einige tausend Dorfbewohner be¬ schränkten Naiionalität den Anspruch erheben, eine Bejonderheit innerhalb der sächsischen Böltersalnilie zu repräsentiren (Herr Stlchart, der vaterländische Geo¬ graph, unterscheidet ausdrücklich „germanische" und „slawische Sachsen"), die bautzner Panslawisten überbieten ihre peiersburger und moskauer Brüder de- irachuich an Haß und Feindschaft gegen jene deutsche Colonie an der.Ostsee, in welcher die Liv-, Est- und Kurländer eben jetzt einen verzweifelten Kampf für die 'Aufrechterhaltung ihrer sievenhunbertjährlgen Eultur, der Sprache, des Rechts, der Küche und der Schule kämpfen, welche die Berlragsmue der russischen Herrscher ihnen bis jetzt gelassen. Schmähartikel und Ausfälle gegen die deutsch-russischen Oilfeeplovinzen einhalten die beiden Jahrgänge des Centralblatts nichl weniger als oren, welche zu den längsten und erbiNensten des gejamnuen Journals ge¬ hören. Auf der Thatsache fußend, daß die Letten Liv- und Eurlands der ur- slawijchen Hölteriamilie angehören, dadurch aber, daß sie zufolge jahrhunderte¬ langen deutschen Einflusses ur den Kreis germanisch-protestantischen Eulturlebens gezogen sind, an der Berfchmelzung und Auflösung in den panslawistischen Ur- brel der Zukunft verblutete werden könnten, — hat der Schmaler- (sprich Smoljäl) Pechfche Panslawismus dem Deutschthum an der Ostsee den Tod geschworen und einen unaujlöslichen Bund mit den Iungletten geschlossen — einer kleinen Literaturschule, die von einer selbständigen lettischen Cultur der Zukunft träumt und der russischen Demokratie gelegentliche Handlangerdienste leistet. Schon die Bckanntjchast mit den Ueberschnflen ^der Auslassungen des Central¬ blatts über die ballt>chen Provinzen ist ziemlich lehrreich. In einer langem Ab-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/442>, abgerufen am 22.07.2024.