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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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wurde, ist, und zwar durch Verkauf, auch die Dampscorvette "Danzig". 12
in andere Hände übergegangen, ein Raddampfer von 400 Pferdekraft, welcher
eine Barktakelage führte, also drei Masten, von denen nur die beiden vorderen
Raasegel hatten und somit eigentlich als Radsloop hätte bezeichnet werden
müssen. Die "Danzig", im übrigen grade kein sehr vorzüglicher Bau, ist
besonders durch das Gefecht bekannt geworden, in welchem der Admiral Prinz
Adalbert die als Strandräuber berüchtigten Beduinen des Riff an der marokka¬
nischen Küste für ihre Plünderungen auf den Strand gerathener deutscher Kauf¬
fahrteischiffe züchtigte. Bekanntlich wurden die Riffpiraten zunächst durch eine
in Booten gekantete Anzahl Matrosen und Seesoldaten unter tapferer persön¬
licher Führung des Prinzen in ihre Berge zurückgetrieben und nach Aufpflan¬
zung der preußischen Flagge und der Rückkehr der preußischen Mannschaften
auf das Schiff noch mit Bomben beschossen. Jedenfalls ist es zu beklagen,
daß jene Affaire so ganz ohne materiellen Nutzen geblieben ist.

Der dritte Naddampfer der preußischen Marine ist die ehemalige Nadcor-
vette "Barbarossa" von 10 (später 9) Geschützen und 230 Pferdekraft, die
aber nicht lange diensttüchtig geblieben und deshalb zum Kasernenschiff gemacht
worden ist, wobei man ihre Maschinen aus- und die Nadkasten abnahm, an
deren Stelle aufspringende Galerien stehen blieben, und ihre dreimastige
Takelage durch eine schmächtige Briggtakclage ersetzte. So lag die ehemalige
Dampscorvette Jahre lang bewegungslos in der Weichsel an der königlichen Werth
zu Danzig und überragte mit ihrem hohen, massigen schwarzen Rumpf, der
übrigens unter der Wasserlinie nicht gekupfert. sondern ausnahmsweise wie bei
Eisenschiffen roth gestrichen ist, die ganze Umgebung, während die dürftigen,
wegen der Länge des Fahrzeugs weit auseinanderstehenden beiden Masten das
Mißverhältniß zwischen Rumpf und Takelage recht grell hervortreten ließen.
Seit der Besitznahme von Kiel aber und seiner Bestimmung zur preußischen
Flottenstation ist der "Barbarossa" dahin übergeführt worden und liegt jetzt an
der Landungsbrücke gegenüber dem königlichen Schloß, dicht neben den äußersten
Schiffsbauplätzen der kielcr Privatwerften, wo er als Kasernenschiff, d. h. als
Wohnung für die Matrosen dient, welche nicht auf anderen, in Dienst gestellten
Kriegsschiffen untergebracht sind. ..Barbarossa" war früher ein vielgerühmtes
Schiff der deutschen Flotte gewesen und mit der..Gefion" 18S2 von Preußen
für den verhältnißmcißig hohen Preis von zusammen 262,500 Thalern erstanden
Worden. Da sich seitdem ergeben, wie nutzlos für den Seekrieg jetzt selbst diese
beiden tüchtigsten Fahrzeuge der früheren deutschen Flotte geworden sind, so
dürfen wir heut wohl zugeben, daß die Versteigerung der Flotte im Grunde
die Wehrkraft Deutschlands zur See nicht geschädigt hätte, selbst wenn jene
Schiffe sämmtlich gut construirte und wohlerhaltene Exemplare gewesen wären.
Nun waren aber die meisten Schiffe damals keineswegs Muster tüchtigen Baues,


wurde, ist, und zwar durch Verkauf, auch die Dampscorvette „Danzig". 12
in andere Hände übergegangen, ein Raddampfer von 400 Pferdekraft, welcher
eine Barktakelage führte, also drei Masten, von denen nur die beiden vorderen
Raasegel hatten und somit eigentlich als Radsloop hätte bezeichnet werden
müssen. Die „Danzig", im übrigen grade kein sehr vorzüglicher Bau, ist
besonders durch das Gefecht bekannt geworden, in welchem der Admiral Prinz
Adalbert die als Strandräuber berüchtigten Beduinen des Riff an der marokka¬
nischen Küste für ihre Plünderungen auf den Strand gerathener deutscher Kauf¬
fahrteischiffe züchtigte. Bekanntlich wurden die Riffpiraten zunächst durch eine
in Booten gekantete Anzahl Matrosen und Seesoldaten unter tapferer persön¬
licher Führung des Prinzen in ihre Berge zurückgetrieben und nach Aufpflan¬
zung der preußischen Flagge und der Rückkehr der preußischen Mannschaften
auf das Schiff noch mit Bomben beschossen. Jedenfalls ist es zu beklagen,
daß jene Affaire so ganz ohne materiellen Nutzen geblieben ist.

Der dritte Naddampfer der preußischen Marine ist die ehemalige Nadcor-
vette „Barbarossa" von 10 (später 9) Geschützen und 230 Pferdekraft, die
aber nicht lange diensttüchtig geblieben und deshalb zum Kasernenschiff gemacht
worden ist, wobei man ihre Maschinen aus- und die Nadkasten abnahm, an
deren Stelle aufspringende Galerien stehen blieben, und ihre dreimastige
Takelage durch eine schmächtige Briggtakclage ersetzte. So lag die ehemalige
Dampscorvette Jahre lang bewegungslos in der Weichsel an der königlichen Werth
zu Danzig und überragte mit ihrem hohen, massigen schwarzen Rumpf, der
übrigens unter der Wasserlinie nicht gekupfert. sondern ausnahmsweise wie bei
Eisenschiffen roth gestrichen ist, die ganze Umgebung, während die dürftigen,
wegen der Länge des Fahrzeugs weit auseinanderstehenden beiden Masten das
Mißverhältniß zwischen Rumpf und Takelage recht grell hervortreten ließen.
Seit der Besitznahme von Kiel aber und seiner Bestimmung zur preußischen
Flottenstation ist der „Barbarossa" dahin übergeführt worden und liegt jetzt an
der Landungsbrücke gegenüber dem königlichen Schloß, dicht neben den äußersten
Schiffsbauplätzen der kielcr Privatwerften, wo er als Kasernenschiff, d. h. als
Wohnung für die Matrosen dient, welche nicht auf anderen, in Dienst gestellten
Kriegsschiffen untergebracht sind. ..Barbarossa" war früher ein vielgerühmtes
Schiff der deutschen Flotte gewesen und mit der..Gefion" 18S2 von Preußen
für den verhältnißmcißig hohen Preis von zusammen 262,500 Thalern erstanden
Worden. Da sich seitdem ergeben, wie nutzlos für den Seekrieg jetzt selbst diese
beiden tüchtigsten Fahrzeuge der früheren deutschen Flotte geworden sind, so
dürfen wir heut wohl zugeben, daß die Versteigerung der Flotte im Grunde
die Wehrkraft Deutschlands zur See nicht geschädigt hätte, selbst wenn jene
Schiffe sämmtlich gut construirte und wohlerhaltene Exemplare gewesen wären.
Nun waren aber die meisten Schiffe damals keineswegs Muster tüchtigen Baues,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/423>, abgerufen am 03.07.2024.