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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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wie schon aus den Preisen hervorgeht, welche bei der Versteigerung für dieselben
bezahlt worden sind.

Die deutsche Reichsslotte besaß drei Rad-Dampffregatten "Hansa",
"Erzherzog Johann" und "Barbarossa" und sechs Nao-Dampfcorvetten "Ernst
August", "Großherzoz von Oldenburg" "Frankfurt', "Hamburg", "Lübeck",
"Bremen", als Naddampfer sämmtlich nicht mit Vollschifftakelage, sondern mit
einer niedrigen Bemastung ausgerüstet, so daß sie eigentlich nicht als Fregatten
und Korvetten bezeichnet werden konnten, und außerdem auch mir einer viel ge-
ringeren Geschützzahl armirt, als ihr Name erwarten ließ; hatte doch die "Fre¬
gatte" "Barbarossa" nur 10 Geschütze, während sonst für Fregatten die Kano-
nenzahl zwischen 26 und 60 variirt.

Die "Hansa" war ein sehr großes amerikanisches Schiff, "Erzherzog Jo¬
hann" und "Barbarossa", etwas kleiner, aber Schwesterschiffe, ganz gleich nach
demselben Modell gebaut und beide von der englisch-amerikanischen Kunard-
Dampserlinic übernommen. Doch zeigte sich der "Erzherzog Johann" bei der
Untersuchung besonders wegen der schönen Jnhölzer werthvoll. Bon den ge¬
nannten 9 Dämpfen ging "Barbarossa", wie erwähnt, in preußischen Besitz über,
die "Hansa" und "Erzherzog Johann" wruden sür 175,000 Thlr. an ein
bremer Haus, die 6 sogenanten Dampfcorvetten aber für 238.000 Thlr. an
eine englische Dampfercompagnie verkauft, während eine einzige gute Dampf-
corvette etwa gleicher Größe, vvllgetakelt heutzutage mit Schraubenmaschine
über 500,000 Thlr. kostet. -- Außer den 9 Dampfern gehörten noch zur Flotte
von 1848 zwei Segelfregatten, "Eckernförde", jetzt als "Gesion" in preußischem
Besitz, und "Deutschland", die schon damals als Kasernenfregalte benutzt
wurde, und auch beim Verkauf nur mit 9,200 Thlr. bezahlt ward -- gegen¬
wärtig ist sie sogar durch eine seltsame Ironie des Schicksals in chinesischen
Besitz übergegangen.

Außerdem waren noch 27 Nudcrkanonenbovte vorhanden, davon 1 Kanonen¬
boot in Lübeck, das an einen Senator für 457 Thlr. und einige Silbergroschen
und Pfennige (!) versteigert ward, und 26 Kanonenboote in Vegesack als Nord-
seeflotille, deren Verkauf 10.600 Thlr. einbrachte. So ward die Flotte, welche
auf nur 3,120,000 Gulden geschätzt war, noch weit unter dieser Taxe veräußert,
und da die meisten Einkünfte aus dem Fcstungsfonds geflossen waren, welcher
diese Vorschüsse wieder forderte, so blieb schließlich von dem Erlös nur eine
verhältnißmäßig sehr kleine Summe übrig.

Wie für die deutsche Reichsflotte, so war auch sür die preußische Flotte
bei ihrer Entstehung eine Anzahl Nuderkanonenboote gebaut worden, die
wir an dieser Stelle erwähnen wollen, weil sie wie die Raddampfer zu den
veralteten Constructionen gehören, aber doch bei Windstille im Stande
sind, sich mittelst ihrer Nuder nach Belieben fortzubewegen; eine Fähigkeit,


wie schon aus den Preisen hervorgeht, welche bei der Versteigerung für dieselben
bezahlt worden sind.

Die deutsche Reichsslotte besaß drei Rad-Dampffregatten „Hansa",
„Erzherzog Johann" und „Barbarossa" und sechs Nao-Dampfcorvetten „Ernst
August", „Großherzoz von Oldenburg" „Frankfurt', „Hamburg", „Lübeck",
„Bremen", als Naddampfer sämmtlich nicht mit Vollschifftakelage, sondern mit
einer niedrigen Bemastung ausgerüstet, so daß sie eigentlich nicht als Fregatten
und Korvetten bezeichnet werden konnten, und außerdem auch mir einer viel ge-
ringeren Geschützzahl armirt, als ihr Name erwarten ließ; hatte doch die „Fre¬
gatte" „Barbarossa" nur 10 Geschütze, während sonst für Fregatten die Kano-
nenzahl zwischen 26 und 60 variirt.

Die „Hansa" war ein sehr großes amerikanisches Schiff, „Erzherzog Jo¬
hann" und „Barbarossa", etwas kleiner, aber Schwesterschiffe, ganz gleich nach
demselben Modell gebaut und beide von der englisch-amerikanischen Kunard-
Dampserlinic übernommen. Doch zeigte sich der „Erzherzog Johann" bei der
Untersuchung besonders wegen der schönen Jnhölzer werthvoll. Bon den ge¬
nannten 9 Dämpfen ging „Barbarossa", wie erwähnt, in preußischen Besitz über,
die „Hansa" und „Erzherzog Johann" wruden sür 175,000 Thlr. an ein
bremer Haus, die 6 sogenanten Dampfcorvetten aber für 238.000 Thlr. an
eine englische Dampfercompagnie verkauft, während eine einzige gute Dampf-
corvette etwa gleicher Größe, vvllgetakelt heutzutage mit Schraubenmaschine
über 500,000 Thlr. kostet. — Außer den 9 Dampfern gehörten noch zur Flotte
von 1848 zwei Segelfregatten, „Eckernförde", jetzt als „Gesion" in preußischem
Besitz, und „Deutschland", die schon damals als Kasernenfregalte benutzt
wurde, und auch beim Verkauf nur mit 9,200 Thlr. bezahlt ward — gegen¬
wärtig ist sie sogar durch eine seltsame Ironie des Schicksals in chinesischen
Besitz übergegangen.

Außerdem waren noch 27 Nudcrkanonenbovte vorhanden, davon 1 Kanonen¬
boot in Lübeck, das an einen Senator für 457 Thlr. und einige Silbergroschen
und Pfennige (!) versteigert ward, und 26 Kanonenboote in Vegesack als Nord-
seeflotille, deren Verkauf 10.600 Thlr. einbrachte. So ward die Flotte, welche
auf nur 3,120,000 Gulden geschätzt war, noch weit unter dieser Taxe veräußert,
und da die meisten Einkünfte aus dem Fcstungsfonds geflossen waren, welcher
diese Vorschüsse wieder forderte, so blieb schließlich von dem Erlös nur eine
verhältnißmäßig sehr kleine Summe übrig.

Wie für die deutsche Reichsflotte, so war auch sür die preußische Flotte
bei ihrer Entstehung eine Anzahl Nuderkanonenboote gebaut worden, die
wir an dieser Stelle erwähnen wollen, weil sie wie die Raddampfer zu den
veralteten Constructionen gehören, aber doch bei Windstille im Stande
sind, sich mittelst ihrer Nuder nach Belieben fortzubewegen; eine Fähigkeit,


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[0424] wie schon aus den Preisen hervorgeht, welche bei der Versteigerung für dieselben bezahlt worden sind. Die deutsche Reichsslotte besaß drei Rad-Dampffregatten „Hansa", „Erzherzog Johann" und „Barbarossa" und sechs Nao-Dampfcorvetten „Ernst August", „Großherzoz von Oldenburg" „Frankfurt', „Hamburg", „Lübeck", „Bremen", als Naddampfer sämmtlich nicht mit Vollschifftakelage, sondern mit einer niedrigen Bemastung ausgerüstet, so daß sie eigentlich nicht als Fregatten und Korvetten bezeichnet werden konnten, und außerdem auch mir einer viel ge- ringeren Geschützzahl armirt, als ihr Name erwarten ließ; hatte doch die „Fre¬ gatte" „Barbarossa" nur 10 Geschütze, während sonst für Fregatten die Kano- nenzahl zwischen 26 und 60 variirt. Die „Hansa" war ein sehr großes amerikanisches Schiff, „Erzherzog Jo¬ hann" und „Barbarossa", etwas kleiner, aber Schwesterschiffe, ganz gleich nach demselben Modell gebaut und beide von der englisch-amerikanischen Kunard- Dampserlinic übernommen. Doch zeigte sich der „Erzherzog Johann" bei der Untersuchung besonders wegen der schönen Jnhölzer werthvoll. Bon den ge¬ nannten 9 Dämpfen ging „Barbarossa", wie erwähnt, in preußischen Besitz über, die „Hansa" und „Erzherzog Johann" wruden sür 175,000 Thlr. an ein bremer Haus, die 6 sogenanten Dampfcorvetten aber für 238.000 Thlr. an eine englische Dampfercompagnie verkauft, während eine einzige gute Dampf- corvette etwa gleicher Größe, vvllgetakelt heutzutage mit Schraubenmaschine über 500,000 Thlr. kostet. — Außer den 9 Dampfern gehörten noch zur Flotte von 1848 zwei Segelfregatten, „Eckernförde", jetzt als „Gesion" in preußischem Besitz, und „Deutschland", die schon damals als Kasernenfregalte benutzt wurde, und auch beim Verkauf nur mit 9,200 Thlr. bezahlt ward — gegen¬ wärtig ist sie sogar durch eine seltsame Ironie des Schicksals in chinesischen Besitz übergegangen. Außerdem waren noch 27 Nudcrkanonenbovte vorhanden, davon 1 Kanonen¬ boot in Lübeck, das an einen Senator für 457 Thlr. und einige Silbergroschen und Pfennige (!) versteigert ward, und 26 Kanonenboote in Vegesack als Nord- seeflotille, deren Verkauf 10.600 Thlr. einbrachte. So ward die Flotte, welche auf nur 3,120,000 Gulden geschätzt war, noch weit unter dieser Taxe veräußert, und da die meisten Einkünfte aus dem Fcstungsfonds geflossen waren, welcher diese Vorschüsse wieder forderte, so blieb schließlich von dem Erlös nur eine verhältnißmäßig sehr kleine Summe übrig. Wie für die deutsche Reichsflotte, so war auch sür die preußische Flotte bei ihrer Entstehung eine Anzahl Nuderkanonenboote gebaut worden, die wir an dieser Stelle erwähnen wollen, weil sie wie die Raddampfer zu den veralteten Constructionen gehören, aber doch bei Windstille im Stande sind, sich mittelst ihrer Nuder nach Belieben fortzubewegen; eine Fähigkeit,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/424>, abgerufen am 01.07.2024.