Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.Südstaaten in den Bund, zunächst des gesammten Großherzogthums Hessen, Wir sind also seit vorigem Jahre zu der Erkenntniß gekommen, daß Es scheint im preußischen Plane zu liegen, Abgeordnete der Südstaaten Unterdeß bleiben wir uns bewußt, daß wir im Sonnenlicht des Völker¬ Südstaaten in den Bund, zunächst des gesammten Großherzogthums Hessen, Wir sind also seit vorigem Jahre zu der Erkenntniß gekommen, daß Es scheint im preußischen Plane zu liegen, Abgeordnete der Südstaaten Unterdeß bleiben wir uns bewußt, daß wir im Sonnenlicht des Völker¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191106"/> <p xml:id="ID_1379" prev="#ID_1378"> Südstaaten in den Bund, zunächst des gesammten Großherzogthums Hessen,<lb/> stehe kein wesentliches Hinderniß mehr entgegen. Das Hinderniß fand sich so¬<lb/> gleich, ein entschiedener Einspruch Oestreichs, welcher die Ausbreitung des Bun¬<lb/> des nach dem Süden des Main für eine Verletzung des prager Friedens er¬<lb/> klärte. Und dieses Desaveu preußischer Politik ist jetzt durch Erklärung der<lb/> hessischen Negierung öffentlich constatirt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1380"> Wir sind also seit vorigem Jahre zu der Erkenntniß gekommen, daß<lb/> wir den deutschen Süden schon deshalb nicht in unserem deutschen Bundesstaat<lb/> entbehren können, weil, so lange er außerhalb des Bundes schwankt, dem<lb/> Bunde durchaus nicht der Vortheil einer guten strategischen Grenze wird, son¬<lb/> dern nur vergrößerte politische und militärische Sorgenlast. Und wir sind zu<lb/> der zweiten Erkenntniß gekommen, daß wir dies süddeutsche Gebiet gegen¬<lb/> wärtig nur auf die Gefahr anschließen können, mit Oestreich und Frankreich<lb/> einen zweiten Krieg zu führen. Es ist also in der Ordnung, daß wir jetzt<lb/> auf einem andern Wege die Sache versuchen, indem wir unsere besten Ver¬<lb/> bündeten, die materiellen Interessen des Südens zu Hilfe rufen. Wir wollen<lb/> bescheiden von dem augenblicklichen politischen Erfolg lieber zu wenig als zu<lb/> viel hoffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1381"> Es scheint im preußischen Plane zu liegen, Abgeordnete der Südstaaten<lb/> für Zollvereinssachen dem Bundesrath und Reichstag anzufügen. Natürlich<lb/> wird ein solcher neuer Seitenbau, der an ein kaum unter Dach gebrachtes Ge¬<lb/> bäude angeschlossen wird, die Schönheit und Consequenz des gesammten Baues<lb/> nicht grade erhöhen. Das aber soll uns eben so wenig Sorge machen, wie dem<lb/> Ackerwirth auf neuem Grunde der Zuwachs seiner Wirthschaft, oder dem Fa¬<lb/> brikanten einer aufblühenden Industrie die Nothwände, in denen er seine<lb/> neuen Maschinen aufstellt. Das Wichtigste ist jetzt, daß die eingeleitete Be¬<lb/> wegung im Fluß erhalten wird. Wir müssen uns gefaßt machen, große Resul¬<lb/> tate nicht sofort durchzusetzen, aber wir wissen, daß wir sie auch durch die neue<lb/> wunderliche Institution eines «Wirten Zollparlaments vorbereiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1382"> Unterdeß bleiben wir uns bewußt, daß wir im Sonnenlicht des Völker¬<lb/> friedens an die Abwehr bevorstehenden rauhen Wetters zu denken haben. Wir<lb/> haben nicht gerüstet, wir sind also nicht veranlaßt, abzurüsten. Aber wir werden<lb/> trotz aller Friedensvereine die Durchführung der Militärorganisation unseres<lb/> Bundes für den ersten und zur Zeit noch für den bedeutsamsten Gewinn der<lb/> politischen Umgestaltung Deutschlands halten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Südstaaten in den Bund, zunächst des gesammten Großherzogthums Hessen,
stehe kein wesentliches Hinderniß mehr entgegen. Das Hinderniß fand sich so¬
gleich, ein entschiedener Einspruch Oestreichs, welcher die Ausbreitung des Bun¬
des nach dem Süden des Main für eine Verletzung des prager Friedens er¬
klärte. Und dieses Desaveu preußischer Politik ist jetzt durch Erklärung der
hessischen Negierung öffentlich constatirt worden.
Wir sind also seit vorigem Jahre zu der Erkenntniß gekommen, daß
wir den deutschen Süden schon deshalb nicht in unserem deutschen Bundesstaat
entbehren können, weil, so lange er außerhalb des Bundes schwankt, dem
Bunde durchaus nicht der Vortheil einer guten strategischen Grenze wird, son¬
dern nur vergrößerte politische und militärische Sorgenlast. Und wir sind zu
der zweiten Erkenntniß gekommen, daß wir dies süddeutsche Gebiet gegen¬
wärtig nur auf die Gefahr anschließen können, mit Oestreich und Frankreich
einen zweiten Krieg zu führen. Es ist also in der Ordnung, daß wir jetzt
auf einem andern Wege die Sache versuchen, indem wir unsere besten Ver¬
bündeten, die materiellen Interessen des Südens zu Hilfe rufen. Wir wollen
bescheiden von dem augenblicklichen politischen Erfolg lieber zu wenig als zu
viel hoffen.
Es scheint im preußischen Plane zu liegen, Abgeordnete der Südstaaten
für Zollvereinssachen dem Bundesrath und Reichstag anzufügen. Natürlich
wird ein solcher neuer Seitenbau, der an ein kaum unter Dach gebrachtes Ge¬
bäude angeschlossen wird, die Schönheit und Consequenz des gesammten Baues
nicht grade erhöhen. Das aber soll uns eben so wenig Sorge machen, wie dem
Ackerwirth auf neuem Grunde der Zuwachs seiner Wirthschaft, oder dem Fa¬
brikanten einer aufblühenden Industrie die Nothwände, in denen er seine
neuen Maschinen aufstellt. Das Wichtigste ist jetzt, daß die eingeleitete Be¬
wegung im Fluß erhalten wird. Wir müssen uns gefaßt machen, große Resul¬
tate nicht sofort durchzusetzen, aber wir wissen, daß wir sie auch durch die neue
wunderliche Institution eines «Wirten Zollparlaments vorbereiten.
Unterdeß bleiben wir uns bewußt, daß wir im Sonnenlicht des Völker¬
friedens an die Abwehr bevorstehenden rauhen Wetters zu denken haben. Wir
haben nicht gerüstet, wir sind also nicht veranlaßt, abzurüsten. Aber wir werden
trotz aller Friedensvereine die Durchführung der Militärorganisation unseres
Bundes für den ersten und zur Zeit noch für den bedeutsamsten Gewinn der
politischen Umgestaltung Deutschlands halten.
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