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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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verbundenen Hebungen bedeutender, hier haben einer ältern Angabe zufolge die
39 Conventualinnen jede eine jährliche Einnahme von 700--1,100 Thlr. Pr.

Es fragt sich nun, ob die ausschließliche Bevorzugung der ritterschaftlichen
Familien vielleicht in dem besonderen geschichtlichen Verhältnisse unserer Landes-
ritterschast zu den Herzogthümern eine eigenthümliche und datier anzuerkennende
Berechtigung jetzt noch findet. Wir müssen diese Frage entschieden verneinen.
Der Adel Schleswig-Holsteins steht im Bergleiche mit dem, was das Bürger-
thum des Landes für dessen Wohlfahrt und nationale Existenz in den letzten
Jahrzehnten geleistet hat, zurück. Grade die Schleswig-holsteinische Ritterschaft
hat sich den entsittlichenden Einflüssen der dänischen Fremdherrschaft am wenigsten
zu entziehen gewußt, sie vermochte nicht des schädlichen Einflusses der Zwitter¬
stellung des Landes zwischen Deutschland und Dänemark sich zu erwehren.
Wenn der Baron Karl v. Scheel-Plessen im Beginne des letzten deutsch-dänischen
Krieges gegen den kopenhagener Gesandten Englands Sir A. Pagel äußerte:
"er wünsche eine Gesammtverfassung Dänemarks und Holsteins, damit man
nicht ausgeschlossen sei von den politischen Aemtern und diplomatischen Posten,
welche die dänische Monarchie, so klein sie auch sei, darbieten könne", so ist
diese Aeußerung ein sprechender Beweis dafür, wie der innere Werth eines
politischen Charakters mit der Wärme nationalen Empfindens steigt oder fällt.
Ein Bruder jenes Scheel-Plessen steht im diplomatischen Dienste Dänemarks,
ein Gras v. Blome in dem Oestreichs ?c.; es scheint fast, als hätten wir es
hier eher mit jeder sonst denkbaren, als grade mit einer deutschen, oder gar mit
einer preußischen Ritterschaft zu thun. Was hat denn der preußische Staat
davon, wenn der Adel seiner Schleswig-holsteinischen Provinz in fremder Herrscher
Dienste Reislaufen geht, und höchstens den heimathlichen Boden zu dem Zwecke
betritt, damit seine Kinder in Schleswig-Holstein das Lichr der Welt erblicken,
mithin sich dadurch ihr -- Klosterrecht bewahren. In dem erbitterten Kampfe
gegen Dänemark seit 1860 trieb unsere Landesritterschaft mit wenigen Aus¬
nahmen in gesammtstaatlich-dänischer Richtung; sie war deutsch nur in so weit,
als sie die deutsch-nationalen Elemente gleichzeitig als Schutzwehr für ihre Be¬
vorrechtungen und Privilegien gegen die destructiven Tendenzen der kopenhagener
Demokratie zu gebrauchen wußte.

In unserer Provinz ist alles längst darüber einig, daß unser Adel den
Vergleich mit dem seiner Zeit vielverschrienen Adel der alten Provinzen in
keiner Weise auszuhalten vermag. Es ist nicht unsere Absicht die Verdienste,
welche sich dieser im Kriege des verflossenen Jahres in der gewaltigen Erhebung
des ganzen Volkes um das Vaterland erwarb, zu preisen; wir wollten nur,
wir hätten Aehnliches wie von dem preußischen Adel im Kriege gegen Oestreich,
von dem unsrigen wenigstens im Streite gegen Dänemark zu berichten. Wir
wären dann die Ersten, dem Adel der Herzogthümer auch die


verbundenen Hebungen bedeutender, hier haben einer ältern Angabe zufolge die
39 Conventualinnen jede eine jährliche Einnahme von 700—1,100 Thlr. Pr.

Es fragt sich nun, ob die ausschließliche Bevorzugung der ritterschaftlichen
Familien vielleicht in dem besonderen geschichtlichen Verhältnisse unserer Landes-
ritterschast zu den Herzogthümern eine eigenthümliche und datier anzuerkennende
Berechtigung jetzt noch findet. Wir müssen diese Frage entschieden verneinen.
Der Adel Schleswig-Holsteins steht im Bergleiche mit dem, was das Bürger-
thum des Landes für dessen Wohlfahrt und nationale Existenz in den letzten
Jahrzehnten geleistet hat, zurück. Grade die Schleswig-holsteinische Ritterschaft
hat sich den entsittlichenden Einflüssen der dänischen Fremdherrschaft am wenigsten
zu entziehen gewußt, sie vermochte nicht des schädlichen Einflusses der Zwitter¬
stellung des Landes zwischen Deutschland und Dänemark sich zu erwehren.
Wenn der Baron Karl v. Scheel-Plessen im Beginne des letzten deutsch-dänischen
Krieges gegen den kopenhagener Gesandten Englands Sir A. Pagel äußerte:
„er wünsche eine Gesammtverfassung Dänemarks und Holsteins, damit man
nicht ausgeschlossen sei von den politischen Aemtern und diplomatischen Posten,
welche die dänische Monarchie, so klein sie auch sei, darbieten könne", so ist
diese Aeußerung ein sprechender Beweis dafür, wie der innere Werth eines
politischen Charakters mit der Wärme nationalen Empfindens steigt oder fällt.
Ein Bruder jenes Scheel-Plessen steht im diplomatischen Dienste Dänemarks,
ein Gras v. Blome in dem Oestreichs ?c.; es scheint fast, als hätten wir es
hier eher mit jeder sonst denkbaren, als grade mit einer deutschen, oder gar mit
einer preußischen Ritterschaft zu thun. Was hat denn der preußische Staat
davon, wenn der Adel seiner Schleswig-holsteinischen Provinz in fremder Herrscher
Dienste Reislaufen geht, und höchstens den heimathlichen Boden zu dem Zwecke
betritt, damit seine Kinder in Schleswig-Holstein das Lichr der Welt erblicken,
mithin sich dadurch ihr — Klosterrecht bewahren. In dem erbitterten Kampfe
gegen Dänemark seit 1860 trieb unsere Landesritterschaft mit wenigen Aus¬
nahmen in gesammtstaatlich-dänischer Richtung; sie war deutsch nur in so weit,
als sie die deutsch-nationalen Elemente gleichzeitig als Schutzwehr für ihre Be¬
vorrechtungen und Privilegien gegen die destructiven Tendenzen der kopenhagener
Demokratie zu gebrauchen wußte.

In unserer Provinz ist alles längst darüber einig, daß unser Adel den
Vergleich mit dem seiner Zeit vielverschrienen Adel der alten Provinzen in
keiner Weise auszuhalten vermag. Es ist nicht unsere Absicht die Verdienste,
welche sich dieser im Kriege des verflossenen Jahres in der gewaltigen Erhebung
des ganzen Volkes um das Vaterland erwarb, zu preisen; wir wollten nur,
wir hätten Aehnliches wie von dem preußischen Adel im Kriege gegen Oestreich,
von dem unsrigen wenigstens im Streite gegen Dänemark zu berichten. Wir
wären dann die Ersten, dem Adel der Herzogthümer auch die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/360>, abgerufen am 24.08.2024.