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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Das Capitel "Völkerkunde und Reisen" ist diesmal reichhaltiger als ge¬
wöhnlich. Ein umfängliches Buch "Californien. Ueber dessen Bevölkerung und
gesellschaftliche Zustände, politische, religiöse und Schulverhältnisse" von K. Rühl
birgt manches Interessante. Mit dem langsam sterbenden mexikanischen Kaiser-
reich beschäftigt sich ein hübsches, auch für die neueste Geschichte dieses Staats
interessantes Buch "Eine Reise nach Mexiko im Jahr 1864" von P. Kollonih,
einer geistvollen Dame aus dem Gefolge der Kaiserin Charlotte, während Pro¬
fessor Pagenstecher in "Die Insel Mallorca" Erinnerungen und Beobachtungen,
zu denen ihm ein Aufenthalt dort Veranlassung gab. niederlegte. Auch I. Roden-
bergs Buch "Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht" gehört in diese Ab¬
theilung, da es Bilder aus dem pariser Leben von verschiedenen Verfassern ent¬
hält, die im Feuilletonstil gewandt geschrieben sind und die man mit Genuß und
Gewinn lesen wird. Zum Schlüsse kommen wir zu Deutschland, welches durch
das Buch "Landes- und Völkerkunde der bayerischen Rheinpfalz. Bearbeitet von
einem Kreise heimischer Gelehrten" vertreten ist.

Es ist in der That erstaunlich, was an Masse auf dem Gebiete der Belle¬
tristik geleistet wird. Wenn Rückert seufzt:


--"der Romane schwere Kisten --
Poesie, wo magst du nisten
In dem Plunder, den nun Christen
Lesen müssen?"

so hat er wahrlich nicht Unrecht. Die Novellisten schießen auf wie Pilze. Und
wenn man auch unbedenklich die Retcliffes, und andere Classiker von Verlegers
Gnaden von vornherein zu den Todten wirft, so bleibt noch eine stattliche An¬
zahl übrig, die zu übergehen nicht Wohl angeht, wenn auch unter ihren Er¬
zeugnissen vieles sich befindet, das man gemeiniglich dann nur mit leidlicher
Befriedigung und ohne literarische Gewissensbisse liest, wenn man für den Ge¬
nuß des Besseren vorübergehend allzu zerstreut und abgespannt ist. Von Ro¬
manen sollen hier genannt sein: "Goldelse" von E. Marlitt; "Metternich", von
L. Herbert. 2 Bde.; "Eine Künstlerleidenschast" von L. Schücking; "Der Köhler¬
graf" von W. Gemahl. 4 Bde.; "Jane, die Jüdin" von PH. Galen, 3 Bde.;
"Nach 60 Jahren. Ein Strauß Geschichten' von A. Ewald, 2 Bde.; "Schatten
und Licht, Skizzen und Erzählungen" von M. Horn. 2 Bde.; "Die Herrin von
Schwarzenhof" von A. Heinz; "Reklame" von C. Schuttes; "Heimathlos" von
Gustav vom See, 4 Bde.; "Fricdrichsburg. Die Colonie des deutschen Fürsten¬
vereins in Texas" von Armand; "Novellen und Skizzen" von A. Stahl, 3 Bde.;
.Zwei Brüder in Jesu" von F. Koppel; "Modernes Leiden" von A. v. Stisst;,
"Allerlei Geschichten aus Tirol" von A. Pichler; "Von Wien nach Vilagos"
von F. Stolle, 3 Bde.; und als eingehender Besprechung besonders werth,
"Neue Geschichten" von E. Hoefer, 2 Bde.; "Unüberwindliche Mächte" von


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Das Capitel „Völkerkunde und Reisen" ist diesmal reichhaltiger als ge¬
wöhnlich. Ein umfängliches Buch „Californien. Ueber dessen Bevölkerung und
gesellschaftliche Zustände, politische, religiöse und Schulverhältnisse" von K. Rühl
birgt manches Interessante. Mit dem langsam sterbenden mexikanischen Kaiser-
reich beschäftigt sich ein hübsches, auch für die neueste Geschichte dieses Staats
interessantes Buch „Eine Reise nach Mexiko im Jahr 1864" von P. Kollonih,
einer geistvollen Dame aus dem Gefolge der Kaiserin Charlotte, während Pro¬
fessor Pagenstecher in „Die Insel Mallorca" Erinnerungen und Beobachtungen,
zu denen ihm ein Aufenthalt dort Veranlassung gab. niederlegte. Auch I. Roden-
bergs Buch „Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht" gehört in diese Ab¬
theilung, da es Bilder aus dem pariser Leben von verschiedenen Verfassern ent¬
hält, die im Feuilletonstil gewandt geschrieben sind und die man mit Genuß und
Gewinn lesen wird. Zum Schlüsse kommen wir zu Deutschland, welches durch
das Buch „Landes- und Völkerkunde der bayerischen Rheinpfalz. Bearbeitet von
einem Kreise heimischer Gelehrten" vertreten ist.

Es ist in der That erstaunlich, was an Masse auf dem Gebiete der Belle¬
tristik geleistet wird. Wenn Rückert seufzt:


--„der Romane schwere Kisten —
Poesie, wo magst du nisten
In dem Plunder, den nun Christen
Lesen müssen?"

so hat er wahrlich nicht Unrecht. Die Novellisten schießen auf wie Pilze. Und
wenn man auch unbedenklich die Retcliffes, und andere Classiker von Verlegers
Gnaden von vornherein zu den Todten wirft, so bleibt noch eine stattliche An¬
zahl übrig, die zu übergehen nicht Wohl angeht, wenn auch unter ihren Er¬
zeugnissen vieles sich befindet, das man gemeiniglich dann nur mit leidlicher
Befriedigung und ohne literarische Gewissensbisse liest, wenn man für den Ge¬
nuß des Besseren vorübergehend allzu zerstreut und abgespannt ist. Von Ro¬
manen sollen hier genannt sein: „Goldelse" von E. Marlitt; „Metternich", von
L. Herbert. 2 Bde.; „Eine Künstlerleidenschast" von L. Schücking; „Der Köhler¬
graf" von W. Gemahl. 4 Bde.; „Jane, die Jüdin" von PH. Galen, 3 Bde.;
„Nach 60 Jahren. Ein Strauß Geschichten' von A. Ewald, 2 Bde.; „Schatten
und Licht, Skizzen und Erzählungen" von M. Horn. 2 Bde.; „Die Herrin von
Schwarzenhof" von A. Heinz; „Reklame" von C. Schuttes; „Heimathlos" von
Gustav vom See, 4 Bde.; „Fricdrichsburg. Die Colonie des deutschen Fürsten¬
vereins in Texas" von Armand; „Novellen und Skizzen" von A. Stahl, 3 Bde.;
.Zwei Brüder in Jesu" von F. Koppel; „Modernes Leiden" von A. v. Stisst;,
„Allerlei Geschichten aus Tirol" von A. Pichler; „Von Wien nach Vilagos"
von F. Stolle, 3 Bde.; und als eingehender Besprechung besonders werth,
»Neue Geschichten" von E. Hoefer, 2 Bde.; „Unüberwindliche Mächte" von


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[0319] Das Capitel „Völkerkunde und Reisen" ist diesmal reichhaltiger als ge¬ wöhnlich. Ein umfängliches Buch „Californien. Ueber dessen Bevölkerung und gesellschaftliche Zustände, politische, religiöse und Schulverhältnisse" von K. Rühl birgt manches Interessante. Mit dem langsam sterbenden mexikanischen Kaiser- reich beschäftigt sich ein hübsches, auch für die neueste Geschichte dieses Staats interessantes Buch „Eine Reise nach Mexiko im Jahr 1864" von P. Kollonih, einer geistvollen Dame aus dem Gefolge der Kaiserin Charlotte, während Pro¬ fessor Pagenstecher in „Die Insel Mallorca" Erinnerungen und Beobachtungen, zu denen ihm ein Aufenthalt dort Veranlassung gab. niederlegte. Auch I. Roden- bergs Buch „Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht" gehört in diese Ab¬ theilung, da es Bilder aus dem pariser Leben von verschiedenen Verfassern ent¬ hält, die im Feuilletonstil gewandt geschrieben sind und die man mit Genuß und Gewinn lesen wird. Zum Schlüsse kommen wir zu Deutschland, welches durch das Buch „Landes- und Völkerkunde der bayerischen Rheinpfalz. Bearbeitet von einem Kreise heimischer Gelehrten" vertreten ist. Es ist in der That erstaunlich, was an Masse auf dem Gebiete der Belle¬ tristik geleistet wird. Wenn Rückert seufzt: --„der Romane schwere Kisten — Poesie, wo magst du nisten In dem Plunder, den nun Christen Lesen müssen?" so hat er wahrlich nicht Unrecht. Die Novellisten schießen auf wie Pilze. Und wenn man auch unbedenklich die Retcliffes, und andere Classiker von Verlegers Gnaden von vornherein zu den Todten wirft, so bleibt noch eine stattliche An¬ zahl übrig, die zu übergehen nicht Wohl angeht, wenn auch unter ihren Er¬ zeugnissen vieles sich befindet, das man gemeiniglich dann nur mit leidlicher Befriedigung und ohne literarische Gewissensbisse liest, wenn man für den Ge¬ nuß des Besseren vorübergehend allzu zerstreut und abgespannt ist. Von Ro¬ manen sollen hier genannt sein: „Goldelse" von E. Marlitt; „Metternich", von L. Herbert. 2 Bde.; „Eine Künstlerleidenschast" von L. Schücking; „Der Köhler¬ graf" von W. Gemahl. 4 Bde.; „Jane, die Jüdin" von PH. Galen, 3 Bde.; „Nach 60 Jahren. Ein Strauß Geschichten' von A. Ewald, 2 Bde.; „Schatten und Licht, Skizzen und Erzählungen" von M. Horn. 2 Bde.; „Die Herrin von Schwarzenhof" von A. Heinz; „Reklame" von C. Schuttes; „Heimathlos" von Gustav vom See, 4 Bde.; „Fricdrichsburg. Die Colonie des deutschen Fürsten¬ vereins in Texas" von Armand; „Novellen und Skizzen" von A. Stahl, 3 Bde.; .Zwei Brüder in Jesu" von F. Koppel; „Modernes Leiden" von A. v. Stisst;, „Allerlei Geschichten aus Tirol" von A. Pichler; „Von Wien nach Vilagos" von F. Stolle, 3 Bde.; und als eingehender Besprechung besonders werth, »Neue Geschichten" von E. Hoefer, 2 Bde.; „Unüberwindliche Mächte" von 40*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/319>, abgerufen am 03.07.2024.