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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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So: "Hohenlohe. Bayern und Deutjchlaud", "Bayern und die deutsche Frage",
"Unsere Lage und unsere Pflicht. Ein deutsches Wort ans bayrische Voll"
und "Der Fürst Hohenlohe und seine Gegner". Gleichsam als Beleg sür seine
Ansichten könnte der Verfasser der Schrift "Sendschreiben an Annexionsschwärmer
und solche, die es werden wollen" die frankfurter "Fragen" anführen "Was mag
Frankfurt übrig bleiben?"^und "Wer hat der Bank die 5,747.008 se. 45 X. zu
zahlen?"

Oestreich hat ebenfalls etliche Brochüren veranlaßt. So "Der Ausgleich
mit Ungarn. Vom österreichischen Standpunkte beleuchtet". Dann die kräftig
geschriebene Schrift, die zwar "in Brüssel bei allen Buchhändlern" zu haben ist,
aber von Hamburg kam: "Oesterreichs Zukunft entwickelt aus seiner Vergangen¬
heit und Gegenwart" von I. Freimund. Ein sehr thätiger Münchener Verlag
brachte das preußenfeindliche Schriftchen "Oesterreichs Bedeutung für die gegen¬
wärtige Lage Süddeutschlands" und die Übersetzung einer englischen Kritik von
Kettelers neulich erwähnter Brochure. Jene heißt "Preußens Unberuf" -- und
mag hier bei Oestreich ihren Platz finden, da wir ja wissen, wer nach der An¬
sicht jener Heißsporne an der Jsar den "Beruf" hat. Luxemburg hat in der
jüngsten Zeit einigen Brochüren das Leben gegeben, so: "Die Niederlande und
Preußen von E. Nasse. Eine Antwort an Herrn Groen van Prinsterer" und
"Preußens Rechte bezüglich des Landes und der Festung Luxemburg" von
F. v. Seidewitz.

Auch Karten einer bestimmten Gattung könnte man Zeitbrochuren nennen,
die colorire sind. Zur rechten Zeit und in klarer Ausführung gebracht, willen
sie doppelt, weil sie nur Thatsachen geben und uns die Folgerungen selbst
ziehen lassen. Wir wissen ja aus den letzten Wochen, wie schwer man sich in
Paris über die neue kicpertsche Sprachenkarte von Deutschland ärgerte. Mit
seiner neusten, sehr empfehlenswerthen "Specialkarte der deutsch-französischen
Grenzländer mit Angabe der Sprachgrenzen" rückt der bekannte Kartograph
der französischen Anmaßung noch mehr auf den Leib. Nach dieser Karte fällt
die Sprachgrenze noch über Luxemburg hinaus, das sich -- nach französischer
Ansicht -- nicht genug beeilen kann, aus der ungemüthlichen Nachbarschaft
der allgemeinen Wehrpflicht zu entfliehen in die alleinseligmachende Umarmung
der Großen Nation. Hoffentlich findet diese es auch höchst anmaßend, daß der
deutsche Kartenzeichner die echten Namen ehemals deutscher Städte nicht ver¬
gessen hat und daß er z. B. das Wort "Thionville" nur in Klammer zu
"Diedenhofen" fügt. Was bedeutet doch die eifersüchtige Angst, womit man
in Frankreich jetzt alles Deulschihum in den Grenzländern betrachtet? Fürchtet
man vielleicht in der Stille, daß eine Zukunft möglich sei. wo man auch in
jenen Gegenden des beiligen römischen Reichs deutscher Nation von der
"Franzosenzeit" wie von einer verklungenen Sage redet?


So: „Hohenlohe. Bayern und Deutjchlaud", „Bayern und die deutsche Frage",
„Unsere Lage und unsere Pflicht. Ein deutsches Wort ans bayrische Voll"
und „Der Fürst Hohenlohe und seine Gegner". Gleichsam als Beleg sür seine
Ansichten könnte der Verfasser der Schrift „Sendschreiben an Annexionsschwärmer
und solche, die es werden wollen" die frankfurter „Fragen" anführen „Was mag
Frankfurt übrig bleiben?"^und „Wer hat der Bank die 5,747.008 se. 45 X. zu
zahlen?"

Oestreich hat ebenfalls etliche Brochüren veranlaßt. So „Der Ausgleich
mit Ungarn. Vom österreichischen Standpunkte beleuchtet". Dann die kräftig
geschriebene Schrift, die zwar „in Brüssel bei allen Buchhändlern" zu haben ist,
aber von Hamburg kam: „Oesterreichs Zukunft entwickelt aus seiner Vergangen¬
heit und Gegenwart" von I. Freimund. Ein sehr thätiger Münchener Verlag
brachte das preußenfeindliche Schriftchen „Oesterreichs Bedeutung für die gegen¬
wärtige Lage Süddeutschlands" und die Übersetzung einer englischen Kritik von
Kettelers neulich erwähnter Brochure. Jene heißt „Preußens Unberuf" — und
mag hier bei Oestreich ihren Platz finden, da wir ja wissen, wer nach der An¬
sicht jener Heißsporne an der Jsar den „Beruf" hat. Luxemburg hat in der
jüngsten Zeit einigen Brochüren das Leben gegeben, so: „Die Niederlande und
Preußen von E. Nasse. Eine Antwort an Herrn Groen van Prinsterer" und
„Preußens Rechte bezüglich des Landes und der Festung Luxemburg" von
F. v. Seidewitz.

Auch Karten einer bestimmten Gattung könnte man Zeitbrochuren nennen,
die colorire sind. Zur rechten Zeit und in klarer Ausführung gebracht, willen
sie doppelt, weil sie nur Thatsachen geben und uns die Folgerungen selbst
ziehen lassen. Wir wissen ja aus den letzten Wochen, wie schwer man sich in
Paris über die neue kicpertsche Sprachenkarte von Deutschland ärgerte. Mit
seiner neusten, sehr empfehlenswerthen „Specialkarte der deutsch-französischen
Grenzländer mit Angabe der Sprachgrenzen" rückt der bekannte Kartograph
der französischen Anmaßung noch mehr auf den Leib. Nach dieser Karte fällt
die Sprachgrenze noch über Luxemburg hinaus, das sich — nach französischer
Ansicht — nicht genug beeilen kann, aus der ungemüthlichen Nachbarschaft
der allgemeinen Wehrpflicht zu entfliehen in die alleinseligmachende Umarmung
der Großen Nation. Hoffentlich findet diese es auch höchst anmaßend, daß der
deutsche Kartenzeichner die echten Namen ehemals deutscher Städte nicht ver¬
gessen hat und daß er z. B. das Wort „Thionville" nur in Klammer zu
„Diedenhofen" fügt. Was bedeutet doch die eifersüchtige Angst, womit man
in Frankreich jetzt alles Deulschihum in den Grenzländern betrachtet? Fürchtet
man vielleicht in der Stille, daß eine Zukunft möglich sei. wo man auch in
jenen Gegenden des beiligen römischen Reichs deutscher Nation von der
„Franzosenzeit" wie von einer verklungenen Sage redet?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/316>, abgerufen am 02.10.2024.