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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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8) Dieselbe an M.Meimar, den 12. Mai 1802. Was weiden Sie deuten
mein Theurer, daß ich erst heute auf Ihren Brief vom Februar, der auch erst
spät im Maerz kam, antworte: Mein Mann hat lange gewartet auf Ihr neues
Werk. Nur erst in den letzten acht Tagen sind sechs Bogen nach und nach
angekommen; mein Mann erwartet nur das Ende, um Ihren Wunsch realisiren
zu können.

Auf jeden Fall wird er auf diesem Weg oder aus einem andern für Sie
würken. An Hardenberg schreibt er in diesen Tagen, wundern Sie sich nicht,
daß es nicht schon längst geschehen ist. Sein Körper- und Seelen-Zustand und
Geschäfte aller Art, auch das abwechselnde Leiden seiner Augen haben es ihm
unmöglich gemacht. Würden Sie ihn selbst sehen, so entschuldigten Sie ihn
gewiß.

Ihre so freundschaftliche, liebevolle und zustimmende Anzeige der Adeastea,
wie mein Mann nicht gewohnt ist, dergleichen zu lesen, hat meinen Mann und
mir einen sehr angenehmen Tag gemacht und wir fühlten den ganzen Werth
dessen, der mit diesem Geist und Herzen so urtheilt.

Auch dies Ihr braves Urtheil wird Früchte bringen. Wie freue ich mied,
daß Sie ein Lehrer der Jünglinge geworden sind.

Hier ist das Vte Stück. Ich hoffe es wird Ihnen auch nicht uninteressant
sein. Es freut mich, daß auch Sie darinnen sind.

Daß es Ihnen in der Well gelingen wird, aber nicht ohne Mühe, dazu
tragen Sie in sich selbst den Keim zu Ihrem Schicksal, wie diejenigen die zu
Ihrer Classe gehören.

Halten Sie also in Ihrem Frankfurts solange aus, bis die Stunde Ihres
besseren Schicksals schlägt.

Seien sie auch hierin vertrauend einem höheren Auge, das weiter sieht
als wir.

Sie sind von uns allen, Vater, Mutter und Kinder herzlich gegrüßt. Be¬
sonders soll ich Ihnen vom Doctor recht viel Schönes für Ihre Briefe sagen.

Wenn es um Sie zu bunt wird, so gehen auch Sie in einen stillen ernsten
Wald, und gedenken unsrer freundlich. Ihre


Caroline Herder.

9) Dieselbe an M. Weimar, den 12. Juni 1803. Seit mehreren Wochen
liegt das IX. Le. der Adrastea für Sie bereit -- ich wollte aber zugleich Ihren
freundlichen Brief beantworten, woran mich bis jetzt eine anhaltende Unpäßlichkeit
hinderte. Mit größtem Dank habe ich vor einigen Tagen zwei Packete Berli¬
nische Nachrichten erhalten -- sie wurden sogleich, da sie eben bei Tisch kamen,
durchsucht, gelesen, gelobt, getadelt, und so jedes Mal zum Nachtisch ein Pensum
vorgenommen, bis wir am Ende waren.


Grenzboten 1l. 1867. 38

8) Dieselbe an M.Meimar, den 12. Mai 1802. Was weiden Sie deuten
mein Theurer, daß ich erst heute auf Ihren Brief vom Februar, der auch erst
spät im Maerz kam, antworte: Mein Mann hat lange gewartet auf Ihr neues
Werk. Nur erst in den letzten acht Tagen sind sechs Bogen nach und nach
angekommen; mein Mann erwartet nur das Ende, um Ihren Wunsch realisiren
zu können.

Auf jeden Fall wird er auf diesem Weg oder aus einem andern für Sie
würken. An Hardenberg schreibt er in diesen Tagen, wundern Sie sich nicht,
daß es nicht schon längst geschehen ist. Sein Körper- und Seelen-Zustand und
Geschäfte aller Art, auch das abwechselnde Leiden seiner Augen haben es ihm
unmöglich gemacht. Würden Sie ihn selbst sehen, so entschuldigten Sie ihn
gewiß.

Ihre so freundschaftliche, liebevolle und zustimmende Anzeige der Adeastea,
wie mein Mann nicht gewohnt ist, dergleichen zu lesen, hat meinen Mann und
mir einen sehr angenehmen Tag gemacht und wir fühlten den ganzen Werth
dessen, der mit diesem Geist und Herzen so urtheilt.

Auch dies Ihr braves Urtheil wird Früchte bringen. Wie freue ich mied,
daß Sie ein Lehrer der Jünglinge geworden sind.

Hier ist das Vte Stück. Ich hoffe es wird Ihnen auch nicht uninteressant
sein. Es freut mich, daß auch Sie darinnen sind.

Daß es Ihnen in der Well gelingen wird, aber nicht ohne Mühe, dazu
tragen Sie in sich selbst den Keim zu Ihrem Schicksal, wie diejenigen die zu
Ihrer Classe gehören.

Halten Sie also in Ihrem Frankfurts solange aus, bis die Stunde Ihres
besseren Schicksals schlägt.

Seien sie auch hierin vertrauend einem höheren Auge, das weiter sieht
als wir.

Sie sind von uns allen, Vater, Mutter und Kinder herzlich gegrüßt. Be¬
sonders soll ich Ihnen vom Doctor recht viel Schönes für Ihre Briefe sagen.

Wenn es um Sie zu bunt wird, so gehen auch Sie in einen stillen ernsten
Wald, und gedenken unsrer freundlich. Ihre


Caroline Herder.

9) Dieselbe an M. Weimar, den 12. Juni 1803. Seit mehreren Wochen
liegt das IX. Le. der Adrastea für Sie bereit — ich wollte aber zugleich Ihren
freundlichen Brief beantworten, woran mich bis jetzt eine anhaltende Unpäßlichkeit
hinderte. Mit größtem Dank habe ich vor einigen Tagen zwei Packete Berli¬
nische Nachrichten erhalten — sie wurden sogleich, da sie eben bei Tisch kamen,
durchsucht, gelesen, gelobt, getadelt, und so jedes Mal zum Nachtisch ein Pensum
vorgenommen, bis wir am Ende waren.


Grenzboten 1l. 1867. 38
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[0301] 8) Dieselbe an M.Meimar, den 12. Mai 1802. Was weiden Sie deuten mein Theurer, daß ich erst heute auf Ihren Brief vom Februar, der auch erst spät im Maerz kam, antworte: Mein Mann hat lange gewartet auf Ihr neues Werk. Nur erst in den letzten acht Tagen sind sechs Bogen nach und nach angekommen; mein Mann erwartet nur das Ende, um Ihren Wunsch realisiren zu können. Auf jeden Fall wird er auf diesem Weg oder aus einem andern für Sie würken. An Hardenberg schreibt er in diesen Tagen, wundern Sie sich nicht, daß es nicht schon längst geschehen ist. Sein Körper- und Seelen-Zustand und Geschäfte aller Art, auch das abwechselnde Leiden seiner Augen haben es ihm unmöglich gemacht. Würden Sie ihn selbst sehen, so entschuldigten Sie ihn gewiß. Ihre so freundschaftliche, liebevolle und zustimmende Anzeige der Adeastea, wie mein Mann nicht gewohnt ist, dergleichen zu lesen, hat meinen Mann und mir einen sehr angenehmen Tag gemacht und wir fühlten den ganzen Werth dessen, der mit diesem Geist und Herzen so urtheilt. Auch dies Ihr braves Urtheil wird Früchte bringen. Wie freue ich mied, daß Sie ein Lehrer der Jünglinge geworden sind. Hier ist das Vte Stück. Ich hoffe es wird Ihnen auch nicht uninteressant sein. Es freut mich, daß auch Sie darinnen sind. Daß es Ihnen in der Well gelingen wird, aber nicht ohne Mühe, dazu tragen Sie in sich selbst den Keim zu Ihrem Schicksal, wie diejenigen die zu Ihrer Classe gehören. Halten Sie also in Ihrem Frankfurts solange aus, bis die Stunde Ihres besseren Schicksals schlägt. Seien sie auch hierin vertrauend einem höheren Auge, das weiter sieht als wir. Sie sind von uns allen, Vater, Mutter und Kinder herzlich gegrüßt. Be¬ sonders soll ich Ihnen vom Doctor recht viel Schönes für Ihre Briefe sagen. Wenn es um Sie zu bunt wird, so gehen auch Sie in einen stillen ernsten Wald, und gedenken unsrer freundlich. Ihre Caroline Herder. 9) Dieselbe an M. Weimar, den 12. Juni 1803. Seit mehreren Wochen liegt das IX. Le. der Adrastea für Sie bereit — ich wollte aber zugleich Ihren freundlichen Brief beantworten, woran mich bis jetzt eine anhaltende Unpäßlichkeit hinderte. Mit größtem Dank habe ich vor einigen Tagen zwei Packete Berli¬ nische Nachrichten erhalten — sie wurden sogleich, da sie eben bei Tisch kamen, durchsucht, gelesen, gelobt, getadelt, und so jedes Mal zum Nachtisch ein Pensum vorgenommen, bis wir am Ende waren. Grenzboten 1l. 1867. 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/301>, abgerufen am 22.07.2024.