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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Helfen Sie die Sitte des verständig Alten wieder einführen, und die Frauens
in einem kleinen thätigen Kreis halten -- o welche Wohlthat für das gebrech¬
liche Geschlecht.


Leben Sie bestens wohl, und seyen unsrer treuen Freundschaft versichert.
Caroline Herder.

Sie werden in der Adrastea einige Stücke von Horaz finden -- mein
Mann versuchte ihn menschlich, Horazisch gesagt, zu übersetzen. Es hat
jemand hier ihn sogleich im Gegensatz der Wielandschen Uebersetzung beurtheilt
-- das ist nicht recht. Es giebt ein grosses Publikum daS die leichtere, ge¬
fällige Manier Wielands dieser vorzieht und sie lieber liest. Man muß Wie¬
land und jedem Gerechtigkeit wiederfahren lassen -- hätte Wieland nicht auch
eine Horazischere veranlassen können und ihr den Weg gebahnt? Die Ueber¬
setzungen meines Mannes sind vor 20 Jahren schon auf dem Papier ent¬
worfen und jetzt nur corrigirt worden.

6) Dieselbe an M. Weimar, den 11. Januar 1802. Jnniggeschätzter
Freund. Nicht leicht ist uns ein Brief von Ihnen so angenehm gewesen als der,
den wir bei unsrer Rückkunft vorfanden, worinnen Sie uns Ihren Borsatz nach
Franckfurth zu gehen meldeten.' Mein Mann und ich hatten die größte Freude
darüber. Der gute Erfolg, den Sie mir in Ihrem Letzten, vor 8 Tagen er¬
haltenen Brief sagen, bestätigt also unsern Rath und unsere Prophezeihung.

Ja. mein Theurer, auf diesem Feld, der Bildung junger Leute zu Geist
und Charakter, müssen Sie jetzt bleiben -- Sie können Ihr Talent, das selbst
Geist und Charakter ist, nicht besser anwenden. Es hat daher unsern ganzen
Beifall, daß. Sie ein größeres Feld aufsuchen, wozu Erlangen gewiß ein
sehr passender Ort ist. Bedürfen Sie etwa hierzu die Empfehlung meines
Mannes an den Minister von Hardenberg, der gegen meinen Mann in Halver-
stadt sehr zuvorkommend gewesen ist, so schreiben Sie hierüber selbst einige
Worte an meinen Mann -- er wird es mit Freuden thun.

Ueber Ihre Vertheidigung Popens seyn Sie ganz ruhig -- wer liebt nicht
seinen Jugenddichter? Indessen prophezeihe ich Ihnen, daß Sie in 10 Jahren
änderst über Pope urtheilen werden, als jetzt mit Ihrer warmen Anhänglichkeit.
Selbst durch Ihre Collegia, werden Sie auf die poetische und historische
Gerechtigkeit schärfer geführt werden. Da Sie nicht der einzige sind, der
meinem Mann über Pope Vorwürfe machte, so werden Sie in dem 3. Stück
der Adrastea, das ich Ihnen bald schicken werde, eine kleine Rechtfertigung
finden. Hat nicht Pope das unzählige Heer tändelnder Reimer, wovon die
Schlegel und Consorten an der Spitze stehn, auch bei uns erschaffen helfen?
icht jeder hat Popens Geist, er nimmt daher das leicht nachzumachende Ge-


Helfen Sie die Sitte des verständig Alten wieder einführen, und die Frauens
in einem kleinen thätigen Kreis halten — o welche Wohlthat für das gebrech¬
liche Geschlecht.


Leben Sie bestens wohl, und seyen unsrer treuen Freundschaft versichert.
Caroline Herder.

Sie werden in der Adrastea einige Stücke von Horaz finden — mein
Mann versuchte ihn menschlich, Horazisch gesagt, zu übersetzen. Es hat
jemand hier ihn sogleich im Gegensatz der Wielandschen Uebersetzung beurtheilt
— das ist nicht recht. Es giebt ein grosses Publikum daS die leichtere, ge¬
fällige Manier Wielands dieser vorzieht und sie lieber liest. Man muß Wie¬
land und jedem Gerechtigkeit wiederfahren lassen — hätte Wieland nicht auch
eine Horazischere veranlassen können und ihr den Weg gebahnt? Die Ueber¬
setzungen meines Mannes sind vor 20 Jahren schon auf dem Papier ent¬
worfen und jetzt nur corrigirt worden.

6) Dieselbe an M. Weimar, den 11. Januar 1802. Jnniggeschätzter
Freund. Nicht leicht ist uns ein Brief von Ihnen so angenehm gewesen als der,
den wir bei unsrer Rückkunft vorfanden, worinnen Sie uns Ihren Borsatz nach
Franckfurth zu gehen meldeten.' Mein Mann und ich hatten die größte Freude
darüber. Der gute Erfolg, den Sie mir in Ihrem Letzten, vor 8 Tagen er¬
haltenen Brief sagen, bestätigt also unsern Rath und unsere Prophezeihung.

Ja. mein Theurer, auf diesem Feld, der Bildung junger Leute zu Geist
und Charakter, müssen Sie jetzt bleiben — Sie können Ihr Talent, das selbst
Geist und Charakter ist, nicht besser anwenden. Es hat daher unsern ganzen
Beifall, daß. Sie ein größeres Feld aufsuchen, wozu Erlangen gewiß ein
sehr passender Ort ist. Bedürfen Sie etwa hierzu die Empfehlung meines
Mannes an den Minister von Hardenberg, der gegen meinen Mann in Halver-
stadt sehr zuvorkommend gewesen ist, so schreiben Sie hierüber selbst einige
Worte an meinen Mann — er wird es mit Freuden thun.

Ueber Ihre Vertheidigung Popens seyn Sie ganz ruhig — wer liebt nicht
seinen Jugenddichter? Indessen prophezeihe ich Ihnen, daß Sie in 10 Jahren
änderst über Pope urtheilen werden, als jetzt mit Ihrer warmen Anhänglichkeit.
Selbst durch Ihre Collegia, werden Sie auf die poetische und historische
Gerechtigkeit schärfer geführt werden. Da Sie nicht der einzige sind, der
meinem Mann über Pope Vorwürfe machte, so werden Sie in dem 3. Stück
der Adrastea, das ich Ihnen bald schicken werde, eine kleine Rechtfertigung
finden. Hat nicht Pope das unzählige Heer tändelnder Reimer, wovon die
Schlegel und Consorten an der Spitze stehn, auch bei uns erschaffen helfen?
icht jeder hat Popens Geist, er nimmt daher das leicht nachzumachende Ge-


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[0299] Helfen Sie die Sitte des verständig Alten wieder einführen, und die Frauens in einem kleinen thätigen Kreis halten — o welche Wohlthat für das gebrech¬ liche Geschlecht. Leben Sie bestens wohl, und seyen unsrer treuen Freundschaft versichert. Caroline Herder. Sie werden in der Adrastea einige Stücke von Horaz finden — mein Mann versuchte ihn menschlich, Horazisch gesagt, zu übersetzen. Es hat jemand hier ihn sogleich im Gegensatz der Wielandschen Uebersetzung beurtheilt — das ist nicht recht. Es giebt ein grosses Publikum daS die leichtere, ge¬ fällige Manier Wielands dieser vorzieht und sie lieber liest. Man muß Wie¬ land und jedem Gerechtigkeit wiederfahren lassen — hätte Wieland nicht auch eine Horazischere veranlassen können und ihr den Weg gebahnt? Die Ueber¬ setzungen meines Mannes sind vor 20 Jahren schon auf dem Papier ent¬ worfen und jetzt nur corrigirt worden. 6) Dieselbe an M. Weimar, den 11. Januar 1802. Jnniggeschätzter Freund. Nicht leicht ist uns ein Brief von Ihnen so angenehm gewesen als der, den wir bei unsrer Rückkunft vorfanden, worinnen Sie uns Ihren Borsatz nach Franckfurth zu gehen meldeten.' Mein Mann und ich hatten die größte Freude darüber. Der gute Erfolg, den Sie mir in Ihrem Letzten, vor 8 Tagen er¬ haltenen Brief sagen, bestätigt also unsern Rath und unsere Prophezeihung. Ja. mein Theurer, auf diesem Feld, der Bildung junger Leute zu Geist und Charakter, müssen Sie jetzt bleiben — Sie können Ihr Talent, das selbst Geist und Charakter ist, nicht besser anwenden. Es hat daher unsern ganzen Beifall, daß. Sie ein größeres Feld aufsuchen, wozu Erlangen gewiß ein sehr passender Ort ist. Bedürfen Sie etwa hierzu die Empfehlung meines Mannes an den Minister von Hardenberg, der gegen meinen Mann in Halver- stadt sehr zuvorkommend gewesen ist, so schreiben Sie hierüber selbst einige Worte an meinen Mann — er wird es mit Freuden thun. Ueber Ihre Vertheidigung Popens seyn Sie ganz ruhig — wer liebt nicht seinen Jugenddichter? Indessen prophezeihe ich Ihnen, daß Sie in 10 Jahren änderst über Pope urtheilen werden, als jetzt mit Ihrer warmen Anhänglichkeit. Selbst durch Ihre Collegia, werden Sie auf die poetische und historische Gerechtigkeit schärfer geführt werden. Da Sie nicht der einzige sind, der meinem Mann über Pope Vorwürfe machte, so werden Sie in dem 3. Stück der Adrastea, das ich Ihnen bald schicken werde, eine kleine Rechtfertigung finden. Hat nicht Pope das unzählige Heer tändelnder Reimer, wovon die Schlegel und Consorten an der Spitze stehn, auch bei uns erschaffen helfen? icht jeder hat Popens Geist, er nimmt daher das leicht nachzumachende Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/299>, abgerufen am 22.07.2024.