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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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zu bitten; so weit Sie sie von ihm oder durch ihn erhalten können. Sie
werden meinen Mann unendlich verbinden.

Bezeugen Sie dem Herrn 0. Grabengiesser meines Mannes Hochachtung.

Unverändert Ihre ergebenste


Caroline Herder.

3) Dieselbe an M. Weimar, den 21. Mai 1801. Ich habe meinen Dank für
Ihre zwei letzten interessanten Briefe verspart um Ihnen das 2. Se.d.Adrastea un-
sauber zu können. Theuerster. Die Nachricht von den Bemühungen des Herrn
I). Grapengiesser und den glücklichen Würkungen des Gcilvanismuß hat meinen
Mann, mich und unsern Doctor höchst erfreut. Er ist auch auf dem Wege
eine glückliche Anwendung zu suchen. Dem Herrn v. Grapengiesser empfehlen
wir drei uns hochachtungsvoll und prophezeihen ihm den glücklichsten Fortgang.

Theuerster. Sie haben die Adrastea so würdig ins Publikum eingeführt,
dafür sagt Ihnen Geist und Herz Dank. Aber Eins müssen Sie uns noch
versprechen. Ziehen Sie keine Parallelen zwischen meinem Mann und Goethe.
Man wirft Ihnen vor. "Sie bekämpften Partheisucht mit Partheisucht". Wir
bitten Sie dringend, stellen Sie nie meinen Mann gegen jene Parthei. Sie
thun's in guter Absicht, das wissen wir, mein Bester, aber hierdurch verfehlen
Sie Ihren Zweck. -- Daß Goethe ein grosses Dichtertalent von der Natur
empfangen hat, kann ihm auch sein größter Gegner nicht absprechen -- be¬
dauern müssen wir aber Deutschland und die Nachwelt, daß dies grosse Talent
nicht auch grosse edle Motiven bewegt hat. Vom grossen Dichter ist
man berechtigt das nämliche zu fordern als vom grossen Mann.

Schade, schade, daß man dies hier in Weimar nicht glaubt -- aber
Deutschland ist ja größer als Weimar. -- Böttiger sagte uns, daß Sie selbst
die Fortsetzung- der Briefe aufgeben wollen. Wer Ihnen zum Selbstverlag
gerathen hat, hat es nicht gut gemeint. Keine Bücher gehn und werden be¬
kannt, die in Commission gegeben werden. Sie hätten zum Verleger
einen allverbreitetsten Buchhändler, wie Nicolai :c. nehmen sollen. Ach
könnten wir unsere Wünsche realisiren, wir zauberten sie von Berlin weg. Die
Partheien scheinen dort zu gereizt gegen einander zu sein.

Wissen Sie irgend einen bestimmten Ort wo mein Mann reell für Sie han¬
deln kann, so sagen Sie es uns mit der Offenheit, als Sie zu Ihrem eigenen
Herzen sprechen; dadurch werden Sie uns einen Beweis Ihrer Freundschaft
geben. Loslösungen von Freunden müssen Diejenigen oft erfahren, die den
Muth haben auf ihrem eigenen Grund und Boden reinstehen zu wollen.

Ein Kaufmann muß vielleicht Rücksichten nehmen -- wir haben in diesen
Tagen aufs Neue erfahren, daß die Frauen zu Hause bleiben und nicht in
grosse Gesellschaft gehen sollten, in denen fast alle Weiber verdorben werden.


zu bitten; so weit Sie sie von ihm oder durch ihn erhalten können. Sie
werden meinen Mann unendlich verbinden.

Bezeugen Sie dem Herrn 0. Grabengiesser meines Mannes Hochachtung.

Unverändert Ihre ergebenste


Caroline Herder.

3) Dieselbe an M. Weimar, den 21. Mai 1801. Ich habe meinen Dank für
Ihre zwei letzten interessanten Briefe verspart um Ihnen das 2. Se.d.Adrastea un-
sauber zu können. Theuerster. Die Nachricht von den Bemühungen des Herrn
I). Grapengiesser und den glücklichen Würkungen des Gcilvanismuß hat meinen
Mann, mich und unsern Doctor höchst erfreut. Er ist auch auf dem Wege
eine glückliche Anwendung zu suchen. Dem Herrn v. Grapengiesser empfehlen
wir drei uns hochachtungsvoll und prophezeihen ihm den glücklichsten Fortgang.

Theuerster. Sie haben die Adrastea so würdig ins Publikum eingeführt,
dafür sagt Ihnen Geist und Herz Dank. Aber Eins müssen Sie uns noch
versprechen. Ziehen Sie keine Parallelen zwischen meinem Mann und Goethe.
Man wirft Ihnen vor. „Sie bekämpften Partheisucht mit Partheisucht". Wir
bitten Sie dringend, stellen Sie nie meinen Mann gegen jene Parthei. Sie
thun's in guter Absicht, das wissen wir, mein Bester, aber hierdurch verfehlen
Sie Ihren Zweck. — Daß Goethe ein grosses Dichtertalent von der Natur
empfangen hat, kann ihm auch sein größter Gegner nicht absprechen — be¬
dauern müssen wir aber Deutschland und die Nachwelt, daß dies grosse Talent
nicht auch grosse edle Motiven bewegt hat. Vom grossen Dichter ist
man berechtigt das nämliche zu fordern als vom grossen Mann.

Schade, schade, daß man dies hier in Weimar nicht glaubt — aber
Deutschland ist ja größer als Weimar. — Böttiger sagte uns, daß Sie selbst
die Fortsetzung- der Briefe aufgeben wollen. Wer Ihnen zum Selbstverlag
gerathen hat, hat es nicht gut gemeint. Keine Bücher gehn und werden be¬
kannt, die in Commission gegeben werden. Sie hätten zum Verleger
einen allverbreitetsten Buchhändler, wie Nicolai :c. nehmen sollen. Ach
könnten wir unsere Wünsche realisiren, wir zauberten sie von Berlin weg. Die
Partheien scheinen dort zu gereizt gegen einander zu sein.

Wissen Sie irgend einen bestimmten Ort wo mein Mann reell für Sie han¬
deln kann, so sagen Sie es uns mit der Offenheit, als Sie zu Ihrem eigenen
Herzen sprechen; dadurch werden Sie uns einen Beweis Ihrer Freundschaft
geben. Loslösungen von Freunden müssen Diejenigen oft erfahren, die den
Muth haben auf ihrem eigenen Grund und Boden reinstehen zu wollen.

Ein Kaufmann muß vielleicht Rücksichten nehmen — wir haben in diesen
Tagen aufs Neue erfahren, daß die Frauen zu Hause bleiben und nicht in
grosse Gesellschaft gehen sollten, in denen fast alle Weiber verdorben werden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/298>, abgerufen am 22.07.2024.