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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Die Bnndesgelvalt und die Eisenbahnen in Deutschland.

Ich habe Ihnen im August v. I. Bericht erstattet über die Berathungen,
welche am 4. des genannten Monats die durch Zuziehung weiterer Mitglieder
verstärkte Deputation des voll'swirthschaftlichen Congresses in Braunschweig
hielt, um verschiedene durch die neuesten Zeitereignisse in Fiuh gebrachte Fragen
der politischen Oekonomie zu beantworten, namentlich um zu untersuchen, welche
Einflüsse die politische Umgestaltung Deutschlands auf dessen wirthschaftliche
Lage und auf die volkswirtschaftliche Seite der Verfassung und Gesetzgebung
haben werde. Die damaligen Verhandlungen und Beschlüsse, über welche Herr
Dr. Alexander Meyer, damals in Bremen, jetzt Syndicus in Breslau, einen ge¬
drängten Bericht publicirt hat, (derselbe ist auch in der Vierteljahrsschrift für Volks-
wirthschaft und Culturgeschichte von Michaelis und Faucher, Jahrg. 1866. B. II.
S.181 u.ff. abgedruckt), gingen zu jener Zeit ziemlich unbeachtet vorüber an dem großen
Publikum, welches damals noch ausschließlich den Berichten und Prophezeihungen
über kriegerische und politische Ereignisse größten Stils seine Aufmerksamkeit
zuwandte und sich fast zu langweilen schien, wenn nicht jeden Tag eine Schlacht
von Königsgrätz oder Aehnliches stattfand. Wenn man heutzutage jene Debatten
und Resolutionen des volkswirthschaftlichen Congresses vom August 1866 ver¬
gleicht mit dem Entwürfe zur Verfassung des norddeutschen Bundes vom März
1867, so wird man finden, daß dieser Entwurf in vielen Stücken die Bahnen
eingeschlagen hat, welche ihm damals die "Volkswirthe" verzeichneten, und daß
es Gebiete giebt, bezüglich deren zu wünschen wäre, daß er diese Marschroute
noch etwas Stricker eingehalten und weiter verfolgt hätte; man wird ferner, wenn
man das Verzeichnis) der Mitglieder der ständigen Deputation des volkswirth¬
schaftlichen Congresses, welche am 4. August 1866 in der braunschwciger Ver¬
sammlung thätig waren, nachschlägt, finden, daß die Hälfte derselben gegenwärtig
in dem Reichstag sitzt (es sind dies nämlich: Präsident Dr. Leite in Berlin,
Obergerichtsanwalt Dr. Braun in Wiesbaden, Bürgermeister Grundrecht in
Harburg, Otto Michaelis in Berlin. Obcrgerichtsanwalt Dr. Weigel in Kassel)
und also dort Gelegenheit hat zu prüfen, ob das Werk der Diplomaten, der
Verfassungsentwurf, in Uebereinstimmung steht mit den Von ihnen bekannten
Grundsätzen der Volkswirthschaft. Bei keinem der vierzehn Capitel des Ver-
fassungsentwurfes dürfte dies zweifelhafter erscheinen, als bei "VIII. Post- und
Telegraphenwesen".

Die unglücklichen politischen Verhältnisse in Deutschland, mit deren Radical-
reform wir gegenwärtig hoffentlich beschäftigt sind, haben dem deutschen Eisen-


Grenzboten it. 18V7. 4
Die Bnndesgelvalt und die Eisenbahnen in Deutschland.

Ich habe Ihnen im August v. I. Bericht erstattet über die Berathungen,
welche am 4. des genannten Monats die durch Zuziehung weiterer Mitglieder
verstärkte Deputation des voll'swirthschaftlichen Congresses in Braunschweig
hielt, um verschiedene durch die neuesten Zeitereignisse in Fiuh gebrachte Fragen
der politischen Oekonomie zu beantworten, namentlich um zu untersuchen, welche
Einflüsse die politische Umgestaltung Deutschlands auf dessen wirthschaftliche
Lage und auf die volkswirtschaftliche Seite der Verfassung und Gesetzgebung
haben werde. Die damaligen Verhandlungen und Beschlüsse, über welche Herr
Dr. Alexander Meyer, damals in Bremen, jetzt Syndicus in Breslau, einen ge¬
drängten Bericht publicirt hat, (derselbe ist auch in der Vierteljahrsschrift für Volks-
wirthschaft und Culturgeschichte von Michaelis und Faucher, Jahrg. 1866. B. II.
S.181 u.ff. abgedruckt), gingen zu jener Zeit ziemlich unbeachtet vorüber an dem großen
Publikum, welches damals noch ausschließlich den Berichten und Prophezeihungen
über kriegerische und politische Ereignisse größten Stils seine Aufmerksamkeit
zuwandte und sich fast zu langweilen schien, wenn nicht jeden Tag eine Schlacht
von Königsgrätz oder Aehnliches stattfand. Wenn man heutzutage jene Debatten
und Resolutionen des volkswirthschaftlichen Congresses vom August 1866 ver¬
gleicht mit dem Entwürfe zur Verfassung des norddeutschen Bundes vom März
1867, so wird man finden, daß dieser Entwurf in vielen Stücken die Bahnen
eingeschlagen hat, welche ihm damals die „Volkswirthe" verzeichneten, und daß
es Gebiete giebt, bezüglich deren zu wünschen wäre, daß er diese Marschroute
noch etwas Stricker eingehalten und weiter verfolgt hätte; man wird ferner, wenn
man das Verzeichnis) der Mitglieder der ständigen Deputation des volkswirth¬
schaftlichen Congresses, welche am 4. August 1866 in der braunschwciger Ver¬
sammlung thätig waren, nachschlägt, finden, daß die Hälfte derselben gegenwärtig
in dem Reichstag sitzt (es sind dies nämlich: Präsident Dr. Leite in Berlin,
Obergerichtsanwalt Dr. Braun in Wiesbaden, Bürgermeister Grundrecht in
Harburg, Otto Michaelis in Berlin. Obcrgerichtsanwalt Dr. Weigel in Kassel)
und also dort Gelegenheit hat zu prüfen, ob das Werk der Diplomaten, der
Verfassungsentwurf, in Uebereinstimmung steht mit den Von ihnen bekannten
Grundsätzen der Volkswirthschaft. Bei keinem der vierzehn Capitel des Ver-
fassungsentwurfes dürfte dies zweifelhafter erscheinen, als bei „VIII. Post- und
Telegraphenwesen".

Die unglücklichen politischen Verhältnisse in Deutschland, mit deren Radical-
reform wir gegenwärtig hoffentlich beschäftigt sind, haben dem deutschen Eisen-


Grenzboten it. 18V7. 4
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[0029] Die Bnndesgelvalt und die Eisenbahnen in Deutschland. Ich habe Ihnen im August v. I. Bericht erstattet über die Berathungen, welche am 4. des genannten Monats die durch Zuziehung weiterer Mitglieder verstärkte Deputation des voll'swirthschaftlichen Congresses in Braunschweig hielt, um verschiedene durch die neuesten Zeitereignisse in Fiuh gebrachte Fragen der politischen Oekonomie zu beantworten, namentlich um zu untersuchen, welche Einflüsse die politische Umgestaltung Deutschlands auf dessen wirthschaftliche Lage und auf die volkswirtschaftliche Seite der Verfassung und Gesetzgebung haben werde. Die damaligen Verhandlungen und Beschlüsse, über welche Herr Dr. Alexander Meyer, damals in Bremen, jetzt Syndicus in Breslau, einen ge¬ drängten Bericht publicirt hat, (derselbe ist auch in der Vierteljahrsschrift für Volks- wirthschaft und Culturgeschichte von Michaelis und Faucher, Jahrg. 1866. B. II. S.181 u.ff. abgedruckt), gingen zu jener Zeit ziemlich unbeachtet vorüber an dem großen Publikum, welches damals noch ausschließlich den Berichten und Prophezeihungen über kriegerische und politische Ereignisse größten Stils seine Aufmerksamkeit zuwandte und sich fast zu langweilen schien, wenn nicht jeden Tag eine Schlacht von Königsgrätz oder Aehnliches stattfand. Wenn man heutzutage jene Debatten und Resolutionen des volkswirthschaftlichen Congresses vom August 1866 ver¬ gleicht mit dem Entwürfe zur Verfassung des norddeutschen Bundes vom März 1867, so wird man finden, daß dieser Entwurf in vielen Stücken die Bahnen eingeschlagen hat, welche ihm damals die „Volkswirthe" verzeichneten, und daß es Gebiete giebt, bezüglich deren zu wünschen wäre, daß er diese Marschroute noch etwas Stricker eingehalten und weiter verfolgt hätte; man wird ferner, wenn man das Verzeichnis) der Mitglieder der ständigen Deputation des volkswirth¬ schaftlichen Congresses, welche am 4. August 1866 in der braunschwciger Ver¬ sammlung thätig waren, nachschlägt, finden, daß die Hälfte derselben gegenwärtig in dem Reichstag sitzt (es sind dies nämlich: Präsident Dr. Leite in Berlin, Obergerichtsanwalt Dr. Braun in Wiesbaden, Bürgermeister Grundrecht in Harburg, Otto Michaelis in Berlin. Obcrgerichtsanwalt Dr. Weigel in Kassel) und also dort Gelegenheit hat zu prüfen, ob das Werk der Diplomaten, der Verfassungsentwurf, in Uebereinstimmung steht mit den Von ihnen bekannten Grundsätzen der Volkswirthschaft. Bei keinem der vierzehn Capitel des Ver- fassungsentwurfes dürfte dies zweifelhafter erscheinen, als bei „VIII. Post- und Telegraphenwesen". Die unglücklichen politischen Verhältnisse in Deutschland, mit deren Radical- reform wir gegenwärtig hoffentlich beschäftigt sind, haben dem deutschen Eisen- Grenzboten it. 18V7. 4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/29>, abgerufen am 22.07.2024.