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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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gezählt werden konnten, zu brauchbaren Bestandtheilen der letztere" zu machen:
wir meinen die Kanonenboote (englisch guil-boats, vgl. unten, französisch
ctmouniörkL). Der Name Kanonenboote ebenso gut wie der Name Dampfboote
ist höchst ungeeignet gewählt, da beide Classen ordentliche Fahrzeuge, wirkliche
selbständige Schiffe sind, keineswegs aber blos Boote größerer Schiffe, wie etwa die
neuerdings aufgekommenen steain-I-ruirolrks, die mit Dampf getüebenen Boote
der Kriegsschiffe Höheren Ranges.

Namentlich in unsrer Zeit der Schraubcnt'anonenboote paßt der Name gar
nicht mehr; aber auch selbst vor der Erfindung der Schraube waren die
Kanonenboote und Mörserboote, die wegen ihres schweren Geschützes besonders
breit und flach gebaut sein mußten, somit nur eine sehr spärliche Takelage zu
tragen im Stande waren und deshalb sogar mittelst Riemen (Nuder) durch die
Bemannung mühsam von der Stelle bewegt werden mußten, immer noch selb¬
ständige größere Fahrzeuge, trugen sie doch Geschütze von bedeutender Schwere,
glatte 68psündige Lombenkanonen oder 25 (50) pfundige Mörser, und zwar
führten die größeren von ihnen, bei der deutschen Marine jlanonenschaluppen
genannt, je zwei, die -kleineren, als Kanvnenjvllen bezeichnet, je ein Geschütz die"
ses Kalibers, das sich von dem Kaliber der wirklichen, für Landungen mit
Booten bestimmten Bootsgeschütze, leichter Dleipfünder oder Vierpfünder, denn
doch wesentlich unterscheidet. Die unvcrhäitmßmäßig bedeutende Schwere ihrer
Geschütze, durch welche eine einsprechende Beschränkung der Zahl bedingt wurde,
war überhaupt das Eigenthümliche dieser Fahrzeuge, die nicht zum Kampf gegen
andere Schiffe auf hoher See, sondern zur Beschießung feindlicher B.sestigungen
und zur Vertheidigung der eigenen Küsten mit ihren Strandschanzen bestimmt
waren. Die Eigenthümlichkeit der Geschützausrüslung blieb auch bei der gioßen
Umwälzung, welche England im Bau der Kanvnenboolc durch die Anwendung
der Schraube hervorrief, bestehen, sie unterschied allein die Kanonenboote von
anderen kleineren Kriegsschiffen, bis endlich nach dem Kampf des Eonsöderations-
capers "Alabama" mit der Unionsschraubcnslovp "Kearsarge" auf der Rhede
von Cheibourg auch in den europäischen Flotten für alle Kriegsschiffe dassclt'e
Princip der Geschützausrüstung angenommen wurde, das, bisher blos bei den
Kanonenbooten befolgt worden war, nämlich Ar>n>rung mit wenigen, aber sehr
schweren Geschützen. Die eben erwähnte bedeutende Umwälzung aber, welche
England im Bau der Kanonenboote ,zur Zeit des Knmkriegcs hnvorrief, be¬
stand darin, daß man die zum Tragen weniger sehr schwerer Geschütze bestimmten
Fahrzeuge von schlankeren, für schnellere Hahrt und sicheres Aushalten auch in
schwerer See weit besser geeigneten Formen baute als früher, und daß man
eine Beiwerthung dieser Eigenschaften dadurch ermöglichte, daß diese Fahrzeuge
eine Schraube mit einer Maschine von 60-80 Pferdekraft und eme im Ler-
hciltniß zu dem geringen Tiefgang ziemlich hohe Takelage, gewöhnlich eine Drei-


gezählt werden konnten, zu brauchbaren Bestandtheilen der letztere» zu machen:
wir meinen die Kanonenboote (englisch guil-boats, vgl. unten, französisch
ctmouniörkL). Der Name Kanonenboote ebenso gut wie der Name Dampfboote
ist höchst ungeeignet gewählt, da beide Classen ordentliche Fahrzeuge, wirkliche
selbständige Schiffe sind, keineswegs aber blos Boote größerer Schiffe, wie etwa die
neuerdings aufgekommenen steain-I-ruirolrks, die mit Dampf getüebenen Boote
der Kriegsschiffe Höheren Ranges.

Namentlich in unsrer Zeit der Schraubcnt'anonenboote paßt der Name gar
nicht mehr; aber auch selbst vor der Erfindung der Schraube waren die
Kanonenboote und Mörserboote, die wegen ihres schweren Geschützes besonders
breit und flach gebaut sein mußten, somit nur eine sehr spärliche Takelage zu
tragen im Stande waren und deshalb sogar mittelst Riemen (Nuder) durch die
Bemannung mühsam von der Stelle bewegt werden mußten, immer noch selb¬
ständige größere Fahrzeuge, trugen sie doch Geschütze von bedeutender Schwere,
glatte 68psündige Lombenkanonen oder 25 (50) pfundige Mörser, und zwar
führten die größeren von ihnen, bei der deutschen Marine jlanonenschaluppen
genannt, je zwei, die -kleineren, als Kanvnenjvllen bezeichnet, je ein Geschütz die»
ses Kalibers, das sich von dem Kaliber der wirklichen, für Landungen mit
Booten bestimmten Bootsgeschütze, leichter Dleipfünder oder Vierpfünder, denn
doch wesentlich unterscheidet. Die unvcrhäitmßmäßig bedeutende Schwere ihrer
Geschütze, durch welche eine einsprechende Beschränkung der Zahl bedingt wurde,
war überhaupt das Eigenthümliche dieser Fahrzeuge, die nicht zum Kampf gegen
andere Schiffe auf hoher See, sondern zur Beschießung feindlicher B.sestigungen
und zur Vertheidigung der eigenen Küsten mit ihren Strandschanzen bestimmt
waren. Die Eigenthümlichkeit der Geschützausrüslung blieb auch bei der gioßen
Umwälzung, welche England im Bau der Kanvnenboolc durch die Anwendung
der Schraube hervorrief, bestehen, sie unterschied allein die Kanonenboote von
anderen kleineren Kriegsschiffen, bis endlich nach dem Kampf des Eonsöderations-
capers »Alabama" mit der Unionsschraubcnslovp „Kearsarge" auf der Rhede
von Cheibourg auch in den europäischen Flotten für alle Kriegsschiffe dassclt'e
Princip der Geschützausrüstung angenommen wurde, das, bisher blos bei den
Kanonenbooten befolgt worden war, nämlich Ar>n>rung mit wenigen, aber sehr
schweren Geschützen. Die eben erwähnte bedeutende Umwälzung aber, welche
England im Bau der Kanonenboote ,zur Zeit des Knmkriegcs hnvorrief, be¬
stand darin, daß man die zum Tragen weniger sehr schwerer Geschütze bestimmten
Fahrzeuge von schlankeren, für schnellere Hahrt und sicheres Aushalten auch in
schwerer See weit besser geeigneten Formen baute als früher, und daß man
eine Beiwerthung dieser Eigenschaften dadurch ermöglichte, daß diese Fahrzeuge
eine Schraube mit einer Maschine von 60-80 Pferdekraft und eme im Ler-
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[0266] gezählt werden konnten, zu brauchbaren Bestandtheilen der letztere» zu machen: wir meinen die Kanonenboote (englisch guil-boats, vgl. unten, französisch ctmouniörkL). Der Name Kanonenboote ebenso gut wie der Name Dampfboote ist höchst ungeeignet gewählt, da beide Classen ordentliche Fahrzeuge, wirkliche selbständige Schiffe sind, keineswegs aber blos Boote größerer Schiffe, wie etwa die neuerdings aufgekommenen steain-I-ruirolrks, die mit Dampf getüebenen Boote der Kriegsschiffe Höheren Ranges. Namentlich in unsrer Zeit der Schraubcnt'anonenboote paßt der Name gar nicht mehr; aber auch selbst vor der Erfindung der Schraube waren die Kanonenboote und Mörserboote, die wegen ihres schweren Geschützes besonders breit und flach gebaut sein mußten, somit nur eine sehr spärliche Takelage zu tragen im Stande waren und deshalb sogar mittelst Riemen (Nuder) durch die Bemannung mühsam von der Stelle bewegt werden mußten, immer noch selb¬ ständige größere Fahrzeuge, trugen sie doch Geschütze von bedeutender Schwere, glatte 68psündige Lombenkanonen oder 25 (50) pfundige Mörser, und zwar führten die größeren von ihnen, bei der deutschen Marine jlanonenschaluppen genannt, je zwei, die -kleineren, als Kanvnenjvllen bezeichnet, je ein Geschütz die» ses Kalibers, das sich von dem Kaliber der wirklichen, für Landungen mit Booten bestimmten Bootsgeschütze, leichter Dleipfünder oder Vierpfünder, denn doch wesentlich unterscheidet. Die unvcrhäitmßmäßig bedeutende Schwere ihrer Geschütze, durch welche eine einsprechende Beschränkung der Zahl bedingt wurde, war überhaupt das Eigenthümliche dieser Fahrzeuge, die nicht zum Kampf gegen andere Schiffe auf hoher See, sondern zur Beschießung feindlicher B.sestigungen und zur Vertheidigung der eigenen Küsten mit ihren Strandschanzen bestimmt waren. Die Eigenthümlichkeit der Geschützausrüslung blieb auch bei der gioßen Umwälzung, welche England im Bau der Kanvnenboolc durch die Anwendung der Schraube hervorrief, bestehen, sie unterschied allein die Kanonenboote von anderen kleineren Kriegsschiffen, bis endlich nach dem Kampf des Eonsöderations- capers »Alabama" mit der Unionsschraubcnslovp „Kearsarge" auf der Rhede von Cheibourg auch in den europäischen Flotten für alle Kriegsschiffe dassclt'e Princip der Geschützausrüstung angenommen wurde, das, bisher blos bei den Kanonenbooten befolgt worden war, nämlich Ar>n>rung mit wenigen, aber sehr schweren Geschützen. Die eben erwähnte bedeutende Umwälzung aber, welche England im Bau der Kanonenboote ,zur Zeit des Knmkriegcs hnvorrief, be¬ stand darin, daß man die zum Tragen weniger sehr schwerer Geschütze bestimmten Fahrzeuge von schlankeren, für schnellere Hahrt und sicheres Aushalten auch in schwerer See weit besser geeigneten Formen baute als früher, und daß man eine Beiwerthung dieser Eigenschaften dadurch ermöglichte, daß diese Fahrzeuge eine Schraube mit einer Maschine von 60-80 Pferdekraft und eme im Ler- hciltniß zu dem geringen Tiefgang ziemlich hohe Takelage, gewöhnlich eine Drei-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/266>, abgerufen am 22.07.2024.