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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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mastschoonertakelage, erhielten^ Diese "Schraubenkanonenboote", die-man also
"Schraubendrcimastsckooner" nennen könnte, hatten vor allen anderen Schiffs¬
classen unläugbar große Vorzüge; ihr geringer Tiefgang erlaubte ihnen, an den
Küsten an solchen Stellen zu operiren, wo die geringe Tiefe jedes andere
Kriegsschiff fern hielt; die geringe Höhe ihres Oberwerks bot dem Gegner
wenig Zieifläche und verminderte die Chancen des Getroffenwerdens im Gefecht.
Trotzdem waren die Fahrzeuge dieser Art im Stande, weite Reisen, selbst bis in
die chinesischen Gewässer, ebenso gut wie die kleinen Schooner und Briggs der
Handelsmanne zurückzulegen, wenn auch unter mancherlei Gefährdung; ihre
schwere Bewaffnung mit weittragenden Kanonen sicherte ihnen namentlich in
beschränktem Fahrwasser die Ueberlegenheit über jedes größere Schiff, wenn
dasselbe nicht ganz ausnahmsweise schweres Geschütz führte. Deshalb baute
man in England seit dem Krimkrieg nach und nach nicht weniger als 184
solcher Kanonenboote, meist Fahrzeuge von 45--80 Pferdekraft und 3--4 Ge¬
schützen. Namentlich für den Dienst auf der chinesischen und auf der west¬
afrikanischen Station, wo man den leichten, wenig tiefgehenden Piratenfcchr-
zeugen und Sklavenschiffen beikommen wollte, haben sich die Schraubenkanonen¬
boote von höchstem Nutzen erwiesen, wie denn auch gegenwärtig die Hauptmacht
Englands in jenen Gegenden aus mehr als 40 solchen Kanonenbooten besteht.
Uebrigens blieb ihr Bau nicht auf England beschränkt; auch Frankreich baute
sie in großer Zahl, desgleichen Rußland und ebenso Oestreich, das seine
Kanonenboote größter Classe, wie die bei der Schleswig-holsteinischen Expedition
mit betheiligt gewesenen "Seehund" und "Wal" sogar als Barth takelte, so
daß sie eigentlich als Schraubensloops betrachtet werden müssen, die eben nur
verhältnißtnäßig wenig Geschütze führen. Auch für die Küstenverthcidigung
Norddeutschlands war der Bau einer großen Anzahl derartiger Kanonenboote
durch, die preußische Küstcnschutzcommission seiner Zeit in Aussicht genommen,
wie denn Preußen selber mit der Erbauung von 23 derartigen Schrauben-
kanoncnbootm einen vielversprechenden Anfang gemacht hatte, auf den wir
später eingehender zurückkommen. Doch wollen wir schon hier bemerken, daß
der Bau neuer Schraubenkanonenboote wohl nach etwas anderen Principien
als bisher wird erfolgen müssen, wie denn auch England seine Kanonenboot-
flotille mit Fahrzeugen eines andern Systems ergänzt. Jene zur Zeit des
^Krimkriegs gebauten Kanonenboote nämlich waren in der Eile zum großen
Theil aus grünem, noch nicht hinreichend ausgetrockxetcm Holze erbaut, so daß
sehr bald die Faule in diese Fahrzeuge kam und von Jahr zu Jahr ein großer
Theil derselben ausrangirt und abgewrackt, d. ,h, abgebrochen, auseinander-
geschlagen und als altes Holz verkauft werden mußte. Dadurch ist die englische
Kanonenboolflotillc allmälig derart vermindert worden, daß schon die gegen¬
wärtige Admiralität -- das in Flottenangclegenheiten wenigstens äußerst energisch


mastschoonertakelage, erhielten^ Diese „Schraubenkanonenboote", die-man also
„Schraubendrcimastsckooner" nennen könnte, hatten vor allen anderen Schiffs¬
classen unläugbar große Vorzüge; ihr geringer Tiefgang erlaubte ihnen, an den
Küsten an solchen Stellen zu operiren, wo die geringe Tiefe jedes andere
Kriegsschiff fern hielt; die geringe Höhe ihres Oberwerks bot dem Gegner
wenig Zieifläche und verminderte die Chancen des Getroffenwerdens im Gefecht.
Trotzdem waren die Fahrzeuge dieser Art im Stande, weite Reisen, selbst bis in
die chinesischen Gewässer, ebenso gut wie die kleinen Schooner und Briggs der
Handelsmanne zurückzulegen, wenn auch unter mancherlei Gefährdung; ihre
schwere Bewaffnung mit weittragenden Kanonen sicherte ihnen namentlich in
beschränktem Fahrwasser die Ueberlegenheit über jedes größere Schiff, wenn
dasselbe nicht ganz ausnahmsweise schweres Geschütz führte. Deshalb baute
man in England seit dem Krimkrieg nach und nach nicht weniger als 184
solcher Kanonenboote, meist Fahrzeuge von 45—80 Pferdekraft und 3—4 Ge¬
schützen. Namentlich für den Dienst auf der chinesischen und auf der west¬
afrikanischen Station, wo man den leichten, wenig tiefgehenden Piratenfcchr-
zeugen und Sklavenschiffen beikommen wollte, haben sich die Schraubenkanonen¬
boote von höchstem Nutzen erwiesen, wie denn auch gegenwärtig die Hauptmacht
Englands in jenen Gegenden aus mehr als 40 solchen Kanonenbooten besteht.
Uebrigens blieb ihr Bau nicht auf England beschränkt; auch Frankreich baute
sie in großer Zahl, desgleichen Rußland und ebenso Oestreich, das seine
Kanonenboote größter Classe, wie die bei der Schleswig-holsteinischen Expedition
mit betheiligt gewesenen „Seehund" und „Wal" sogar als Barth takelte, so
daß sie eigentlich als Schraubensloops betrachtet werden müssen, die eben nur
verhältnißtnäßig wenig Geschütze führen. Auch für die Küstenverthcidigung
Norddeutschlands war der Bau einer großen Anzahl derartiger Kanonenboote
durch, die preußische Küstcnschutzcommission seiner Zeit in Aussicht genommen,
wie denn Preußen selber mit der Erbauung von 23 derartigen Schrauben-
kanoncnbootm einen vielversprechenden Anfang gemacht hatte, auf den wir
später eingehender zurückkommen. Doch wollen wir schon hier bemerken, daß
der Bau neuer Schraubenkanonenboote wohl nach etwas anderen Principien
als bisher wird erfolgen müssen, wie denn auch England seine Kanonenboot-
flotille mit Fahrzeugen eines andern Systems ergänzt. Jene zur Zeit des
^Krimkriegs gebauten Kanonenboote nämlich waren in der Eile zum großen
Theil aus grünem, noch nicht hinreichend ausgetrockxetcm Holze erbaut, so daß
sehr bald die Faule in diese Fahrzeuge kam und von Jahr zu Jahr ein großer
Theil derselben ausrangirt und abgewrackt, d. ,h, abgebrochen, auseinander-
geschlagen und als altes Holz verkauft werden mußte. Dadurch ist die englische
Kanonenboolflotillc allmälig derart vermindert worden, daß schon die gegen¬
wärtige Admiralität — das in Flottenangclegenheiten wenigstens äußerst energisch


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[0267] mastschoonertakelage, erhielten^ Diese „Schraubenkanonenboote", die-man also „Schraubendrcimastsckooner" nennen könnte, hatten vor allen anderen Schiffs¬ classen unläugbar große Vorzüge; ihr geringer Tiefgang erlaubte ihnen, an den Küsten an solchen Stellen zu operiren, wo die geringe Tiefe jedes andere Kriegsschiff fern hielt; die geringe Höhe ihres Oberwerks bot dem Gegner wenig Zieifläche und verminderte die Chancen des Getroffenwerdens im Gefecht. Trotzdem waren die Fahrzeuge dieser Art im Stande, weite Reisen, selbst bis in die chinesischen Gewässer, ebenso gut wie die kleinen Schooner und Briggs der Handelsmanne zurückzulegen, wenn auch unter mancherlei Gefährdung; ihre schwere Bewaffnung mit weittragenden Kanonen sicherte ihnen namentlich in beschränktem Fahrwasser die Ueberlegenheit über jedes größere Schiff, wenn dasselbe nicht ganz ausnahmsweise schweres Geschütz führte. Deshalb baute man in England seit dem Krimkrieg nach und nach nicht weniger als 184 solcher Kanonenboote, meist Fahrzeuge von 45—80 Pferdekraft und 3—4 Ge¬ schützen. Namentlich für den Dienst auf der chinesischen und auf der west¬ afrikanischen Station, wo man den leichten, wenig tiefgehenden Piratenfcchr- zeugen und Sklavenschiffen beikommen wollte, haben sich die Schraubenkanonen¬ boote von höchstem Nutzen erwiesen, wie denn auch gegenwärtig die Hauptmacht Englands in jenen Gegenden aus mehr als 40 solchen Kanonenbooten besteht. Uebrigens blieb ihr Bau nicht auf England beschränkt; auch Frankreich baute sie in großer Zahl, desgleichen Rußland und ebenso Oestreich, das seine Kanonenboote größter Classe, wie die bei der Schleswig-holsteinischen Expedition mit betheiligt gewesenen „Seehund" und „Wal" sogar als Barth takelte, so daß sie eigentlich als Schraubensloops betrachtet werden müssen, die eben nur verhältnißtnäßig wenig Geschütze führen. Auch für die Küstenverthcidigung Norddeutschlands war der Bau einer großen Anzahl derartiger Kanonenboote durch, die preußische Küstcnschutzcommission seiner Zeit in Aussicht genommen, wie denn Preußen selber mit der Erbauung von 23 derartigen Schrauben- kanoncnbootm einen vielversprechenden Anfang gemacht hatte, auf den wir später eingehender zurückkommen. Doch wollen wir schon hier bemerken, daß der Bau neuer Schraubenkanonenboote wohl nach etwas anderen Principien als bisher wird erfolgen müssen, wie denn auch England seine Kanonenboot- flotille mit Fahrzeugen eines andern Systems ergänzt. Jene zur Zeit des ^Krimkriegs gebauten Kanonenboote nämlich waren in der Eile zum großen Theil aus grünem, noch nicht hinreichend ausgetrockxetcm Holze erbaut, so daß sehr bald die Faule in diese Fahrzeuge kam und von Jahr zu Jahr ein großer Theil derselben ausrangirt und abgewrackt, d. ,h, abgebrochen, auseinander- geschlagen und als altes Holz verkauft werden mußte. Dadurch ist die englische Kanonenboolflotillc allmälig derart vermindert worden, daß schon die gegen¬ wärtige Admiralität — das in Flottenangclegenheiten wenigstens äußerst energisch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/267>, abgerufen am 22.07.2024.