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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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bringend zu bekunden. Möge dieser Drang sie auf noch wichtigeren und ernsteren
Gebieten nicht im Stiche lassen! Und möge ihr Vorgehen endlich in.einer
gewissen wohlanständigen Scham die letzten Bedenken ersticken/ welche die be¬
stehenden Sondervereine noch abhalten, in die nationale Rettungsgesellschaft
aufzugehen.




Luxemburg und die Mainlinie.

Am Freitag, den 26. April wurde in Berlin beschlossen, auf die Vermitt-
lungsvorschläge der unbetheiligten Großmächte in der luxemburger Frage ein¬
zugehen, obgleich dieselben in ihrer Neigung der Unruhe Frankreichs eine große
Concession zu machen, den Preußen die Aufgabe der Festung Luxemburg
empfahlen; wogegen sie allerdings verhießen, das Großherzogthum unter
gemeinsamen Schutz zu stellen und dadurch seinen Annex an Franks,es zwar
nicht zu verhindern, vielleicht zu erschweren. Die Thätigkeit der Botschafter in
Berlin wurde gefördert durch die persönliche Einwirkung mehrer Souveräne,
welche die Vermählung der Prinzeß Hohenzollern mit dem Grafen Flan¬
dern in Berlin vereinigt hatte. Unter ihnen war der König der Belgier
besonders hervorragend durch Urtheil und sein Landesinteresse, und er suchte,
Wie verlautet, besonders eifrig eine Verständigung zwischen Preußen und
Frankreich.

Thatsache ist, daß wir uns mit dem Gedanken vertraut machen müssen,
die Festung Luxemburg gegen irgendwelche Garantien zu opfern. Von diesen
Garantien werden wir nur eine für genügendes Aequivalent halten, wenn es
gelingt, die Personalunion zwischen Luxemburg und Holland in der Weise auf¬
zuheben, daß ein Prinz des Hauses Oranien-Nassau: Heinrich, der gegenwärtige
Statthalter, oder Prinz Nikolaus v. Nassau das Territorium als Landesherr er¬
hält. Dann mag das Land für ewige Zeiten neutralisirt zwischen Deutschland
und Frankreich liegen, für militärischen Einmarsch in Frankreich uns ein arges
Hinderniß, den Franzosen ein Schutz, den sie jetzt so aufgeregt begehren; im


bringend zu bekunden. Möge dieser Drang sie auf noch wichtigeren und ernsteren
Gebieten nicht im Stiche lassen! Und möge ihr Vorgehen endlich in.einer
gewissen wohlanständigen Scham die letzten Bedenken ersticken/ welche die be¬
stehenden Sondervereine noch abhalten, in die nationale Rettungsgesellschaft
aufzugehen.




Luxemburg und die Mainlinie.

Am Freitag, den 26. April wurde in Berlin beschlossen, auf die Vermitt-
lungsvorschläge der unbetheiligten Großmächte in der luxemburger Frage ein¬
zugehen, obgleich dieselben in ihrer Neigung der Unruhe Frankreichs eine große
Concession zu machen, den Preußen die Aufgabe der Festung Luxemburg
empfahlen; wogegen sie allerdings verhießen, das Großherzogthum unter
gemeinsamen Schutz zu stellen und dadurch seinen Annex an Franks,es zwar
nicht zu verhindern, vielleicht zu erschweren. Die Thätigkeit der Botschafter in
Berlin wurde gefördert durch die persönliche Einwirkung mehrer Souveräne,
welche die Vermählung der Prinzeß Hohenzollern mit dem Grafen Flan¬
dern in Berlin vereinigt hatte. Unter ihnen war der König der Belgier
besonders hervorragend durch Urtheil und sein Landesinteresse, und er suchte,
Wie verlautet, besonders eifrig eine Verständigung zwischen Preußen und
Frankreich.

Thatsache ist, daß wir uns mit dem Gedanken vertraut machen müssen,
die Festung Luxemburg gegen irgendwelche Garantien zu opfern. Von diesen
Garantien werden wir nur eine für genügendes Aequivalent halten, wenn es
gelingt, die Personalunion zwischen Luxemburg und Holland in der Weise auf¬
zuheben, daß ein Prinz des Hauses Oranien-Nassau: Heinrich, der gegenwärtige
Statthalter, oder Prinz Nikolaus v. Nassau das Territorium als Landesherr er¬
hält. Dann mag das Land für ewige Zeiten neutralisirt zwischen Deutschland
und Frankreich liegen, für militärischen Einmarsch in Frankreich uns ein arges
Hinderniß, den Franzosen ein Schutz, den sie jetzt so aufgeregt begehren; im


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/238>, abgerufen am 22.07.2024.