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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Sinn und Meinung ist wirklich gering; und die Amendements haben meist
eine politische Ordnung im Auge, welche erst in vier und dreiviertel Jahren
deutscher Zukunft lebendig werden soll, eine politische Ordnung, welche so. wie
sie jetzt pactirt worden, nach menschlichem Voraussehen nicht thatsächlich wirksam
werden kann, und endlich eine Ordnung deutsä'er Zukunft, welche unmittelbar
vor Beginn großer kriegerischer Entscheidung berathen wird. --




Zu den Kriegsartikeln des deutschen VerMmgsentKmrfes.

Die betreffenden Artikel des vorgelegten Verfassungsentwurfes enthielten
allerdings die Grundzüge der neuen Organisation, aber nicht eben gut geordnet,
in mangelhafter Redaction und mit manchen sachlichen Jnconvenienzen von
Bedeutung. Nächst dem Abschnitt über "Eisenbahnen" und "Schlichtung von
Streitigkeiten" ließ dieser wichtigste Theil der Vorlage in seiner Abfassung am
meisten zu wünschen übrig. Auch war die Methode der Berathung im Plenum
-- wie heilsam sie dem Ganzen sein mochte -- grade bei diesem Abschnitt
einer gründlichen Remedur der Mängel nichngünstig. Die liberalen Fraktionen
hatten kaum ein anderes Augenmerk, als die Rechte der Volksvertretung gegen¬
über den einzelnen Bestimmungen geltend zu machen, die techte Seite und die
Regierungen waren einer radikalen Umschreibung der Paragraphen selbstverständ¬
lich abgeneigt. Fast bei allen, auch in den gehaltenen Reden war eine gewisse
Hast oder Oberflächlichkeit bemerkbar. So ist es gekommen, daß selbst nach Schlu߬
berathung und Vereinbarung die militärischen Paragraphen mehr als billig zu
. wünschen übrig lassen.

Nicht um eine unfruchtbare Kritik derselben zu üben, sondern um vielleicht
einer künftigen Umformung durch Regierung oder Reichstag anspruchsloses
Material zu überliefern, sei hier eine Darstellung unserer Bundeskriegsverfassung in
Artikeln gestattet, wie sie bei dem gegenwärtigen Sachverhältniß und trotz der
geschlossenen Verträge noch möglich wären.

Art. 5. Der norddeutsche Bund stellt ein einheitliches Bundesheer auf,
welches in Kriegs- und Friedenszeit dem Könige von Preußen als Bundes-
feldherrn untergeben ist.

Art. b. Das Bundesheer soll aus dreizehn Armeecorps bestehen, deren
Zusammensetzung und Eintheilung nach den bisher in Preußen für Krieg und
Frieden geltenden Bestimmungen stattzufinden hat. Als Friedensetat gilt der
für 1867 aufgestellte Etat der preußischen Armee; als Kriegsetat aber der preu¬
ßische Mobilmachungsplan mit zugehörigen Bestimmungen.


Sinn und Meinung ist wirklich gering; und die Amendements haben meist
eine politische Ordnung im Auge, welche erst in vier und dreiviertel Jahren
deutscher Zukunft lebendig werden soll, eine politische Ordnung, welche so. wie
sie jetzt pactirt worden, nach menschlichem Voraussehen nicht thatsächlich wirksam
werden kann, und endlich eine Ordnung deutsä'er Zukunft, welche unmittelbar
vor Beginn großer kriegerischer Entscheidung berathen wird. —




Zu den Kriegsartikeln des deutschen VerMmgsentKmrfes.

Die betreffenden Artikel des vorgelegten Verfassungsentwurfes enthielten
allerdings die Grundzüge der neuen Organisation, aber nicht eben gut geordnet,
in mangelhafter Redaction und mit manchen sachlichen Jnconvenienzen von
Bedeutung. Nächst dem Abschnitt über „Eisenbahnen" und „Schlichtung von
Streitigkeiten" ließ dieser wichtigste Theil der Vorlage in seiner Abfassung am
meisten zu wünschen übrig. Auch war die Methode der Berathung im Plenum
— wie heilsam sie dem Ganzen sein mochte — grade bei diesem Abschnitt
einer gründlichen Remedur der Mängel nichngünstig. Die liberalen Fraktionen
hatten kaum ein anderes Augenmerk, als die Rechte der Volksvertretung gegen¬
über den einzelnen Bestimmungen geltend zu machen, die techte Seite und die
Regierungen waren einer radikalen Umschreibung der Paragraphen selbstverständ¬
lich abgeneigt. Fast bei allen, auch in den gehaltenen Reden war eine gewisse
Hast oder Oberflächlichkeit bemerkbar. So ist es gekommen, daß selbst nach Schlu߬
berathung und Vereinbarung die militärischen Paragraphen mehr als billig zu
. wünschen übrig lassen.

Nicht um eine unfruchtbare Kritik derselben zu üben, sondern um vielleicht
einer künftigen Umformung durch Regierung oder Reichstag anspruchsloses
Material zu überliefern, sei hier eine Darstellung unserer Bundeskriegsverfassung in
Artikeln gestattet, wie sie bei dem gegenwärtigen Sachverhältniß und trotz der
geschlossenen Verträge noch möglich wären.

Art. 5. Der norddeutsche Bund stellt ein einheitliches Bundesheer auf,
welches in Kriegs- und Friedenszeit dem Könige von Preußen als Bundes-
feldherrn untergeben ist.

Art. b. Das Bundesheer soll aus dreizehn Armeecorps bestehen, deren
Zusammensetzung und Eintheilung nach den bisher in Preußen für Krieg und
Frieden geltenden Bestimmungen stattzufinden hat. Als Friedensetat gilt der
für 1867 aufgestellte Etat der preußischen Armee; als Kriegsetat aber der preu¬
ßische Mobilmachungsplan mit zugehörigen Bestimmungen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/176>, abgerufen am 22.07.2024.