Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.können. Hat der Reichstag in Wahrheit einmal dergleichen zu moniren. so giebt Unterdeß sind wir zu einem großen Staat herangewachsen, von kriegen- Wie bekannt, vollzog sich Besprechung dieser Interessen und Vereinbarung 22*
können. Hat der Reichstag in Wahrheit einmal dergleichen zu moniren. so giebt Unterdeß sind wir zu einem großen Staat herangewachsen, von kriegen- Wie bekannt, vollzog sich Besprechung dieser Interessen und Vereinbarung 22*
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können. Hat der Reichstag in Wahrheit einmal dergleichen zu moniren. so giebt
der ihm vorgelegte Militäretat jede Veranlassung dazu, dergleichen in geeigneter
Weise zur Sprache zu bringen. Denn daS gelegentliche Abstreichen einer
Generalstelle, der Baugelder für eine Kaserne und ähnliche kleine Vexationen
einer übergreifenden Negierung sind nur Mittel zu ärgern, nicht Abhilfe zu
schaffen.
Unterdeß sind wir zu einem großen Staat herangewachsen, von kriegen-
schen und mißgünstigen Nachbarn umgeben, wir brauchen ein großes Heer, um
die neue Stellung zu behaupten, und unsere nächste Pflicht ist, nach dieser
Richtung Opfer zu bringen. Ja man darf behaupten, daß auch die Eingewöh¬
nung unserer süddeutschen Stammgenossen in den Bund, im Anfange und vor¬
nehmlich durch die Eingewöhnung in unsere Heeresorganisation und die Zucht
derselben erfolgen wird; ohne diese Heereszucht aber wahrscheinlich niemals er¬
folgen wird. Und immer wieder müssen wir uns daran erinnern, daß seit
vorigem Jahre einige Grundlagen unseres Lebens sich geändert haben, wir sind
vor allem genöthigt, ein kriegerisches Volk zu sein, nicht um zu erobern, sondern
um uns zu behaupten.
Wie bekannt, vollzog sich Besprechung dieser Interessen und Vereinbarung
über den Wortlaut des Gesehentwurfes im Reichstage durch zweimalige Ver¬
handlung. Bei der ersten, der Vorverhandlung, formulirten die liberalen
Fractionen und die Separatisten Abänderungsvorschläge, welche zu etwas mehr
als 2 Drittheilen bei der Abstimmung verworfen wurden. Nach der Vorverhand¬
lung war der Entwurf so weit in liberalem Sinne redigirt. als die Zusammen¬
setzung des Hauses und die äußerst mangelhafte Methode der Verhandlung ge¬
stattete. In den Ruhetagen vor der zweiten, der sog. Schlußberathung, beschlossen die
Regierungen, was von den Aenderungen durch den Reichstag ihnen annehmbar
sei; etwa 34 Amendements wurden angenommen, etwa vier, die wichtigsten, für
unannehmbar erklärt oder beanstandet. Die Schlußberathung war also wesent¬
lich nichts als eine Restriktion der liberalen Aenderungen in die den Verbün¬
deten Regierungen annehmbar erscheinende Form. Dies geschah in der Art,
daß die Regierung durch Mitglieder der Rechten den betreffenden, in oppositio¬
nellen Sinn geänderten Artikeln ihre Forderungen in Form neuer Amendement«
gegenüberstellte, während auch die nationale Partei bei den Concessionen, welche
ihr zugemuthet wurden, in Gegenamendements so viel als möglich von ihrem
Standpunkt zu behaupten suchte. Darum wurde eifrig gekämpft. Wer aber
einst den Wortlaut der letzten Amendements, welche einander gegenüberstanden,
z. B. der von Stollberg und von Ujest-Bennigsen mit einander vergleichen
und den heftigen Gegensatz, der darum entbrannte, und die Spannung der
namentlicher Abstimmung beachten sollte, der wird ein — hoffentlich heiteres —
Lächeln schwerlich von seinen Lippen fern halten. Denn der Unterschied in
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