eine Erklärung der rostocker Landtagsdcputirten, welche die erbvertragsmäßigen Rechte der Stadt Rostock reservirte. Der schwerinsche Landtagsabschied spricht die besondere Befriedigung des Großherzogs darüber aus, daß die Stände die¬ selbe patriotische und einsichtige Haltung wie bei den vorbereitenden Verhandlungen bewährt und durch ihre Antwort die vom Großherzoge gehegten vertrauensvol¬ len Erwartungen im vollen Umfange erfüllt haben. Am Schlüsse folgt die Zusicherung, daß der Großherzog den Wünschen der Stände in Betreff der aus der Bundesverfassung für Mecklenburg entstehenden neuen Verhältnisse zu jeder Zeit die "thunlichste" Berücksichtiguag angedeihen lassen werde. Damit stimmt die Fassung des strelitzifchen Landtagsabschiedes wesentlich überein. Die von den Ständen ausgesprochene Erwartung wird in beiden Schriftstücken gänz¬ lich mit Stillschweigen übergangen.
Ein Mitglied der kleinen constitutionellen Partei in der mecklenburgischen Ritterschaft, Dr. Bade-Griebow, hielt den Zeitpunkt für gekommen, um die Stände zu einer Kundgebung im Sinne einer Reform der alten Landesver¬ fassung zu veranlassen. Er beantragte, die Bitte an die Landesherren zu richten, daß dieselben baldlhunlichst die erforderlichen Schritte einleiten möchten, damit auch Mecklenburg eine den Verfassungen der übrigen Staaten des norddeutschen Bundes analoge constitutionelle Verfassung erhalte. Die Motivirung erinnerte an die staatsrechtliche Verpflichtung und an die aus dem Eintritt Mecklenburgs in den Bundesstaat sich ergebenden politischen, wirthschaftlichen und finanziellen Gründe, welche die Nothwendigkeit einer Rückkehr zu dem im Jahre 18S0 durch den Einfluß der feudalen Partei verdrängten Constitutionalismus darthun. Der Antrag ward jedoch ohne Abstimmung verworfen.
Dr. Bade hatte seinen Antrag mit den Worten eingeführt: "Was Sie über meinen Antrag beschließen, ist mir gleichgiltig, da ich die zuversichtliche Hoffnung hege, daß, wie es bei dem deutschen Bundestage bereits geschehen ist, so auch über den mecklenburgischen Landtag die Geschichte demnächst trotz Ihnen zur Tagesordnung übergehen wird." Die Versammlung nahm diese Weissagung zwar mit höhnischem Gelächter auf. Es bleibt aber dessenungeachtet wahr, daß der mecklenburgische Particularismus der neuen Bundesverfassung gegenüber nicht haltbar ist und daß jenes einheits- und frciheitsfeindliche Gemisch von mittelalterlichen Ständewesen und modernem Absolutismus, welches sich als mecklenburgischer Staat zu behaupten gewußt hat. unter dem frischen Hauche der bundesstaatlichen Gemeinschaft bald diejenige Zersetzung und Auslosung er" fahren wird, gegen welche es sich nur durch seine bisherige Jsolirung zu schützen vermochte. Wenn die schwerinsche Landtagsproposition auf die "destructiven Zeitströmungen" hinweist, gegen welche der Bund Mecklenburg im Innern schützen solle, so muß es dem gegenüber als die richtige Anschauung gelten, daß der Bund einen solchen Schutz zu bieten weder im Stande ist, noch beabsichtigt,
eine Erklärung der rostocker Landtagsdcputirten, welche die erbvertragsmäßigen Rechte der Stadt Rostock reservirte. Der schwerinsche Landtagsabschied spricht die besondere Befriedigung des Großherzogs darüber aus, daß die Stände die¬ selbe patriotische und einsichtige Haltung wie bei den vorbereitenden Verhandlungen bewährt und durch ihre Antwort die vom Großherzoge gehegten vertrauensvol¬ len Erwartungen im vollen Umfange erfüllt haben. Am Schlüsse folgt die Zusicherung, daß der Großherzog den Wünschen der Stände in Betreff der aus der Bundesverfassung für Mecklenburg entstehenden neuen Verhältnisse zu jeder Zeit die „thunlichste" Berücksichtiguag angedeihen lassen werde. Damit stimmt die Fassung des strelitzifchen Landtagsabschiedes wesentlich überein. Die von den Ständen ausgesprochene Erwartung wird in beiden Schriftstücken gänz¬ lich mit Stillschweigen übergangen.
Ein Mitglied der kleinen constitutionellen Partei in der mecklenburgischen Ritterschaft, Dr. Bade-Griebow, hielt den Zeitpunkt für gekommen, um die Stände zu einer Kundgebung im Sinne einer Reform der alten Landesver¬ fassung zu veranlassen. Er beantragte, die Bitte an die Landesherren zu richten, daß dieselben baldlhunlichst die erforderlichen Schritte einleiten möchten, damit auch Mecklenburg eine den Verfassungen der übrigen Staaten des norddeutschen Bundes analoge constitutionelle Verfassung erhalte. Die Motivirung erinnerte an die staatsrechtliche Verpflichtung und an die aus dem Eintritt Mecklenburgs in den Bundesstaat sich ergebenden politischen, wirthschaftlichen und finanziellen Gründe, welche die Nothwendigkeit einer Rückkehr zu dem im Jahre 18S0 durch den Einfluß der feudalen Partei verdrängten Constitutionalismus darthun. Der Antrag ward jedoch ohne Abstimmung verworfen.
Dr. Bade hatte seinen Antrag mit den Worten eingeführt: „Was Sie über meinen Antrag beschließen, ist mir gleichgiltig, da ich die zuversichtliche Hoffnung hege, daß, wie es bei dem deutschen Bundestage bereits geschehen ist, so auch über den mecklenburgischen Landtag die Geschichte demnächst trotz Ihnen zur Tagesordnung übergehen wird." Die Versammlung nahm diese Weissagung zwar mit höhnischem Gelächter auf. Es bleibt aber dessenungeachtet wahr, daß der mecklenburgische Particularismus der neuen Bundesverfassung gegenüber nicht haltbar ist und daß jenes einheits- und frciheitsfeindliche Gemisch von mittelalterlichen Ständewesen und modernem Absolutismus, welches sich als mecklenburgischer Staat zu behaupten gewußt hat. unter dem frischen Hauche der bundesstaatlichen Gemeinschaft bald diejenige Zersetzung und Auslosung er« fahren wird, gegen welche es sich nur durch seine bisherige Jsolirung zu schützen vermochte. Wenn die schwerinsche Landtagsproposition auf die „destructiven Zeitströmungen" hinweist, gegen welche der Bund Mecklenburg im Innern schützen solle, so muß es dem gegenüber als die richtige Anschauung gelten, daß der Bund einen solchen Schutz zu bieten weder im Stande ist, noch beabsichtigt,
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eine Erklärung der rostocker Landtagsdcputirten, welche die erbvertragsmäßigen
Rechte der Stadt Rostock reservirte. Der schwerinsche Landtagsabschied spricht
die besondere Befriedigung des Großherzogs darüber aus, daß die Stände die¬
selbe patriotische und einsichtige Haltung wie bei den vorbereitenden Verhandlungen
bewährt und durch ihre Antwort die vom Großherzoge gehegten vertrauensvol¬
len Erwartungen im vollen Umfange erfüllt haben. Am Schlüsse folgt die
Zusicherung, daß der Großherzog den Wünschen der Stände in Betreff der
aus der Bundesverfassung für Mecklenburg entstehenden neuen Verhältnisse zu
jeder Zeit die „thunlichste" Berücksichtiguag angedeihen lassen werde. Damit
stimmt die Fassung des strelitzifchen Landtagsabschiedes wesentlich überein. Die
von den Ständen ausgesprochene Erwartung wird in beiden Schriftstücken gänz¬
lich mit Stillschweigen übergangen.
Ein Mitglied der kleinen constitutionellen Partei in der mecklenburgischen
Ritterschaft, Dr. Bade-Griebow, hielt den Zeitpunkt für gekommen, um die
Stände zu einer Kundgebung im Sinne einer Reform der alten Landesver¬
fassung zu veranlassen. Er beantragte, die Bitte an die Landesherren zu richten,
daß dieselben baldlhunlichst die erforderlichen Schritte einleiten möchten, damit auch
Mecklenburg eine den Verfassungen der übrigen Staaten des norddeutschen Bundes
analoge constitutionelle Verfassung erhalte. Die Motivirung erinnerte
an die staatsrechtliche Verpflichtung und an die aus dem Eintritt Mecklenburgs
in den Bundesstaat sich ergebenden politischen, wirthschaftlichen und finanziellen
Gründe, welche die Nothwendigkeit einer Rückkehr zu dem im Jahre 18S0 durch
den Einfluß der feudalen Partei verdrängten Constitutionalismus darthun.
Der Antrag ward jedoch ohne Abstimmung verworfen.
Dr. Bade hatte seinen Antrag mit den Worten eingeführt: „Was Sie
über meinen Antrag beschließen, ist mir gleichgiltig, da ich die zuversichtliche
Hoffnung hege, daß, wie es bei dem deutschen Bundestage bereits geschehen ist,
so auch über den mecklenburgischen Landtag die Geschichte demnächst trotz Ihnen
zur Tagesordnung übergehen wird." Die Versammlung nahm diese Weissagung
zwar mit höhnischem Gelächter auf. Es bleibt aber dessenungeachtet wahr, daß
der mecklenburgische Particularismus der neuen Bundesverfassung gegenüber
nicht haltbar ist und daß jenes einheits- und frciheitsfeindliche Gemisch von
mittelalterlichen Ständewesen und modernem Absolutismus, welches sich als
mecklenburgischer Staat zu behaupten gewußt hat. unter dem frischen Hauche
der bundesstaatlichen Gemeinschaft bald diejenige Zersetzung und Auslosung er«
fahren wird, gegen welche es sich nur durch seine bisherige Jsolirung zu schützen
vermochte. Wenn die schwerinsche Landtagsproposition auf die „destructiven
Zeitströmungen" hinweist, gegen welche der Bund Mecklenburg im Innern
schützen solle, so muß es dem gegenüber als die richtige Anschauung gelten, daß
der Bund einen solchen Schutz zu bieten weder im Stande ist, noch beabsichtigt,
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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/80>, abgerufen am 24.01.2025.
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