Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Rechtes hergegeben, oder als habe man ihre Unparteilichkeit auf neue Proben zu Der sal^burger Landtag, der gleich den übrigen der westlichen Reichshälfte Statt des Grafen Taaffe, der bereits nach Wien berufen worden war, Bevor man sich trennte, kam noch eine andere Sünde des abgetretenen ") Der neue Justizminister Hye verkündete in der Sijzung des Abgeordnetenhauses vom
Jo.^ni, daß die Abrundung der Gehalte derIustizbeamtcu und die Zurücksetzung der Adjuncten in der Gehaltsstufe zurückgenommen seien. Rechtes hergegeben, oder als habe man ihre Unparteilichkeit auf neue Proben zu Der sal^burger Landtag, der gleich den übrigen der westlichen Reichshälfte Statt des Grafen Taaffe, der bereits nach Wien berufen worden war, Bevor man sich trennte, kam noch eine andere Sünde des abgetretenen ") Der neue Justizminister Hye verkündete in der Sijzung des Abgeordnetenhauses vom
Jo.^ni, daß die Abrundung der Gehalte derIustizbeamtcu und die Zurücksetzung der Adjuncten in der Gehaltsstufe zurückgenommen seien. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191758"/> <p xml:id="ID_1570" prev="#ID_1569"> Rechtes hergegeben, oder als habe man ihre Unparteilichkeit auf neue Proben zu<lb/> stellen beabsichtigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1571"> Der sal^burger Landtag, der gleich den übrigen der westlichen Reichshälfte<lb/> infolge der nach dem Stürze Belcredis wieder betretenen versassungsmäszigen<lb/> Bahn auf den 19. Februar einberufen wurde, nahm die Wahlen für den Reichs-<lb/> rath, die aus Lasser, Stieger und Gschmtzcr sielen, in stiller Erwartung der<lb/> iommendcn Dinge vor; dafür ließ er sich um so lauter und offener über das<lb/> letzte Geschenk des Sistirungsministcrs aus. Stieger erging sich als Bericht¬<lb/> erstatter in der Sitzung vom23. Februar über die'Hfltchtvcrgcssenheit des Staa¬<lb/> tes, der die Rechtspflege, seine erste und höchste Ausgabe, wie ein industrielles<lb/> Unternehmen vom Standpunkt möglichster Wohlfeilheit betrachte; er verwies<lb/> auf die nothwendige Unabhängigkeit des Ntchterstanbes als unerläßliche Lorbe¬<lb/> dingung einer guten Justiz und zählte die nachtheiligen Folgen ihrer Vertheue-<lb/> rung durch Erschwerung schneller und ausgiebiger Hilfe in Civil- und Criminal-<lb/> sachen auf. Auch die neu eingetretenen Notare, deren bei den Wahlen für die<lb/> zweite Periode trotz der Abneigung des Landvolkes gegen dieses Institut drei,<lb/> Harrer, Koffler und Haidinger, gewählt worden waren, verfehlten nicht, für d.le<lb/> schlecht bezahlten Beamten und das dabei noch schlimmer berathene Volk e>n-<lb/> zutreten. Nur Se. Excellenz der Herr Ritter von Lasser zeigte einiges Mitleid<lb/> mit dem Justizminister, der von „starker Hand" auf knappe Kost gesetzt worden,<lb/> eine Vermuthung, die sich durch die späteren Aufklärungen, die Hye im Reichs-<lb/> rath über die Vereinbarung der Tangente machte, übrigens nicht bestätigte.<lb/> Dagegen konnte es selbst der loyale Peltier nicht über sich gewinnen zu schwelgen;<lb/> er sprach rundweg aus, wenn man die Justiz zu Tode experimentlre, könne die<lb/> Zufriedenheit des Volks auch im geduldigen und lammsrommen Salzburg ge-<lb/> fährdet werden, obgleich es hier doch keine Nationalitäten- oder Judenhetze und<lb/> keine religiösen Wirren gebe wie in einem benachbarten Kronlande. Dieser<lb/> Seitenblick auf Tirol war freilich etwas unliebsam, da es dort ja nur einen<lb/> „betenden Aufstand" giebt und die Räthe des k. k. Oberlandesgenchtes eifrigst<lb/> darüber wachen, daß geistliche Ruhestörer concordatsmäßig bestraft werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1572"> Statt des Grafen Taaffe, der bereits nach Wien berufen worden war,<lb/> war ein Graf Coronini als Landcschef eingetreten, der sich an der Debatte, die<lb/> zu Interpellationen wegen Belassung der aufgehobenen Bezirksgerichte und ent¬<lb/> sprechender Bemessung der Bezüge der Justizbeamten führte*), nicht im Geringsten<lb/> betheiligte, sondern in seinen Abschiedsworten am Schlüsse des Landtages schon<lb/> einen lichten Sonnenstrahl am politischen Horizont, dem die schwer und düster<lb/> niederhängenden Wolken weichen müßten, zu erblicken glaubte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1573"> Bevor man sich trennte, kam noch eine andere Sünde des abgetretenen<lb/> Ministers zur Sprache, der ungesetzliche Einfluß, den derselbe auf die letzthin<lb/> vorgenommenen Neuwahlen geübt hatte. Aus Anlaß des Wahlvorganges in<lb/> Se. Johann, wo sich der Bezuksvorstehcr der Comnussion als Vorsitzender auf¬<lb/> gedrängt hatte, bemerkte Biehl. daß in der Stadt Salzburg „einzelnen Branchen<lb/> des Beamtenstandes der Auftrag ertheilt worden sei, nur gewisse regierungs¬<lb/> freundliche Personen zu wählen". Nachdem jener Act für ungiltig erklärt<lb/> worden, erhob man den Antrag Gschnitzeis: „die Landesbehörde zu ersuchen,<lb/> ihren Organen ein für allemal den strengsten Auftrag zu ertheilen, bei vor¬<lb/> kommenden Wahlen gewissenhaft nach den gesetzlichen Vorschriften vorzugehen",<lb/> mit großer Majorität zum Beschluß.</p><lb/> <note xml:id="FID_66" place="foot"> ") Der neue Justizminister Hye verkündete in der Sijzung des Abgeordnetenhauses vom<lb/> Jo.^ni, daß die Abrundung der Gehalte derIustizbeamtcu und die Zurücksetzung der Adjuncten<lb/> in der Gehaltsstufe zurückgenommen seien.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0528]
Rechtes hergegeben, oder als habe man ihre Unparteilichkeit auf neue Proben zu
stellen beabsichtigt.
Der sal^burger Landtag, der gleich den übrigen der westlichen Reichshälfte
infolge der nach dem Stürze Belcredis wieder betretenen versassungsmäszigen
Bahn auf den 19. Februar einberufen wurde, nahm die Wahlen für den Reichs-
rath, die aus Lasser, Stieger und Gschmtzcr sielen, in stiller Erwartung der
iommendcn Dinge vor; dafür ließ er sich um so lauter und offener über das
letzte Geschenk des Sistirungsministcrs aus. Stieger erging sich als Bericht¬
erstatter in der Sitzung vom23. Februar über die'Hfltchtvcrgcssenheit des Staa¬
tes, der die Rechtspflege, seine erste und höchste Ausgabe, wie ein industrielles
Unternehmen vom Standpunkt möglichster Wohlfeilheit betrachte; er verwies
auf die nothwendige Unabhängigkeit des Ntchterstanbes als unerläßliche Lorbe¬
dingung einer guten Justiz und zählte die nachtheiligen Folgen ihrer Vertheue-
rung durch Erschwerung schneller und ausgiebiger Hilfe in Civil- und Criminal-
sachen auf. Auch die neu eingetretenen Notare, deren bei den Wahlen für die
zweite Periode trotz der Abneigung des Landvolkes gegen dieses Institut drei,
Harrer, Koffler und Haidinger, gewählt worden waren, verfehlten nicht, für d.le
schlecht bezahlten Beamten und das dabei noch schlimmer berathene Volk e>n-
zutreten. Nur Se. Excellenz der Herr Ritter von Lasser zeigte einiges Mitleid
mit dem Justizminister, der von „starker Hand" auf knappe Kost gesetzt worden,
eine Vermuthung, die sich durch die späteren Aufklärungen, die Hye im Reichs-
rath über die Vereinbarung der Tangente machte, übrigens nicht bestätigte.
Dagegen konnte es selbst der loyale Peltier nicht über sich gewinnen zu schwelgen;
er sprach rundweg aus, wenn man die Justiz zu Tode experimentlre, könne die
Zufriedenheit des Volks auch im geduldigen und lammsrommen Salzburg ge-
fährdet werden, obgleich es hier doch keine Nationalitäten- oder Judenhetze und
keine religiösen Wirren gebe wie in einem benachbarten Kronlande. Dieser
Seitenblick auf Tirol war freilich etwas unliebsam, da es dort ja nur einen
„betenden Aufstand" giebt und die Räthe des k. k. Oberlandesgenchtes eifrigst
darüber wachen, daß geistliche Ruhestörer concordatsmäßig bestraft werden.
Statt des Grafen Taaffe, der bereits nach Wien berufen worden war,
war ein Graf Coronini als Landcschef eingetreten, der sich an der Debatte, die
zu Interpellationen wegen Belassung der aufgehobenen Bezirksgerichte und ent¬
sprechender Bemessung der Bezüge der Justizbeamten führte*), nicht im Geringsten
betheiligte, sondern in seinen Abschiedsworten am Schlüsse des Landtages schon
einen lichten Sonnenstrahl am politischen Horizont, dem die schwer und düster
niederhängenden Wolken weichen müßten, zu erblicken glaubte.
Bevor man sich trennte, kam noch eine andere Sünde des abgetretenen
Ministers zur Sprache, der ungesetzliche Einfluß, den derselbe auf die letzthin
vorgenommenen Neuwahlen geübt hatte. Aus Anlaß des Wahlvorganges in
Se. Johann, wo sich der Bezuksvorstehcr der Comnussion als Vorsitzender auf¬
gedrängt hatte, bemerkte Biehl. daß in der Stadt Salzburg „einzelnen Branchen
des Beamtenstandes der Auftrag ertheilt worden sei, nur gewisse regierungs¬
freundliche Personen zu wählen". Nachdem jener Act für ungiltig erklärt
worden, erhob man den Antrag Gschnitzeis: „die Landesbehörde zu ersuchen,
ihren Organen ein für allemal den strengsten Auftrag zu ertheilen, bei vor¬
kommenden Wahlen gewissenhaft nach den gesetzlichen Vorschriften vorzugehen",
mit großer Majorität zum Beschluß.
") Der neue Justizminister Hye verkündete in der Sijzung des Abgeordnetenhauses vom
Jo.^ni, daß die Abrundung der Gehalte derIustizbeamtcu und die Zurücksetzung der Adjuncten
in der Gehaltsstufe zurückgenommen seien.
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