Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dieses so verschrieene Geld gut und überall zu dem Cours anzubringen sei, den
es im Verkehr sich errungen hatte.

Wenn man allerdings grobe Silbermünzen im 24-Guldenfuß ausmünzte und
den Gulden in 60 Kreuzer theilte, so hatte der nassauiscbe Münzmeister darin Recht,
daß dann der Thaler des 14-Thalerfußes nur 102 und ein Bruchtheil Kreuzer
werth sei; aber alle süddeutschen Münzen waren bereits geringhaltiger geworden,
so daß die gesetzliche Einführung des 24V--Guldenfußes im Jahre 1836 nur die
Sanction des bestehenden Zustandes war.

Demgemäß hatte der Thaler im ganzen Herzogthum den Courswerth von
si. 1. 46 kr. und da, wo auch die Unterabtheilungen des Thalers '/" '/" und
V.2 courfirten. galt d^er Thaler gar meistens 108 Kreuzer, weil auf diese Weise
auch die gebräuchlichen Unterabtheilungen desselben sich in Kreuzern ohne Brüche
ausdrücken ließen. Bei der ausschließlichen Circulation dieses Geldes in einem
bestimmten Bezirk war diese besondere Valvation ohne Nachtheile. Diese traten
nur da ein, wo zweierlei Geld im Verkehr sich traf, also auf den Grenzen der
einzelnen Gebiete.

Nicht ein Jahr war verflossen nach dem ersten Edict gegen den eroberungs¬
lustigen Thaler, da mußte die nassauische Negierung schon am 12. Juni 1819 den
Vollzug der Verordnung, daß der preußische Thaler nur 102 Kreuzer werth
sein solle, während ihn alle nassauischen Unterthanen je nachdem auf 105 oder
108 schätzten, auf das strengste einschärfen.

Daß auch diese Verschärfung vergeblich war. ließ sich leicht einsehen, und da
alle öffentlichen Kassen nicht blos einzunehmen hatten, sondern auch ausgeben
mußten, ein jeder aber, der dort Geld zu empfangen hatte, den blanken Thaler
gern zu 105 Kreuzer annahm, so war es unthunlich, die Kassenführer abzuhalten,
soweit ihre Einnahme nicht grade in eine Hauptkasse abgeliefert werden mußte,
das allgemein gangbare Zahlungsmittel zurückzuweisen. Die Habgier hat aber
oft dem armen Manne gegenüber versucht, ihm unter Hinweisung auf das
Gesetz seinen Steuerthaler zu 102 abzunehmen, um ihn demnächst zu 105
auszugeben und aus der kleinstaatlichen Münzpolitik einen Nutzen von 3°/" zu
ziehen.

Die Gesetzgebung ruhte im Gefühl ihrer Ohnmacht oder in dem Bewußt¬
sein, daß sie ihre Schuldigkeit gethan, volle sieben Jahre, aber die Verhand¬
lungen der nassauischen Landstände, der Hcrrenbank und der Landcsdeputirten
sind voll der Beschwerden über diese Münzverwirrung und die dadurch ermög¬
lichte Ausbeutung der Armuth der Steuerzahler und der aus öffentlichen Kassen
bezahlten Angestellten, Arbeiter und Lieferanten.

Die Verordnung vom Jahre 1818 trug die Rubrik den "Cours des könig¬
lich preußischen Geldes in dem Herzogthum Nassau betreffend", sie wendet sich
nicht blos an Rechner und Verwalter öffentlicher Kassen, sie bringt "gegen-.


dieses so verschrieene Geld gut und überall zu dem Cours anzubringen sei, den
es im Verkehr sich errungen hatte.

Wenn man allerdings grobe Silbermünzen im 24-Guldenfuß ausmünzte und
den Gulden in 60 Kreuzer theilte, so hatte der nassauiscbe Münzmeister darin Recht,
daß dann der Thaler des 14-Thalerfußes nur 102 und ein Bruchtheil Kreuzer
werth sei; aber alle süddeutschen Münzen waren bereits geringhaltiger geworden,
so daß die gesetzliche Einführung des 24V--Guldenfußes im Jahre 1836 nur die
Sanction des bestehenden Zustandes war.

Demgemäß hatte der Thaler im ganzen Herzogthum den Courswerth von
si. 1. 46 kr. und da, wo auch die Unterabtheilungen des Thalers '/„ '/« und
V.2 courfirten. galt d^er Thaler gar meistens 108 Kreuzer, weil auf diese Weise
auch die gebräuchlichen Unterabtheilungen desselben sich in Kreuzern ohne Brüche
ausdrücken ließen. Bei der ausschließlichen Circulation dieses Geldes in einem
bestimmten Bezirk war diese besondere Valvation ohne Nachtheile. Diese traten
nur da ein, wo zweierlei Geld im Verkehr sich traf, also auf den Grenzen der
einzelnen Gebiete.

Nicht ein Jahr war verflossen nach dem ersten Edict gegen den eroberungs¬
lustigen Thaler, da mußte die nassauische Negierung schon am 12. Juni 1819 den
Vollzug der Verordnung, daß der preußische Thaler nur 102 Kreuzer werth
sein solle, während ihn alle nassauischen Unterthanen je nachdem auf 105 oder
108 schätzten, auf das strengste einschärfen.

Daß auch diese Verschärfung vergeblich war. ließ sich leicht einsehen, und da
alle öffentlichen Kassen nicht blos einzunehmen hatten, sondern auch ausgeben
mußten, ein jeder aber, der dort Geld zu empfangen hatte, den blanken Thaler
gern zu 105 Kreuzer annahm, so war es unthunlich, die Kassenführer abzuhalten,
soweit ihre Einnahme nicht grade in eine Hauptkasse abgeliefert werden mußte,
das allgemein gangbare Zahlungsmittel zurückzuweisen. Die Habgier hat aber
oft dem armen Manne gegenüber versucht, ihm unter Hinweisung auf das
Gesetz seinen Steuerthaler zu 102 abzunehmen, um ihn demnächst zu 105
auszugeben und aus der kleinstaatlichen Münzpolitik einen Nutzen von 3°/» zu
ziehen.

Die Gesetzgebung ruhte im Gefühl ihrer Ohnmacht oder in dem Bewußt¬
sein, daß sie ihre Schuldigkeit gethan, volle sieben Jahre, aber die Verhand¬
lungen der nassauischen Landstände, der Hcrrenbank und der Landcsdeputirten
sind voll der Beschwerden über diese Münzverwirrung und die dadurch ermög¬
lichte Ausbeutung der Armuth der Steuerzahler und der aus öffentlichen Kassen
bezahlten Angestellten, Arbeiter und Lieferanten.

Die Verordnung vom Jahre 1818 trug die Rubrik den „Cours des könig¬
lich preußischen Geldes in dem Herzogthum Nassau betreffend", sie wendet sich
nicht blos an Rechner und Verwalter öffentlicher Kassen, sie bringt „gegen-.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0473" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191703"/>
          <p xml:id="ID_1407" prev="#ID_1406"> dieses so verschrieene Geld gut und überall zu dem Cours anzubringen sei, den<lb/>
es im Verkehr sich errungen hatte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1408"> Wenn man allerdings grobe Silbermünzen im 24-Guldenfuß ausmünzte und<lb/>
den Gulden in 60 Kreuzer theilte, so hatte der nassauiscbe Münzmeister darin Recht,<lb/>
daß dann der Thaler des 14-Thalerfußes nur 102 und ein Bruchtheil Kreuzer<lb/>
werth sei; aber alle süddeutschen Münzen waren bereits geringhaltiger geworden,<lb/>
so daß die gesetzliche Einführung des 24V--Guldenfußes im Jahre 1836 nur die<lb/>
Sanction des bestehenden Zustandes war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1409"> Demgemäß hatte der Thaler im ganzen Herzogthum den Courswerth von<lb/>
si. 1. 46 kr. und da, wo auch die Unterabtheilungen des Thalers '/&#x201E; '/« und<lb/>
V.2 courfirten. galt d^er Thaler gar meistens 108 Kreuzer, weil auf diese Weise<lb/>
auch die gebräuchlichen Unterabtheilungen desselben sich in Kreuzern ohne Brüche<lb/>
ausdrücken ließen. Bei der ausschließlichen Circulation dieses Geldes in einem<lb/>
bestimmten Bezirk war diese besondere Valvation ohne Nachtheile. Diese traten<lb/>
nur da ein, wo zweierlei Geld im Verkehr sich traf, also auf den Grenzen der<lb/>
einzelnen Gebiete.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1410"> Nicht ein Jahr war verflossen nach dem ersten Edict gegen den eroberungs¬<lb/>
lustigen Thaler, da mußte die nassauische Negierung schon am 12. Juni 1819 den<lb/>
Vollzug der Verordnung, daß der preußische Thaler nur 102 Kreuzer werth<lb/>
sein solle, während ihn alle nassauischen Unterthanen je nachdem auf 105 oder<lb/>
108 schätzten, auf das strengste einschärfen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1411"> Daß auch diese Verschärfung vergeblich war. ließ sich leicht einsehen, und da<lb/>
alle öffentlichen Kassen nicht blos einzunehmen hatten, sondern auch ausgeben<lb/>
mußten, ein jeder aber, der dort Geld zu empfangen hatte, den blanken Thaler<lb/>
gern zu 105 Kreuzer annahm, so war es unthunlich, die Kassenführer abzuhalten,<lb/>
soweit ihre Einnahme nicht grade in eine Hauptkasse abgeliefert werden mußte,<lb/>
das allgemein gangbare Zahlungsmittel zurückzuweisen. Die Habgier hat aber<lb/>
oft dem armen Manne gegenüber versucht, ihm unter Hinweisung auf das<lb/>
Gesetz seinen Steuerthaler zu 102 abzunehmen, um ihn demnächst zu 105<lb/>
auszugeben und aus der kleinstaatlichen Münzpolitik einen Nutzen von 3°/» zu<lb/>
ziehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1412"> Die Gesetzgebung ruhte im Gefühl ihrer Ohnmacht oder in dem Bewußt¬<lb/>
sein, daß sie ihre Schuldigkeit gethan, volle sieben Jahre, aber die Verhand¬<lb/>
lungen der nassauischen Landstände, der Hcrrenbank und der Landcsdeputirten<lb/>
sind voll der Beschwerden über diese Münzverwirrung und die dadurch ermög¬<lb/>
lichte Ausbeutung der Armuth der Steuerzahler und der aus öffentlichen Kassen<lb/>
bezahlten Angestellten, Arbeiter und Lieferanten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1413" next="#ID_1414"> Die Verordnung vom Jahre 1818 trug die Rubrik den &#x201E;Cours des könig¬<lb/>
lich preußischen Geldes in dem Herzogthum Nassau betreffend", sie wendet sich<lb/>
nicht blos an Rechner und Verwalter öffentlicher Kassen, sie bringt &#x201E;gegen-.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0473] dieses so verschrieene Geld gut und überall zu dem Cours anzubringen sei, den es im Verkehr sich errungen hatte. Wenn man allerdings grobe Silbermünzen im 24-Guldenfuß ausmünzte und den Gulden in 60 Kreuzer theilte, so hatte der nassauiscbe Münzmeister darin Recht, daß dann der Thaler des 14-Thalerfußes nur 102 und ein Bruchtheil Kreuzer werth sei; aber alle süddeutschen Münzen waren bereits geringhaltiger geworden, so daß die gesetzliche Einführung des 24V--Guldenfußes im Jahre 1836 nur die Sanction des bestehenden Zustandes war. Demgemäß hatte der Thaler im ganzen Herzogthum den Courswerth von si. 1. 46 kr. und da, wo auch die Unterabtheilungen des Thalers '/„ '/« und V.2 courfirten. galt d^er Thaler gar meistens 108 Kreuzer, weil auf diese Weise auch die gebräuchlichen Unterabtheilungen desselben sich in Kreuzern ohne Brüche ausdrücken ließen. Bei der ausschließlichen Circulation dieses Geldes in einem bestimmten Bezirk war diese besondere Valvation ohne Nachtheile. Diese traten nur da ein, wo zweierlei Geld im Verkehr sich traf, also auf den Grenzen der einzelnen Gebiete. Nicht ein Jahr war verflossen nach dem ersten Edict gegen den eroberungs¬ lustigen Thaler, da mußte die nassauische Negierung schon am 12. Juni 1819 den Vollzug der Verordnung, daß der preußische Thaler nur 102 Kreuzer werth sein solle, während ihn alle nassauischen Unterthanen je nachdem auf 105 oder 108 schätzten, auf das strengste einschärfen. Daß auch diese Verschärfung vergeblich war. ließ sich leicht einsehen, und da alle öffentlichen Kassen nicht blos einzunehmen hatten, sondern auch ausgeben mußten, ein jeder aber, der dort Geld zu empfangen hatte, den blanken Thaler gern zu 105 Kreuzer annahm, so war es unthunlich, die Kassenführer abzuhalten, soweit ihre Einnahme nicht grade in eine Hauptkasse abgeliefert werden mußte, das allgemein gangbare Zahlungsmittel zurückzuweisen. Die Habgier hat aber oft dem armen Manne gegenüber versucht, ihm unter Hinweisung auf das Gesetz seinen Steuerthaler zu 102 abzunehmen, um ihn demnächst zu 105 auszugeben und aus der kleinstaatlichen Münzpolitik einen Nutzen von 3°/» zu ziehen. Die Gesetzgebung ruhte im Gefühl ihrer Ohnmacht oder in dem Bewußt¬ sein, daß sie ihre Schuldigkeit gethan, volle sieben Jahre, aber die Verhand¬ lungen der nassauischen Landstände, der Hcrrenbank und der Landcsdeputirten sind voll der Beschwerden über diese Münzverwirrung und die dadurch ermög¬ lichte Ausbeutung der Armuth der Steuerzahler und der aus öffentlichen Kassen bezahlten Angestellten, Arbeiter und Lieferanten. Die Verordnung vom Jahre 1818 trug die Rubrik den „Cours des könig¬ lich preußischen Geldes in dem Herzogthum Nassau betreffend", sie wendet sich nicht blos an Rechner und Verwalter öffentlicher Kassen, sie bringt „gegen-.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/473
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/473>, abgerufen am 15.01.2025.