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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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isches Geld, insbesondere Scheidemünze nicht in hinlänglicher Menge vorhanden
war. Das war ein factisches Eindringen in die Souveränitätsrechte des Staates
Nassau und man bestrebte sich, dem entgegenzuwirken, weil man im Ernst
glaubte, baß das Gesetz und das Gepräge und nicht der innere Werth der
Münze Geltung verschafften.

Der preußische Münzfuß ist von 1764 bis zur allgemeinen deutschen Münz-
convenlion vom 24. Januar 1857 unverändert derselbe geblieben.

Wie bereits das Münzedict vom 29. März 1764 anbefiehlt, wurden bis
1857 aus der komischen Mark fein Silber 14 Thaler ausgeprägt.

Seit der Noth des siebenjährigen Krieges war es, unseres Wissens, nicht
mehr vorgekommen, daß eine geringhaltige Courantmünze unter preußischem
Stempel war geschlagen worden.

Es herrschte ein allgemeines Vertrauen in die Gewichtigkeit und Legirung
des preußischen Thalers. So heißt der Thaler des erwähnten Münzfußes in
ganz Süd- und Südwestdeutschland', mag darauf der König von Hannover oder
auch der Kaiser von Oestreich abgebildet sein.

Das Herzogtum Nassau, zur Zeit seiner Constituirung von nicht mehr
als etwa 350,000 Einwohnern bewohnt, hatte seine eigene Münzstätte und seine
eigene Münzdirection; die Prägung beschränkte sich hauptsächlich auf die s. g.
Kronenthaler, aus Zwanziger oder Eindrittelguldenstücke des 20-Guldenfußes und
aus Scheidemünze. Es galt rechtlich und dem Namen nach der süddeutsche s. g.
24-Guldenfuß, der aber in Wirklichkeit schon der 24'/2-Guloenfuß geworden war.
Die erwähnten Zwanziger, im Lande Sechsbätzner oder Kopsstücke genannt,
galten 24 Kreuzer.

Mit einer Ministerialverordnung vom 29. Juli 1818 eröffnete die nassau¬
ische Regierung den Kampf gegen den fremden Eindringling. In der Verordnung
aber lag schon ein Bekenntniß der schlimmen Position, in welche die Münzherrlich-
keit gerathen: sie motivirte ihr Erscheinen mit dem "immer häufigeren Vor¬
kommen" des preußischen Geldes, das nach "Bericht der Münzdirection" im
Verhältniß zum Conventionsgeld (24-Guldenfuh) nur einen innern Gehalt von
si. 1. 42 kr. pr. Thaler habe. Es wird darum verordnet, daß der preußische
Thaler im Verkehr und bei öffentlichen Kasse" nur anzunehmen sei zu si. 1. 42 Kr.,
der Drittelihalcr zu 34 Kreuzer u. s. w. Dem Verkehr ließ sich nun so etwas
nicht gebieten, weil er seine Gesetze von einer höheren Macht empfängt als
der Regierung eines Staates von etwa 350,000 Menschen; aber auch die öffent¬
lichen Kassen indemen nicht unempfindlich gewesen zu sein gegen die zwingenden
Umstänoe. Thatsache ist es, daß auch sie das preußische Gelb zu einem höheren Course
annahmen, als es das Gesetz wollte und sie entschuldigten sich damit, daß dies
zur Erleichterung der Abgabepflichtigen geschehe. In Wahrheit mochten wohl
kaum so humane Rücksichten obgewaltet haben, sondern die Ueberzeugung, daß


isches Geld, insbesondere Scheidemünze nicht in hinlänglicher Menge vorhanden
war. Das war ein factisches Eindringen in die Souveränitätsrechte des Staates
Nassau und man bestrebte sich, dem entgegenzuwirken, weil man im Ernst
glaubte, baß das Gesetz und das Gepräge und nicht der innere Werth der
Münze Geltung verschafften.

Der preußische Münzfuß ist von 1764 bis zur allgemeinen deutschen Münz-
convenlion vom 24. Januar 1857 unverändert derselbe geblieben.

Wie bereits das Münzedict vom 29. März 1764 anbefiehlt, wurden bis
1857 aus der komischen Mark fein Silber 14 Thaler ausgeprägt.

Seit der Noth des siebenjährigen Krieges war es, unseres Wissens, nicht
mehr vorgekommen, daß eine geringhaltige Courantmünze unter preußischem
Stempel war geschlagen worden.

Es herrschte ein allgemeines Vertrauen in die Gewichtigkeit und Legirung
des preußischen Thalers. So heißt der Thaler des erwähnten Münzfußes in
ganz Süd- und Südwestdeutschland', mag darauf der König von Hannover oder
auch der Kaiser von Oestreich abgebildet sein.

Das Herzogtum Nassau, zur Zeit seiner Constituirung von nicht mehr
als etwa 350,000 Einwohnern bewohnt, hatte seine eigene Münzstätte und seine
eigene Münzdirection; die Prägung beschränkte sich hauptsächlich auf die s. g.
Kronenthaler, aus Zwanziger oder Eindrittelguldenstücke des 20-Guldenfußes und
aus Scheidemünze. Es galt rechtlich und dem Namen nach der süddeutsche s. g.
24-Guldenfuß, der aber in Wirklichkeit schon der 24'/2-Guloenfuß geworden war.
Die erwähnten Zwanziger, im Lande Sechsbätzner oder Kopsstücke genannt,
galten 24 Kreuzer.

Mit einer Ministerialverordnung vom 29. Juli 1818 eröffnete die nassau¬
ische Regierung den Kampf gegen den fremden Eindringling. In der Verordnung
aber lag schon ein Bekenntniß der schlimmen Position, in welche die Münzherrlich-
keit gerathen: sie motivirte ihr Erscheinen mit dem „immer häufigeren Vor¬
kommen" des preußischen Geldes, das nach „Bericht der Münzdirection" im
Verhältniß zum Conventionsgeld (24-Guldenfuh) nur einen innern Gehalt von
si. 1. 42 kr. pr. Thaler habe. Es wird darum verordnet, daß der preußische
Thaler im Verkehr und bei öffentlichen Kasse» nur anzunehmen sei zu si. 1. 42 Kr.,
der Drittelihalcr zu 34 Kreuzer u. s. w. Dem Verkehr ließ sich nun so etwas
nicht gebieten, weil er seine Gesetze von einer höheren Macht empfängt als
der Regierung eines Staates von etwa 350,000 Menschen; aber auch die öffent¬
lichen Kassen indemen nicht unempfindlich gewesen zu sein gegen die zwingenden
Umstänoe. Thatsache ist es, daß auch sie das preußische Gelb zu einem höheren Course
annahmen, als es das Gesetz wollte und sie entschuldigten sich damit, daß dies
zur Erleichterung der Abgabepflichtigen geschehe. In Wahrheit mochten wohl
kaum so humane Rücksichten obgewaltet haben, sondern die Ueberzeugung, daß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/472>, abgerufen am 15.01.2025.