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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Vermögen zu Gunsten des Fürsten gezwungen, so müßte mindestens bündig
ausgemacht werden, daß das nunmehrige fürstliche Hausgut die der entsprechen¬
den Gemeinde, dem Kreise :c. obliegenden Lasten mit übernehmen muß.
Und zwar müßte diese Uebernahme schon jetzt geschehen, sobald die Über¬
tragung des Vermögens auf den Fürsten, wenn auch nur auf zehn Jahre
geschieht ; denn es ist vorauszusehen, daß eine Zurückübertragung niemals statt¬
finden wird.

Man erwäge: der Staat überläßt einem Privatmann (denn in dieser der-
mögensrechtlichen Beziehung ist der Fürst doch nur Privatmann) sein sämmtliches
Grundvermögen zur unverantwortlichen Verwaltung in eigenen Nutzen -- aus
10 Jahre! -- Bleibt das zukünftige fürstliche Hausgut aber von den Communallasten
befreit, so steht der Ruin des Landes in sicherer Aussicht. Aber selbst wenn es
jene Lasten übernimmt, so ist das allgemeine Wohl dennoch zum guten Theile
der Discretion des fürstlichen Hauses überlassen. Der Fürst wird durch die
Erwerbung des Staatsvermögens der einzige Großgrundbesitzer in einem reinen
Ackerbaulande. Namentlich wird er Eigenthümer der Domanialforstm. welche
einen großen Theil des Landes bedecken, und außer denen es nur ganz unbe¬
trächtliche Wälder giebt. Der Bezug des Bedarfs an Holz aller Art beruht
auf dem Lande wesentlich auf Holzberechtigungen, welche den einzelnen
Gütern an den Domanialforstm zustehen, Berechtigungen an sich schon un¬
klarer rechtlicher Natur, die noch neuerdings durch ein Gesetz gefährdet find,
welches sich der Landtag unbegreiflicherweise hat abringen lassen.

Die Unklarheit dieser Rechtsverhältnisse hat sich das Domanium schon
unter Verwaltung des Staats (wie bisher der Fall) bestens zu Nutze gemacht,
und durch beständiges Processiren wegen Holzberechtignngen viel Unglück über
die waldeckschen Bauern gebracht: man kann eben nicht sagen, daß, wo die
Interessen des Domaniums, welches an hoher Stelle immer für fürstliches Haus-
gut angesehen wurde, ins Spiel kommen, auf die Interessen des Landes und der
Unterthanen stets die gebührende Rücksicht genommen worden wäre. Allein
bis zum Aeußersten ist die Sache doch noch nicht getrieben worden, weil doch
immer der Staat (als Verwalter des Domaniums) seinen Unterthanen gegen¬
überstand. Welche Zukunft steht aber diesen Verhältnissen bevor, wenn das
Domanium in das Vermögen eines Privaten übergeht, und vielleicht einst gar
in die Hände eines Mannes kommt, der nicht, wie der jetzige Fürst, das wohl¬
wollendste Herz besitzt? -- Ferner ist ein für das Land unumgänglich noth¬
wendiges Gesetz über Verkoppelung, Gemeinheitstheilung und die Ablösung
von Gerechtigkeiten, namentlich jener Holzberechtigungen, bisher gescheitert,
weil die Regierung eine die Interessen der berechtigten Landesbewohner ver¬
letzende Berücksichtigung des Domaniums in Anspruch nahm.

Ist nun Hoffnung auf eine befriedigende Lösung dieser dringenden Frage


Vermögen zu Gunsten des Fürsten gezwungen, so müßte mindestens bündig
ausgemacht werden, daß das nunmehrige fürstliche Hausgut die der entsprechen¬
den Gemeinde, dem Kreise :c. obliegenden Lasten mit übernehmen muß.
Und zwar müßte diese Uebernahme schon jetzt geschehen, sobald die Über¬
tragung des Vermögens auf den Fürsten, wenn auch nur auf zehn Jahre
geschieht ; denn es ist vorauszusehen, daß eine Zurückübertragung niemals statt¬
finden wird.

Man erwäge: der Staat überläßt einem Privatmann (denn in dieser der-
mögensrechtlichen Beziehung ist der Fürst doch nur Privatmann) sein sämmtliches
Grundvermögen zur unverantwortlichen Verwaltung in eigenen Nutzen — aus
10 Jahre! — Bleibt das zukünftige fürstliche Hausgut aber von den Communallasten
befreit, so steht der Ruin des Landes in sicherer Aussicht. Aber selbst wenn es
jene Lasten übernimmt, so ist das allgemeine Wohl dennoch zum guten Theile
der Discretion des fürstlichen Hauses überlassen. Der Fürst wird durch die
Erwerbung des Staatsvermögens der einzige Großgrundbesitzer in einem reinen
Ackerbaulande. Namentlich wird er Eigenthümer der Domanialforstm. welche
einen großen Theil des Landes bedecken, und außer denen es nur ganz unbe¬
trächtliche Wälder giebt. Der Bezug des Bedarfs an Holz aller Art beruht
auf dem Lande wesentlich auf Holzberechtigungen, welche den einzelnen
Gütern an den Domanialforstm zustehen, Berechtigungen an sich schon un¬
klarer rechtlicher Natur, die noch neuerdings durch ein Gesetz gefährdet find,
welches sich der Landtag unbegreiflicherweise hat abringen lassen.

Die Unklarheit dieser Rechtsverhältnisse hat sich das Domanium schon
unter Verwaltung des Staats (wie bisher der Fall) bestens zu Nutze gemacht,
und durch beständiges Processiren wegen Holzberechtignngen viel Unglück über
die waldeckschen Bauern gebracht: man kann eben nicht sagen, daß, wo die
Interessen des Domaniums, welches an hoher Stelle immer für fürstliches Haus-
gut angesehen wurde, ins Spiel kommen, auf die Interessen des Landes und der
Unterthanen stets die gebührende Rücksicht genommen worden wäre. Allein
bis zum Aeußersten ist die Sache doch noch nicht getrieben worden, weil doch
immer der Staat (als Verwalter des Domaniums) seinen Unterthanen gegen¬
überstand. Welche Zukunft steht aber diesen Verhältnissen bevor, wenn das
Domanium in das Vermögen eines Privaten übergeht, und vielleicht einst gar
in die Hände eines Mannes kommt, der nicht, wie der jetzige Fürst, das wohl¬
wollendste Herz besitzt? — Ferner ist ein für das Land unumgänglich noth¬
wendiges Gesetz über Verkoppelung, Gemeinheitstheilung und die Ablösung
von Gerechtigkeiten, namentlich jener Holzberechtigungen, bisher gescheitert,
weil die Regierung eine die Interessen der berechtigten Landesbewohner ver¬
letzende Berücksichtigung des Domaniums in Anspruch nahm.

Ist nun Hoffnung auf eine befriedigende Lösung dieser dringenden Frage


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[0417] Vermögen zu Gunsten des Fürsten gezwungen, so müßte mindestens bündig ausgemacht werden, daß das nunmehrige fürstliche Hausgut die der entsprechen¬ den Gemeinde, dem Kreise :c. obliegenden Lasten mit übernehmen muß. Und zwar müßte diese Uebernahme schon jetzt geschehen, sobald die Über¬ tragung des Vermögens auf den Fürsten, wenn auch nur auf zehn Jahre geschieht ; denn es ist vorauszusehen, daß eine Zurückübertragung niemals statt¬ finden wird. Man erwäge: der Staat überläßt einem Privatmann (denn in dieser der- mögensrechtlichen Beziehung ist der Fürst doch nur Privatmann) sein sämmtliches Grundvermögen zur unverantwortlichen Verwaltung in eigenen Nutzen — aus 10 Jahre! — Bleibt das zukünftige fürstliche Hausgut aber von den Communallasten befreit, so steht der Ruin des Landes in sicherer Aussicht. Aber selbst wenn es jene Lasten übernimmt, so ist das allgemeine Wohl dennoch zum guten Theile der Discretion des fürstlichen Hauses überlassen. Der Fürst wird durch die Erwerbung des Staatsvermögens der einzige Großgrundbesitzer in einem reinen Ackerbaulande. Namentlich wird er Eigenthümer der Domanialforstm. welche einen großen Theil des Landes bedecken, und außer denen es nur ganz unbe¬ trächtliche Wälder giebt. Der Bezug des Bedarfs an Holz aller Art beruht auf dem Lande wesentlich auf Holzberechtigungen, welche den einzelnen Gütern an den Domanialforstm zustehen, Berechtigungen an sich schon un¬ klarer rechtlicher Natur, die noch neuerdings durch ein Gesetz gefährdet find, welches sich der Landtag unbegreiflicherweise hat abringen lassen. Die Unklarheit dieser Rechtsverhältnisse hat sich das Domanium schon unter Verwaltung des Staats (wie bisher der Fall) bestens zu Nutze gemacht, und durch beständiges Processiren wegen Holzberechtignngen viel Unglück über die waldeckschen Bauern gebracht: man kann eben nicht sagen, daß, wo die Interessen des Domaniums, welches an hoher Stelle immer für fürstliches Haus- gut angesehen wurde, ins Spiel kommen, auf die Interessen des Landes und der Unterthanen stets die gebührende Rücksicht genommen worden wäre. Allein bis zum Aeußersten ist die Sache doch noch nicht getrieben worden, weil doch immer der Staat (als Verwalter des Domaniums) seinen Unterthanen gegen¬ überstand. Welche Zukunft steht aber diesen Verhältnissen bevor, wenn das Domanium in das Vermögen eines Privaten übergeht, und vielleicht einst gar in die Hände eines Mannes kommt, der nicht, wie der jetzige Fürst, das wohl¬ wollendste Herz besitzt? — Ferner ist ein für das Land unumgänglich noth¬ wendiges Gesetz über Verkoppelung, Gemeinheitstheilung und die Ablösung von Gerechtigkeiten, namentlich jener Holzberechtigungen, bisher gescheitert, weil die Regierung eine die Interessen der berechtigten Landesbewohner ver¬ letzende Berücksichtigung des Domaniums in Anspruch nahm. Ist nun Hoffnung auf eine befriedigende Lösung dieser dringenden Frage

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/417>, abgerufen am 15.01.2025.