Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.der durch die vorjährige Umwälzung bewirkten Steigerung der Staatsausgaben Inzwischen sind die Staatsausgaben (zu Bundcszwecken) unverhältnißmäßig der durch die vorjährige Umwälzung bewirkten Steigerung der Staatsausgaben Inzwischen sind die Staatsausgaben (zu Bundcszwecken) unverhältnißmäßig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0416" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191646"/> <p xml:id="ID_1207" prev="#ID_1206"> der durch die vorjährige Umwälzung bewirkten Steigerung der Staatsausgaben<lb/> erstatteten Ausschußbericht über das Etatgesetz von 1866 bis 1868 heißt es:<lb/> „Der uns vorgelegte Etat, der jetzt beide Fürstenthümer (früher waren Waldeck<lb/> und Pyrmont finanziell getrennt) betrifft, über die Landes- und Domanialein-<lb/> nahmen und Ausgaben schließt pro 1866 mit einem Deficit von 7185 Thlr.,<lb/> und pro 1867 und 1868 mit einem Ueberschuß von 3955 und 8574 Thlr.<lb/> Es sind dadurch auch die Landesfinanzen auf einen regulären Fuß gebracht worden.<lb/> Dieses günstige Resultat ist erzielt worden durch die Finanzvereinigung beider<lb/> Fürstenthümer, die es ermöglicht hat, daß das Domanium einen erheblichen<lb/> Beitrag zu der Landesausgabe gewährt, durch erhöhte Steuern und die äußerste<lb/> Beschränkung derjenigen Ausgaben, die zur materiellen Hebung des Landes<lb/> dienen. Doch sind für die Volksschulen 2000 Thlr. mehr ausgeworfen als früher,<lb/> und wird sich bei genauer Ansicht auch wohl für die Unterstützung des Straßen¬<lb/> baus noch was finden." (Für Straßenbau war nämlich kein Pfennig ausge¬<lb/> setzt, in einem gebirgigen Lande, dessen Straßen noch sehr im Argen liegen.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1208" next="#ID_1209"> Inzwischen sind die Staatsausgaben (zu Bundcszwecken) unverhältnißmäßig<lb/> gestiegen, ein weiteres Aufschrauben der Steuern wird allseitig als unmöglich<lb/> anerkannt, andere Hilfsquellen sind nicht erschlossen. So liegt es aus der<lb/> Hand, daß die Ausgaben aus den Einnahmen nicht gedeckt werden könnten,<lb/> auch wenn die Einkünfte aus dem Staatsgute und die Beiträge des Domaniums<lb/> noch weiterhin dazu verwendet würden. Durch den Wegfall eben dieser Sum¬<lb/> men wächst indeß das Deficit um ein Beträchtliches. Preußen würde also eine<lb/> so bedeutende Quote aus seiner Tasche nachzuzählen haben, nur um die aller-<lb/> nothwendigsten Ausgaben zu decken, daß voraussichtlich zur materiellen Hebung<lb/> des Landes noch weniger übrig bleiben würde, als bisher. — Und käme end¬<lb/> lich die vertagte Einverleibung wirklich zum Vollzug, so würde der jetzt nur auf<lb/> 10 Jahre ausgesprochene Verzicht des Landes auf sein Vermögen zu einem<lb/> definitiven Verzicht auf ewige Zeiten gemacht und das Land an Preußen über¬<lb/> liefert werden wie ein gerupftes Huhn, ohne das geringste active Vermögen,<lb/> bedeckt jedoch mit unverhältnißmäßig großen Schulden. Wir erkennen allerdings<lb/> als selbstverständlich an, daß mit der Einverleibung Waldecks dessen actives<lb/> Staatsvcrmögen demselben nicht verbleiben, sondern rechtlich auf Preußen über¬<lb/> gehen würde, ebenso wie die Lcurdesschuldcn. Da aber in Preußen der Ge¬<lb/> meinde, dem Kreise und der Provinz viele Lasten obliegen, welche in den Klein¬<lb/> staaten bisher der Staat trug, und da die königliche Regierung mit Rücksicht<lb/> hierauf dem Vernehmen nach selbst dem wohlhabenden Kurhessen die Verwen¬<lb/> dung von dessen bisherigem Staatsschatz vorzüglich für hessische Provinzialzwecke<lb/> versprochen hat, so würde sie billig auch dem blutarmen Waldeck mindestens<lb/> einen Theil des bisherigen Staatsguts als Kreisvcrmögen überlassen können.<lb/> Geschieht dies nicht, wird vielmehr das Land zum Verzicht aus sein sämmtliches</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0416]
der durch die vorjährige Umwälzung bewirkten Steigerung der Staatsausgaben
erstatteten Ausschußbericht über das Etatgesetz von 1866 bis 1868 heißt es:
„Der uns vorgelegte Etat, der jetzt beide Fürstenthümer (früher waren Waldeck
und Pyrmont finanziell getrennt) betrifft, über die Landes- und Domanialein-
nahmen und Ausgaben schließt pro 1866 mit einem Deficit von 7185 Thlr.,
und pro 1867 und 1868 mit einem Ueberschuß von 3955 und 8574 Thlr.
Es sind dadurch auch die Landesfinanzen auf einen regulären Fuß gebracht worden.
Dieses günstige Resultat ist erzielt worden durch die Finanzvereinigung beider
Fürstenthümer, die es ermöglicht hat, daß das Domanium einen erheblichen
Beitrag zu der Landesausgabe gewährt, durch erhöhte Steuern und die äußerste
Beschränkung derjenigen Ausgaben, die zur materiellen Hebung des Landes
dienen. Doch sind für die Volksschulen 2000 Thlr. mehr ausgeworfen als früher,
und wird sich bei genauer Ansicht auch wohl für die Unterstützung des Straßen¬
baus noch was finden." (Für Straßenbau war nämlich kein Pfennig ausge¬
setzt, in einem gebirgigen Lande, dessen Straßen noch sehr im Argen liegen.)
Inzwischen sind die Staatsausgaben (zu Bundcszwecken) unverhältnißmäßig
gestiegen, ein weiteres Aufschrauben der Steuern wird allseitig als unmöglich
anerkannt, andere Hilfsquellen sind nicht erschlossen. So liegt es aus der
Hand, daß die Ausgaben aus den Einnahmen nicht gedeckt werden könnten,
auch wenn die Einkünfte aus dem Staatsgute und die Beiträge des Domaniums
noch weiterhin dazu verwendet würden. Durch den Wegfall eben dieser Sum¬
men wächst indeß das Deficit um ein Beträchtliches. Preußen würde also eine
so bedeutende Quote aus seiner Tasche nachzuzählen haben, nur um die aller-
nothwendigsten Ausgaben zu decken, daß voraussichtlich zur materiellen Hebung
des Landes noch weniger übrig bleiben würde, als bisher. — Und käme end¬
lich die vertagte Einverleibung wirklich zum Vollzug, so würde der jetzt nur auf
10 Jahre ausgesprochene Verzicht des Landes auf sein Vermögen zu einem
definitiven Verzicht auf ewige Zeiten gemacht und das Land an Preußen über¬
liefert werden wie ein gerupftes Huhn, ohne das geringste active Vermögen,
bedeckt jedoch mit unverhältnißmäßig großen Schulden. Wir erkennen allerdings
als selbstverständlich an, daß mit der Einverleibung Waldecks dessen actives
Staatsvcrmögen demselben nicht verbleiben, sondern rechtlich auf Preußen über¬
gehen würde, ebenso wie die Lcurdesschuldcn. Da aber in Preußen der Ge¬
meinde, dem Kreise und der Provinz viele Lasten obliegen, welche in den Klein¬
staaten bisher der Staat trug, und da die königliche Regierung mit Rücksicht
hierauf dem Vernehmen nach selbst dem wohlhabenden Kurhessen die Verwen¬
dung von dessen bisherigem Staatsschatz vorzüglich für hessische Provinzialzwecke
versprochen hat, so würde sie billig auch dem blutarmen Waldeck mindestens
einen Theil des bisherigen Staatsguts als Kreisvcrmögen überlassen können.
Geschieht dies nicht, wird vielmehr das Land zum Verzicht aus sein sämmtliches
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