Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.es nicht mit Gewalt zu nehmen, wie von Schlechten oder von Fremden, denn Als ich das gesagt hatte, stand einer mitten aus dem Volk auf und ich *) An gewisse Bäume, wie an die Wände der Heiligthümer heftete man Gegenstände
aller Art als Weihgeschenke für die Götter an. es nicht mit Gewalt zu nehmen, wie von Schlechten oder von Fremden, denn Als ich das gesagt hatte, stand einer mitten aus dem Volk auf und ich *) An gewisse Bäume, wie an die Wände der Heiligthümer heftete man Gegenstände
aller Art als Weihgeschenke für die Götter an. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0382" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191612"/> <p xml:id="ID_1108" prev="#ID_1107"> es nicht mit Gewalt zu nehmen, wie von Schlechten oder von Fremden, denn<lb/> wir find ja alle Bürger dieser Stadt, wie ich von meinem Vater gehört habe.<lb/> Der ist einmal hierher gekommen, als grade eine Geldspende vertheilt wurde<lb/> und hat mit den Bürgern davon seinen Theil bekommen. Wir erziehen ja auch<lb/> unsere Kinder zu Mitbürgern für euch, und wenn es noth thut, wollen wir<lb/> euch zu Hilfe kommen gegen Seeräuber und Feinde. Jetzt ist freilich Friede,<lb/> aber wenn mal Kriegszeiten kommen, dann werdet ihr wünschen, daß viele<lb/> Krieger euch zuziehen wie wir. Denkt nur nicht, daß dann der Redner da für<lb/> euch kämpfen wird anders als mit Schimpfreden, wie die Weiber. Von dem<lb/> Fleisch und den Fellen des Wildes, das wir erlegen, wollen wir euch einen<lb/> Theil geben, schickt nur jemand, der es abholt. Verlangt ihr, daß wir die<lb/> Hütten niederreißen, wenn sie Schaden thun, wollen wir sie abbrechen; nur<lb/> gebt uns dann eine Wohnung hier in der Stadt, denn wie sollten wir sonst<lb/> den Winter überdauern? Ihr habt so viele Häuser innerhalb der Stadtmauer<lb/> in denen niemand wohnt, eins davon wird für uns ausreichen. Wenn wir<lb/> aber nicht hier leben und euch den engen Raum, wo so Viele zusammen¬<lb/> wohnen, nicht noch mehr verengen, so sind wir darum doch nicht werth, ver¬<lb/> trieben zu werden. Was der sich aber unterstand von dem Strandgut zu<lb/> sagen, so etwas Ruchloses und Schändliches — beinahe hätte ich vergessen, von<lb/> dem zu sprechen, was ich zuerst hätte sagen sollen — das glaubt doch niemand<lb/> von euch? Es wäre ja gottlos und zudem ist es ja gar nicht möglich, von<lb/> dort auch nur das Geringste zu nehmen. Von dem Holz sieht man ja nichts<lb/> mehr als die Asche, so winzig klein wird es angespült und die Küste ist ja<lb/> ganz unzugänglich. Die Körbe, das Einzige, was ich einmal angetrieben gefunden<lb/> habe, auch die habe ich an die heilige Eiche angeheftet, die dort am Strande<lb/> steht.*) Da sei Zeus für, daß wir je fo einen Vortheil aus dem Unglück<lb/> anderer Menschen zögen! Im Gegentheil habe ich mich oft der Schiffbrüchigen,<lb/> die dort hinkamen, erbarmt, sie in meiner Hütte aufgenommen, ihnen zu essen<lb/> und zu trinken gegeben, ihnen fortgeholfen und sie in bewohnte Gegenden ge¬<lb/> bracht. Aber wer wird mir das jetzt unter euch bezeugen? Auch habe ich das<lb/> nicht um Zeugniß oder Dank gethan, da ich ja nicht einmal wußte, wer sie<lb/> waren. Möchte nur niemand von euch je in solche Noth gerathen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1109" next="#ID_1110"> Als ich das gesagt hatte, stand einer mitten aus dem Volk auf und ich<lb/> dachte schon! da kommt wieder einer, der Lügen gegen dich vorbringen wird,<lb/> aber der sagte: Mitbürger, schon lange glaubte ich den Mann da zu erkennen,<lb/> aber ich traute mir selbst nicht. Nun, da ich ihn ganz bestimmt erkenne, wäre<lb/> es schlecht, oder vielmehr ruchlos, wenn ich hier nicht aussagte, was ich weiß</p><lb/> <note xml:id="FID_48" place="foot"> *) An gewisse Bäume, wie an die Wände der Heiligthümer heftete man Gegenstände<lb/> aller Art als Weihgeschenke für die Götter an.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0382]
es nicht mit Gewalt zu nehmen, wie von Schlechten oder von Fremden, denn
wir find ja alle Bürger dieser Stadt, wie ich von meinem Vater gehört habe.
Der ist einmal hierher gekommen, als grade eine Geldspende vertheilt wurde
und hat mit den Bürgern davon seinen Theil bekommen. Wir erziehen ja auch
unsere Kinder zu Mitbürgern für euch, und wenn es noth thut, wollen wir
euch zu Hilfe kommen gegen Seeräuber und Feinde. Jetzt ist freilich Friede,
aber wenn mal Kriegszeiten kommen, dann werdet ihr wünschen, daß viele
Krieger euch zuziehen wie wir. Denkt nur nicht, daß dann der Redner da für
euch kämpfen wird anders als mit Schimpfreden, wie die Weiber. Von dem
Fleisch und den Fellen des Wildes, das wir erlegen, wollen wir euch einen
Theil geben, schickt nur jemand, der es abholt. Verlangt ihr, daß wir die
Hütten niederreißen, wenn sie Schaden thun, wollen wir sie abbrechen; nur
gebt uns dann eine Wohnung hier in der Stadt, denn wie sollten wir sonst
den Winter überdauern? Ihr habt so viele Häuser innerhalb der Stadtmauer
in denen niemand wohnt, eins davon wird für uns ausreichen. Wenn wir
aber nicht hier leben und euch den engen Raum, wo so Viele zusammen¬
wohnen, nicht noch mehr verengen, so sind wir darum doch nicht werth, ver¬
trieben zu werden. Was der sich aber unterstand von dem Strandgut zu
sagen, so etwas Ruchloses und Schändliches — beinahe hätte ich vergessen, von
dem zu sprechen, was ich zuerst hätte sagen sollen — das glaubt doch niemand
von euch? Es wäre ja gottlos und zudem ist es ja gar nicht möglich, von
dort auch nur das Geringste zu nehmen. Von dem Holz sieht man ja nichts
mehr als die Asche, so winzig klein wird es angespült und die Küste ist ja
ganz unzugänglich. Die Körbe, das Einzige, was ich einmal angetrieben gefunden
habe, auch die habe ich an die heilige Eiche angeheftet, die dort am Strande
steht.*) Da sei Zeus für, daß wir je fo einen Vortheil aus dem Unglück
anderer Menschen zögen! Im Gegentheil habe ich mich oft der Schiffbrüchigen,
die dort hinkamen, erbarmt, sie in meiner Hütte aufgenommen, ihnen zu essen
und zu trinken gegeben, ihnen fortgeholfen und sie in bewohnte Gegenden ge¬
bracht. Aber wer wird mir das jetzt unter euch bezeugen? Auch habe ich das
nicht um Zeugniß oder Dank gethan, da ich ja nicht einmal wußte, wer sie
waren. Möchte nur niemand von euch je in solche Noth gerathen.
Als ich das gesagt hatte, stand einer mitten aus dem Volk auf und ich
dachte schon! da kommt wieder einer, der Lügen gegen dich vorbringen wird,
aber der sagte: Mitbürger, schon lange glaubte ich den Mann da zu erkennen,
aber ich traute mir selbst nicht. Nun, da ich ihn ganz bestimmt erkenne, wäre
es schlecht, oder vielmehr ruchlos, wenn ich hier nicht aussagte, was ich weiß
*) An gewisse Bäume, wie an die Wände der Heiligthümer heftete man Gegenstände
aller Art als Weihgeschenke für die Götter an.
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