Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.der römischen Bühne, etwa übergegangen sein möge. Einen Wiederschein der- Noch unmittelbarer, wenngleich nicht infolge bestimmter Nachbildung, Eine Erzählung bei einem antiken Schriftsteller. welche uns in ausführlicher Der Verfasser derselben ist Dio. seiner Beredsamkeit wegen Chrysostomus 4K
der römischen Bühne, etwa übergegangen sein möge. Einen Wiederschein der- Noch unmittelbarer, wenngleich nicht infolge bestimmter Nachbildung, Eine Erzählung bei einem antiken Schriftsteller. welche uns in ausführlicher Der Verfasser derselben ist Dio. seiner Beredsamkeit wegen Chrysostomus 4K
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191603"/> <p xml:id="ID_1090" prev="#ID_1089"> der römischen Bühne, etwa übergegangen sein möge. Einen Wiederschein der-<lb/> selben haben wir in einigen Idyllen Theokrits, welche zum Theil bestimm¬<lb/> ten Mimen Sophrons nachgebildet, zum Theil unter ihrem Einfluß gedichtet<lb/> sind. Die alexandnnische Poesie mit ihrer Vorliebe für epische und elegische<lb/> Gedichte mäßigen Umfangs, welche für den Mangel an dichterischer Conception<lb/> durch saubere Ausführung des Details zu entschädigen strebte, war dadurch<lb/> vielfältig auf genreartigcs Ausmalen hingeführt. Allein die überwiegende Rich¬<lb/> tung auf Gelehrsamkeit, welche auch den Schmuck poetischer Darstellung fast<lb/> ausschließlich in einer aus entlegenen Winkeln geholten Mythologie und Phra¬<lb/> seologie suchte, lenkte den Blick meistens von der naiven, unmittelbaren Natur¬<lb/> beobachtung ab, welche das Verdienst aller gcnreartigen Darstellung begründet.<lb/> Theokrit zeigt sich nun zwar schon darin als Alexandriner, daß er die poetische<lb/> Form wählt, welche allein schon die naturwüchsigen Mimen zähmte und zu<lb/> eleganter Bildung schulte, aber er weiß nicht allein mit feinem Takt und Ge¬<lb/> schmack den richtigen Ton zu treffen, die Kunst, mit welcher er bei der Ver¬<lb/> pflanzung den klebenden Hauch der Natur hinüberleitet, beweist auch seine<lb/> dichterische Empfänglichkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1091"> Noch unmittelbarer, wenngleich nicht infolge bestimmter Nachbildung,<lb/> erhalten wir den Eindruck sophronischer Darstellung vielleicht in manchen Par¬<lb/> tien des geistreichen Romans des Petronius. Wiewohl scharfe Charakteristik<lb/> in drastischer Ausführung uns überall entgegentritt, so giebt doch der unter dem<lb/> Titel: „Das Gastmahl des Trimalckio" bekannte Abschnitt uns ein so leben-<lb/> diges. in allen Einzelnhkitcn mit solcher Liebe und so feiner Kunst ausgeführtes<lb/> ^lib von der Unterhaltung des theils halbgebildeter, theils ungebildeten Publikums<lb/> Mrer Provinzialstadt, daß man ihm nichts Aehnliches in der antiken Literatur<lb/> zur Seite stellen kann. Mit gleicher Dctailcharakteristik sind auch die anderen,<lb/> ^ehr novellcnartigen Erzählungen dieses Romans nicht ausgeführt, so lebendig<lb/> Und drastisch sie auch sind. Noch weniger gilt dies von den Novellen des Apu-<lb/> ^jus, die theils materiell durch den Inhalt, theils durch eine beabsichtigte<lb/> '^unse der Stilistik, aber nicht durch einfache Naturwahrheit wirken sollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1092"> Eine Erzählung bei einem antiken Schriftsteller. welche uns in ausführlicher<lb/> Darstellung ein Bild von den einfachen Verhältnissen des Landlebens entwirft,<lb/> soviel Handlung hineinbringt, daß die auftretenden Personen in Bewegung gesetzt<lb/> werden, ohne doch das gemüthliche Interesse des Lesers soweit in Anspruch zu<lb/> nahmen, daß es von der eigentlichen Schilderung abgezogen würde, ist daher<lb/> eine ungewöhnliche Erscheinung, die auch in einer Uebersetzung wohl Theilnahme<lb/> finden und zu Vergleichungen auffordern kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1093" next="#ID_1094"> Der Verfasser derselben ist Dio. seiner Beredsamkeit wegen Chrysostomus<lb/> Woldmund) genannt. Er war gebürtig aus Prusa am Olympus in Bithynien,<lb/> v°n angesehener Familie, sorgfältig erzogen. Anfeindungen Vertrieben ihn aus<lb/> *</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 4K</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0373]
der römischen Bühne, etwa übergegangen sein möge. Einen Wiederschein der-
selben haben wir in einigen Idyllen Theokrits, welche zum Theil bestimm¬
ten Mimen Sophrons nachgebildet, zum Theil unter ihrem Einfluß gedichtet
sind. Die alexandnnische Poesie mit ihrer Vorliebe für epische und elegische
Gedichte mäßigen Umfangs, welche für den Mangel an dichterischer Conception
durch saubere Ausführung des Details zu entschädigen strebte, war dadurch
vielfältig auf genreartigcs Ausmalen hingeführt. Allein die überwiegende Rich¬
tung auf Gelehrsamkeit, welche auch den Schmuck poetischer Darstellung fast
ausschließlich in einer aus entlegenen Winkeln geholten Mythologie und Phra¬
seologie suchte, lenkte den Blick meistens von der naiven, unmittelbaren Natur¬
beobachtung ab, welche das Verdienst aller gcnreartigen Darstellung begründet.
Theokrit zeigt sich nun zwar schon darin als Alexandriner, daß er die poetische
Form wählt, welche allein schon die naturwüchsigen Mimen zähmte und zu
eleganter Bildung schulte, aber er weiß nicht allein mit feinem Takt und Ge¬
schmack den richtigen Ton zu treffen, die Kunst, mit welcher er bei der Ver¬
pflanzung den klebenden Hauch der Natur hinüberleitet, beweist auch seine
dichterische Empfänglichkeit.
Noch unmittelbarer, wenngleich nicht infolge bestimmter Nachbildung,
erhalten wir den Eindruck sophronischer Darstellung vielleicht in manchen Par¬
tien des geistreichen Romans des Petronius. Wiewohl scharfe Charakteristik
in drastischer Ausführung uns überall entgegentritt, so giebt doch der unter dem
Titel: „Das Gastmahl des Trimalckio" bekannte Abschnitt uns ein so leben-
diges. in allen Einzelnhkitcn mit solcher Liebe und so feiner Kunst ausgeführtes
^lib von der Unterhaltung des theils halbgebildeter, theils ungebildeten Publikums
Mrer Provinzialstadt, daß man ihm nichts Aehnliches in der antiken Literatur
zur Seite stellen kann. Mit gleicher Dctailcharakteristik sind auch die anderen,
^ehr novellcnartigen Erzählungen dieses Romans nicht ausgeführt, so lebendig
Und drastisch sie auch sind. Noch weniger gilt dies von den Novellen des Apu-
^jus, die theils materiell durch den Inhalt, theils durch eine beabsichtigte
'^unse der Stilistik, aber nicht durch einfache Naturwahrheit wirken sollen.
Eine Erzählung bei einem antiken Schriftsteller. welche uns in ausführlicher
Darstellung ein Bild von den einfachen Verhältnissen des Landlebens entwirft,
soviel Handlung hineinbringt, daß die auftretenden Personen in Bewegung gesetzt
werden, ohne doch das gemüthliche Interesse des Lesers soweit in Anspruch zu
nahmen, daß es von der eigentlichen Schilderung abgezogen würde, ist daher
eine ungewöhnliche Erscheinung, die auch in einer Uebersetzung wohl Theilnahme
finden und zu Vergleichungen auffordern kann.
Der Verfasser derselben ist Dio. seiner Beredsamkeit wegen Chrysostomus
Woldmund) genannt. Er war gebürtig aus Prusa am Olympus in Bithynien,
v°n angesehener Familie, sorgfältig erzogen. Anfeindungen Vertrieben ihn aus
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