Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Oberhirten und in der Absicht bestärkte, alle Verbindungen mit diesem um den Die Periode, in welche diese letzten Ereignisse satten, war die der Allmacht -) Russische Schriften religiösen Inhalts dürfen in Rußland nur mit Genehmigung des Synods, der höchsten orthodoxen Kirchenbehörde, gedruckt werden. Bei der Abneigung der Sectircr gegen den Klerus der herrschenden Kirche war diesen aber der Gedanke eines beim spröd einzuholenden Imprimatur ein kejzerischer Gräuel. Grenzboten III. 1"67. 44
Oberhirten und in der Absicht bestärkte, alle Verbindungen mit diesem um den Die Periode, in welche diese letzten Ereignisse satten, war die der Allmacht -) Russische Schriften religiösen Inhalts dürfen in Rußland nur mit Genehmigung des Synods, der höchsten orthodoxen Kirchenbehörde, gedruckt werden. Bei der Abneigung der Sectircr gegen den Klerus der herrschenden Kirche war diesen aber der Gedanke eines beim spröd einzuholenden Imprimatur ein kejzerischer Gräuel. Grenzboten III. 1«67. 44
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0355" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191585"/> <p xml:id="ID_1036" prev="#ID_1035"> Oberhirten und in der Absicht bestärkte, alle Verbindungen mit diesem um den<lb/> Preis einer Aussöhnung mit der Negierung abzubrechen. Pafnuty, ein gebo¬<lb/> rener Russe, der in Bjelokrinitz hoch angesehen war und zu den Häuptern der<lb/> Secte gehörte, reiste nach Moskau, um diese inneren Händel beizulegen. Da er<lb/> es nach den letzten Vorgängen in der Bukowina für unmöglich hielt, die dor¬<lb/> tige Stellung zu behaupten und von Bjelokrinitz aus dauernd die Centralleitung<lb/> einer Gemeinschaft zu führen, deren Schwerpunkt doch in Nußland war, schien<lb/> er nicht abgeneigt, mit dem Gouvernement des jungen Kaisers, dessen Liberalis¬<lb/> mus allenthalben gepriesen wurde, in Verhandlung zu treten. Die moskauer<lb/> Gemeinde hatte die Summe von 280,000 Rubel Silber (einer Million Fran¬<lb/> ken) zusammengebracht und hoffte mit Hilfe dieser die Unterstützung der ma߬<lb/> gebenden Personen erkaufen und die förmliche Anerkennung der altgläubigen<lb/> Hierarchie durchsetzen zu können; aber die Deputation, welche unter Pafnutvs<lb/> Führung in die Residenz gesandt wurde, kehrte unverrichteter Sache zurück —<lb/> es schien sich nirgend ein rettender Ausweg zu bieten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1037" next="#ID_1038"> Die Periode, in welche diese letzten Ereignisse satten, war die der Allmacht<lb/> des herzenschen Einflusses in Rußland; sein Name war in aller Leute Mund,<lb/> selbst der gemeine Mann, der sich sonst wenig um Presse und Literatur kümmerte,<lb/> hatte etwas von dem mächtigen Manne in London gehört, dessen streng ver¬<lb/> botenes Journal vom Kaiser und den höchsten Würdenträgern gelesen wurde,<lb/> dem nichts verborgen blieb, der nichts fürchtete, der schon manchen Mächtigen<lb/> gestürzt hatte und nur einem Gedanken, dem der Freiheit des russischen Volks<lb/> lebte. Herzens in der That sehr bedeutender Einfluß wurde von der Volks¬<lb/> meinung in das Fabelhafte übertrieben und die große Masse glaubte allen Ernstes,<lb/> wer unter den Schutz dieses Mannes gestellt sei, der sei geborgen und gegen<lb/> alle Willkür gesichert; war es doch vorgekommen, daß ganze Provinzen in<lb/> geheimen Adressen um seinen Schutz oder seine' Unterstützung ihrer, der Regierung<lb/> unterbreiteten Gesuche gebeten hatten! In ihrer Noth und Bedrängniß beschlossen<lb/> die Altgläubigen bei diesem Beschützer aller Bedrängten und Verfolgten ihre<lb/> Zuflucht zu suchen. Da sie wußten, daß Herzen der Besitzer einer (von Polni¬<lb/> schen Setzern bedienten) „freien" russischen Druckerei sei, und sie selbst an<lb/> Büchern religiösen Inhalts empfindlichen Mangel litten,*) beabsichtigten sie zu¬<lb/> nächst, den londoner Agitator darum anzugehen, den Druck ihrer Katechismen<lb/> und Andachtsbücher zu übernehmen. Dieser Gedanke erweiterte sich allmälig<lb/> zu dem Plan, den in Oestreich gefährdeten altgläubigen Metropolitansitz nach<lb/> London, auf den Boden des freien England zu verlegen, hier Kirchen und</p><lb/> <note xml:id="FID_33" place="foot"> -) Russische Schriften religiösen Inhalts dürfen in Rußland nur mit Genehmigung des<lb/> Synods, der höchsten orthodoxen Kirchenbehörde, gedruckt werden. Bei der Abneigung der<lb/> Sectircr gegen den Klerus der herrschenden Kirche war diesen aber der Gedanke eines beim<lb/> spröd einzuholenden Imprimatur ein kejzerischer Gräuel.</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1«67. 44</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0355]
Oberhirten und in der Absicht bestärkte, alle Verbindungen mit diesem um den
Preis einer Aussöhnung mit der Negierung abzubrechen. Pafnuty, ein gebo¬
rener Russe, der in Bjelokrinitz hoch angesehen war und zu den Häuptern der
Secte gehörte, reiste nach Moskau, um diese inneren Händel beizulegen. Da er
es nach den letzten Vorgängen in der Bukowina für unmöglich hielt, die dor¬
tige Stellung zu behaupten und von Bjelokrinitz aus dauernd die Centralleitung
einer Gemeinschaft zu führen, deren Schwerpunkt doch in Nußland war, schien
er nicht abgeneigt, mit dem Gouvernement des jungen Kaisers, dessen Liberalis¬
mus allenthalben gepriesen wurde, in Verhandlung zu treten. Die moskauer
Gemeinde hatte die Summe von 280,000 Rubel Silber (einer Million Fran¬
ken) zusammengebracht und hoffte mit Hilfe dieser die Unterstützung der ma߬
gebenden Personen erkaufen und die förmliche Anerkennung der altgläubigen
Hierarchie durchsetzen zu können; aber die Deputation, welche unter Pafnutvs
Führung in die Residenz gesandt wurde, kehrte unverrichteter Sache zurück —
es schien sich nirgend ein rettender Ausweg zu bieten.
Die Periode, in welche diese letzten Ereignisse satten, war die der Allmacht
des herzenschen Einflusses in Rußland; sein Name war in aller Leute Mund,
selbst der gemeine Mann, der sich sonst wenig um Presse und Literatur kümmerte,
hatte etwas von dem mächtigen Manne in London gehört, dessen streng ver¬
botenes Journal vom Kaiser und den höchsten Würdenträgern gelesen wurde,
dem nichts verborgen blieb, der nichts fürchtete, der schon manchen Mächtigen
gestürzt hatte und nur einem Gedanken, dem der Freiheit des russischen Volks
lebte. Herzens in der That sehr bedeutender Einfluß wurde von der Volks¬
meinung in das Fabelhafte übertrieben und die große Masse glaubte allen Ernstes,
wer unter den Schutz dieses Mannes gestellt sei, der sei geborgen und gegen
alle Willkür gesichert; war es doch vorgekommen, daß ganze Provinzen in
geheimen Adressen um seinen Schutz oder seine' Unterstützung ihrer, der Regierung
unterbreiteten Gesuche gebeten hatten! In ihrer Noth und Bedrängniß beschlossen
die Altgläubigen bei diesem Beschützer aller Bedrängten und Verfolgten ihre
Zuflucht zu suchen. Da sie wußten, daß Herzen der Besitzer einer (von Polni¬
schen Setzern bedienten) „freien" russischen Druckerei sei, und sie selbst an
Büchern religiösen Inhalts empfindlichen Mangel litten,*) beabsichtigten sie zu¬
nächst, den londoner Agitator darum anzugehen, den Druck ihrer Katechismen
und Andachtsbücher zu übernehmen. Dieser Gedanke erweiterte sich allmälig
zu dem Plan, den in Oestreich gefährdeten altgläubigen Metropolitansitz nach
London, auf den Boden des freien England zu verlegen, hier Kirchen und
-) Russische Schriften religiösen Inhalts dürfen in Rußland nur mit Genehmigung des
Synods, der höchsten orthodoxen Kirchenbehörde, gedruckt werden. Bei der Abneigung der
Sectircr gegen den Klerus der herrschenden Kirche war diesen aber der Gedanke eines beim
spröd einzuholenden Imprimatur ein kejzerischer Gräuel.
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