Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.gegangene Ministerium und insbesrirdere mich geleitet hat; denn wenn die Kammer Von diesen Grundsätzen aus vertheidigte Nicasoli sein Verhalten gegenüber gegangene Ministerium und insbesrirdere mich geleitet hat; denn wenn die Kammer Von diesen Grundsätzen aus vertheidigte Nicasoli sein Verhalten gegenüber <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191504"/> <p xml:id="ID_807" prev="#ID_806"> gegangene Ministerium und insbesrirdere mich geleitet hat; denn wenn die Kammer<lb/> je einen Tadel aussprechen wollte, so bitte ich ihn nicht auf meine Kollegen zu<lb/> richten, obwohl es nicht Männer sind, welche sich der Verantwortlichkeit für ihre<lb/> Handlungen entziehen, vielmehr ihn einzig auf mich zu beschränken, der ich mich<lb/> als Urheber und Leiter einzig verantwortlich fühle. Mure Absicht war. die<lb/> Lösung der römischen Frage durch eine klare Scheidung der politischen Frage<lb/> von der religiösen zu erleichtern und alle Mittel anzuwenden, daß sie in keiner<lb/> Weise und unter keinem Vorwande ihren Charakter als innere Frage verlöre<lb/> und man ihr den Charakter einer internationalen Frage aufdrängen könne.<lb/> Die römische Frage hat in meinen Augen eine zwiefache Seite. Ich sehe in<lb/> ihr Rechte der Bevölkerungen und der Nation auf dem Spiel, und ich sehe in<lb/> ihr wieder andere Interessen in Frage, die aus dem Umkreis unsrer Nation<lb/> herausschreiten, die katholischen Interessen. Wir haben mit allen Kräften so zu<lb/> handeln versucht, daß die Würde und Rechte der Bevölkerungen wie der Nation<lb/> in keiner Weise beeinträchtigt werden konnten. Wir haben geglaubt, daß wenn<lb/> wir uns der Kirche gegenüber aufmerksam, gerecht, tolerant für die allgemeinen<lb/> d. h. katholischen Interessen zeigten, wir damit jedes Motiv aus dem Wege<lb/> räumen würden, um von der italienischen Regierung etwas zu verlangen, was<lb/> nicht in Uebereinstimmung mit den nationalen Interessen stände; wir glaubten<lb/> mit einem Wort dadurch zu vermeiden, daß die italienische Regierung eines<lb/> Tags zu Verhandlungen über die römische Frage am grünen Tisch aufgefordert<lb/> werden könnte. Die Negierung blickte auf die Natron, deren Interessen und<lb/> Geschicke in ihrer Hand lagen, und da sie dieselbe als eine wesentlich katholische<lb/> anerkennen mußte, glaubte sie deren religiöse Gefühle achten zu müssen, um das<lb/> Recht zu besitzen, nicht allein den neun und zwanzig Millionen italienischer Katho<lb/> litem, sondern der ganzen katholischen Welt zu sagen, daß die religiösen Interessen<lb/> durch ihr Vorgehen in keiner Weise geschädigt würden, daß dieselben aber auch<lb/> in keiner Weise ein Vorwand sein könnten, der Würde und den Rechte» der<lb/> Nation zu nahe zu treten. Sie können mich verdammen, meine Herren, aber<lb/> haben Sie Acht, ob nicht die Zukunft mir Recht geben wird. Ueber uns ist<lb/> noch ein höheres Tribunal, das der öffentlichen Meinung, und wenn auch dieses<lb/> versagen sollte, das Bewußtsein der erfüllten Pflicht."</p><lb/> <p xml:id="ID_808" next="#ID_809"> Von diesen Grundsätzen aus vertheidigte Nicasoli sein Verhalten gegenüber<lb/> den Kirchenfürsten, denen er die Rückkehr erlaubte, die neuen Brschofsernennung.n,<lb/> endlich den Vorschlag, die Krvnrechte (mit Ausnahme des Präsentationsrechts)<lb/> als heute werthlos geworden aufzugeben. „Es war dies," fuhr er fort, „eine<lb/> Politik der Versöhnlichkeit, beruhend auf dem Grundsatz der Freiheit, der Ge¬<lb/> rechtigkeit, d. h. des gemeinen Rechts. Wir haben es für angezeigt gehalten,<lb/> uns entgegenkommend, aber gerecht zu zeigen, ohne eines der Prärogative der<lb/> Staatsgewalt preiszugeben, und auf diesem Wege waren wir überzeugt, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0274]
gegangene Ministerium und insbesrirdere mich geleitet hat; denn wenn die Kammer
je einen Tadel aussprechen wollte, so bitte ich ihn nicht auf meine Kollegen zu
richten, obwohl es nicht Männer sind, welche sich der Verantwortlichkeit für ihre
Handlungen entziehen, vielmehr ihn einzig auf mich zu beschränken, der ich mich
als Urheber und Leiter einzig verantwortlich fühle. Mure Absicht war. die
Lösung der römischen Frage durch eine klare Scheidung der politischen Frage
von der religiösen zu erleichtern und alle Mittel anzuwenden, daß sie in keiner
Weise und unter keinem Vorwande ihren Charakter als innere Frage verlöre
und man ihr den Charakter einer internationalen Frage aufdrängen könne.
Die römische Frage hat in meinen Augen eine zwiefache Seite. Ich sehe in
ihr Rechte der Bevölkerungen und der Nation auf dem Spiel, und ich sehe in
ihr wieder andere Interessen in Frage, die aus dem Umkreis unsrer Nation
herausschreiten, die katholischen Interessen. Wir haben mit allen Kräften so zu
handeln versucht, daß die Würde und Rechte der Bevölkerungen wie der Nation
in keiner Weise beeinträchtigt werden konnten. Wir haben geglaubt, daß wenn
wir uns der Kirche gegenüber aufmerksam, gerecht, tolerant für die allgemeinen
d. h. katholischen Interessen zeigten, wir damit jedes Motiv aus dem Wege
räumen würden, um von der italienischen Regierung etwas zu verlangen, was
nicht in Uebereinstimmung mit den nationalen Interessen stände; wir glaubten
mit einem Wort dadurch zu vermeiden, daß die italienische Regierung eines
Tags zu Verhandlungen über die römische Frage am grünen Tisch aufgefordert
werden könnte. Die Negierung blickte auf die Natron, deren Interessen und
Geschicke in ihrer Hand lagen, und da sie dieselbe als eine wesentlich katholische
anerkennen mußte, glaubte sie deren religiöse Gefühle achten zu müssen, um das
Recht zu besitzen, nicht allein den neun und zwanzig Millionen italienischer Katho
litem, sondern der ganzen katholischen Welt zu sagen, daß die religiösen Interessen
durch ihr Vorgehen in keiner Weise geschädigt würden, daß dieselben aber auch
in keiner Weise ein Vorwand sein könnten, der Würde und den Rechte» der
Nation zu nahe zu treten. Sie können mich verdammen, meine Herren, aber
haben Sie Acht, ob nicht die Zukunft mir Recht geben wird. Ueber uns ist
noch ein höheres Tribunal, das der öffentlichen Meinung, und wenn auch dieses
versagen sollte, das Bewußtsein der erfüllten Pflicht."
Von diesen Grundsätzen aus vertheidigte Nicasoli sein Verhalten gegenüber
den Kirchenfürsten, denen er die Rückkehr erlaubte, die neuen Brschofsernennung.n,
endlich den Vorschlag, die Krvnrechte (mit Ausnahme des Präsentationsrechts)
als heute werthlos geworden aufzugeben. „Es war dies," fuhr er fort, „eine
Politik der Versöhnlichkeit, beruhend auf dem Grundsatz der Freiheit, der Ge¬
rechtigkeit, d. h. des gemeinen Rechts. Wir haben es für angezeigt gehalten,
uns entgegenkommend, aber gerecht zu zeigen, ohne eines der Prärogative der
Staatsgewalt preiszugeben, und auf diesem Wege waren wir überzeugt, die
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