Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Sinn, wenn man wirklich damit das Ziel : Koma vapitalv erreicht hätte. Und Diesen Anschauungen gegenüber hatte die Rechte den Grundsatz der Frei¬ "Was die Motive betrifft," sagte er, "die meine Politik geleitet haben, so Sinn, wenn man wirklich damit das Ziel : Koma vapitalv erreicht hätte. Und Diesen Anschauungen gegenüber hatte die Rechte den Grundsatz der Frei¬ „Was die Motive betrifft," sagte er, „die meine Politik geleitet haben, so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0273" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191503"/> <p xml:id="ID_804" prev="#ID_803"> Sinn, wenn man wirklich damit das Ziel : Koma vapitalv erreicht hätte. Und<lb/> nicht blos die Linke war einig in ihren Anklagen gegen die bisherige Kirchen-<lb/> Politik. Es zeigte sich, daß angesichts des unbeugsamen Widerstandes der Kurie<lb/> auch ein Theil der Gemäßigten zu den antipapalen Doctrinen zurückkehrte, welche<lb/> einst, zumal in den Rechtsschulen von Florenz und Neapel, gepflegt worden waren.<lb/> Noch heute kennt die Jurisprudenz von Neapel keine ehrwürdigere Tradition,<lb/> als den mannhaften Kampf, den sie einst, freilich unter andern Verhältnissen,<lb/> in Vertheidigung der Kronrechte gegen die Anmaßungen Roms geführt, und nun<lb/> sollten eben diese Kronrechte, an deren Behauptung so viel Scharfsinn und Aus¬<lb/> dauer gesetzt worden war, preisgegeben werden ohne Gcgenconcessionen von<lb/> Seiten Roms? Und den Piemontesen lag noch näher eine andere Erinnerung.<lb/> Sie gedachten der Zeit, da nach Novara dem erschöpften und gedemüthigten<lb/> Königreiche zuerst am Kampf mit Rom wieder die Flügel wuchsen, da nach dem<lb/> Mißlingen jeder Verständigung mit der Kurie der Staat auf seinem eignen Ge¬<lb/> biete zu reformiren begattn, unbekümmert um den Einspruch und die Ezcommu-<lb/> nicationeu Roms. Auch sie konnten sich auf Cavour berufen. Vom Staats¬<lb/> mann des Königreichs Italien appcllirten sie an den Staatsmann des König¬<lb/> reichs Sardinien. Die Rückkehr zu der ruhmreichen Periode der siccardischen<lb/> Gesetze schien jetzt, in ähnlicher Lage, der einzig mögliche Weg.</p><lb/> <p xml:id="ID_805"> Diesen Anschauungen gegenüber hatte die Rechte den Grundsatz der Frei¬<lb/> heit zu vertheidigen, die der Kirche so wenig zu verweigern sei, als der Staat<lb/> sie auf seinem Gebiete sich beschränken lassen dürfe, den Grundsatz der Trennung<lb/> beider Gebiete, ohne welche man in der römischen Frage nicht vom Fleck kommen<lb/> könne. Unter den Rednern dieser Seite des Hauses ragten hervor A. Conti,<lb/> der eklektische Philosoph von Visa, und Giuseppe Massari, der Freund Giobertis<lb/> und Herausgeber von dessen literarischen Nachlaß. Die Vertheidigung des vori¬<lb/> gen Ministeriums insbesondere führten Berti, Borgatti und vor allen Cordova,<lb/> der schlagfertig wie kein andrer jeden Augenblick in die Debatte einzugreifen be¬<lb/> reit war und sich von neuem als das erste Red»ella!eilt der Kammer erwies.<lb/> Ricasoli selbst ergriff das Wort zu seiner Vertheidigung, kurz und einfach wie<lb/> immer, doch ohne den stolzen Accent, der so oft die Gegner verletzte und heraus¬<lb/> forderte. Da unsre Zeitungen im Ganzen wenig Notiz von der Debatte ge¬<lb/> nommen haben, mag es erlaubt sein, aus seiner Rede einige Stellen mitzu¬<lb/> theilen.</p><lb/> <p xml:id="ID_806" next="#ID_807"> „Was die Motive betrifft," sagte er, „die meine Politik geleitet haben, so<lb/> will ich sie offen darlegen. Erlauben Sie, daß ich mich dabei nicht in die alte<lb/> Geschichte und nicht in die des Mittelalters Verliere, noch in die Räume einer<lb/> ausgebreiteten Gelehrsamkeit, die ich nicht so glücklich bin zu besitzen. Es sei<lb/> mir gestattet meine Gedanken in einer Formel auszudrücken, welche gleichsam<lb/> die Synthese der Politik ist, die in der gegenwärtigen Frage das voraus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0273]
Sinn, wenn man wirklich damit das Ziel : Koma vapitalv erreicht hätte. Und
nicht blos die Linke war einig in ihren Anklagen gegen die bisherige Kirchen-
Politik. Es zeigte sich, daß angesichts des unbeugsamen Widerstandes der Kurie
auch ein Theil der Gemäßigten zu den antipapalen Doctrinen zurückkehrte, welche
einst, zumal in den Rechtsschulen von Florenz und Neapel, gepflegt worden waren.
Noch heute kennt die Jurisprudenz von Neapel keine ehrwürdigere Tradition,
als den mannhaften Kampf, den sie einst, freilich unter andern Verhältnissen,
in Vertheidigung der Kronrechte gegen die Anmaßungen Roms geführt, und nun
sollten eben diese Kronrechte, an deren Behauptung so viel Scharfsinn und Aus¬
dauer gesetzt worden war, preisgegeben werden ohne Gcgenconcessionen von
Seiten Roms? Und den Piemontesen lag noch näher eine andere Erinnerung.
Sie gedachten der Zeit, da nach Novara dem erschöpften und gedemüthigten
Königreiche zuerst am Kampf mit Rom wieder die Flügel wuchsen, da nach dem
Mißlingen jeder Verständigung mit der Kurie der Staat auf seinem eignen Ge¬
biete zu reformiren begattn, unbekümmert um den Einspruch und die Ezcommu-
nicationeu Roms. Auch sie konnten sich auf Cavour berufen. Vom Staats¬
mann des Königreichs Italien appcllirten sie an den Staatsmann des König¬
reichs Sardinien. Die Rückkehr zu der ruhmreichen Periode der siccardischen
Gesetze schien jetzt, in ähnlicher Lage, der einzig mögliche Weg.
Diesen Anschauungen gegenüber hatte die Rechte den Grundsatz der Frei¬
heit zu vertheidigen, die der Kirche so wenig zu verweigern sei, als der Staat
sie auf seinem Gebiete sich beschränken lassen dürfe, den Grundsatz der Trennung
beider Gebiete, ohne welche man in der römischen Frage nicht vom Fleck kommen
könne. Unter den Rednern dieser Seite des Hauses ragten hervor A. Conti,
der eklektische Philosoph von Visa, und Giuseppe Massari, der Freund Giobertis
und Herausgeber von dessen literarischen Nachlaß. Die Vertheidigung des vori¬
gen Ministeriums insbesondere führten Berti, Borgatti und vor allen Cordova,
der schlagfertig wie kein andrer jeden Augenblick in die Debatte einzugreifen be¬
reit war und sich von neuem als das erste Red»ella!eilt der Kammer erwies.
Ricasoli selbst ergriff das Wort zu seiner Vertheidigung, kurz und einfach wie
immer, doch ohne den stolzen Accent, der so oft die Gegner verletzte und heraus¬
forderte. Da unsre Zeitungen im Ganzen wenig Notiz von der Debatte ge¬
nommen haben, mag es erlaubt sein, aus seiner Rede einige Stellen mitzu¬
theilen.
„Was die Motive betrifft," sagte er, „die meine Politik geleitet haben, so
will ich sie offen darlegen. Erlauben Sie, daß ich mich dabei nicht in die alte
Geschichte und nicht in die des Mittelalters Verliere, noch in die Räume einer
ausgebreiteten Gelehrsamkeit, die ich nicht so glücklich bin zu besitzen. Es sei
mir gestattet meine Gedanken in einer Formel auszudrücken, welche gleichsam
die Synthese der Politik ist, die in der gegenwärtigen Frage das voraus-
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